Strategiespiel: "Frostpunk 2" steht im Schatten des Vorgängers

Das dystopische Aufbaustrategiespiel "Frostpunk 2" von den 11 Bit Studios kämpft mit den hohen Erwartungen, die der großartige Vorgänger etabliert hat.​

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Screenshot aus "Frostpunk 2"

(Bild: 11 bit Studios)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Müller

"Frostpunk" zählte 2018 zu den großen Spieleüberraschungen. Es war ein Aufbaustrategiespiel wie kein zweites: erbarmungslos, düster, gesellschaftskritisch. 11 Bits dystopisches Abenteuer stellte die Genrekonventionen auf den Kopf und wurde zum Spieler- und Kritikerliebling. Die unausweichliche Fortsetzung agiert ganz nach den Gesetzen des Markts und macht das Spiel größer und zugänglicher.

Das Spiel beginnt ca. 30 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils. Die Erde wird immer noch von einer dicken Eisschicht bedeckt und ein paar Überlebende machen sich auf die Suche nach einer neuen Heimat. Das bedrohliche Klima, Überbevölkerung und Hunger machen den Menschen zu schaffen, bis die Spieler in der Rolle des "Stewards" die Rollen neu verteilt und den Reaktor anwirft.

Anders als im Vorgänger bauen die Spieler statt einzelnen Häusern Distrikte zum Abbau der Rohstoffe, die nur auf bestimmten Feldern errichtet werden. In der Stadtversammlung werden die Richtlinien und Regeln für die Zukunft erlassen: Kinderarbeit? Schicken wir die Alten und Kranken einfach in die Eiswüste, um Nahrung zu sparen? Kaum eine Entscheidung ist eindeutig, alles hat teilweise tragische Konsequenzen. Neben diesem Storymodus bietet das Spiel auch einen Sandbox-Modus. Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade erleichtern den Einstieg.

"Frostpunk 2" angespielt (5 Bilder)

Finster und deprimierend: "Frostpunk 2" macht da weiter, wo der Vorgänger aufhörte​ (Bild: heise online)

Visuell hat sich kaum etwas geändert. Noch immer zieht ein eisiger Wind durch die triste Eislandschaft. Behäbig rollen die Bagger durch das Land, während im Hintergrund die Stimmen der darbenden Bewohner zu hören sind. Wie schon der Vorgänger bietet sich den Spielern ein hoffnungsloses Zukunftsszenario, bei dem die Grautöne nur gelegentlich vom wärmenden Leuchten des Reaktors unterbrochen werden.

Auch spielerisch hat sich grundsätzlich wenig getan. Abgesehen vom Städtebau, der jetzt nicht mehr geordnet in Blöcken stattfindet, geht jede politische Entscheidung ständig um das gleiche Dilemma: Was bin ich bereit, für die Zukunft zu opfern? Von Beginn an treffen die Spieler weitreichende und teilweise tödliche Entscheidungen. Wo ein "Anno" fröhlich die Arbeiter ausbeutet, werden die Spieler in "Frostpunk 2" unbarmherzig mit den Konsequenzen ihres Tuns konfrontiert. Das ist alles ein wenig ausgereifter als im Vorgänger, bietet aber kaum Abwechslung.

Warum also das Ganze? "Frostpunk 2" erzählt nichts Neues und lässt dem bahnbrechenden Vorgänger keine ebenbürtige Fortsetzung folgen. Ja, es ist deprimierend, kritisch und anders als andere Aufbaustrategiespiele. Aber es ist halt auch eine marktkonforme Fortsetzung, die auf Basis eines großen Erfolgs mit dem gleichen Konzept Geld machen will.

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Keine Frage, "Frostpunk 2" kämpft mit dem übermächtigen Schatten des Vorgängers. 11 Bit hatte damals wie schon mit "This War of Mine" das Genre revolutioniert. Es war neu, anders. Die Erwartungen sind nach diesen Erfolgen hoch. Eine risikolose, finanziell abgesicherte Fortsetzung zu schaffen, ist legitim. Doch die gesellschaftskritische Botschaft verpufft im zweiten Anlauf. Was "Frostpunk 2" fehlt, ist der radikale Ansatz, Grenzen zu sprengen. Es ist deprimierend, erbarmungslos, aber in seiner Mantra-haften Wiederholung der immer gleichen Erzählungen auch ermüdend. Ein eisiges Déjà-vu-Erlebnis.

"Frostpunk 2" erscheint am 20. September für Windows. Käufer der Deluxe-Edition können bereits am 17. September starten. Es ist im PC Game Pass enthalten. USK ab 18. Es kostet ca. 45 €.

(dahe)