Europarat will "Profiling" entschärfen

Der Europarat hat Empfehlungen zum Profiling zu Marketing-Zwecken erarbeitet. Darin heißt es, die Einordnung von Nutzern nach für sie oft nicht mehr transparenten Kriterien in ihnen unbekannte Kategorien berge "erhebliche Risiken" für die Bürger.

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Von
  • Monika Ermert

Der Europarat will mit Hilfe einer Empfehlung das Profiling zu Marketing-Zwecken entschärfen. Das Profiling soll laut dem Entwurf, der heise online vorliegt, unter gewissen Bedingungen möglich sein. Vertreter der Werbebranche sehen in dem Dokument dennoch ein Generalverbot (PDF Datei). Das Interactive Advertising Bureau Europe warnte vor "unnötigen, neuen Hürden" für die Wirtschaft.

Die Einordnung von Nutzern nach für sie oft nicht mehr transparenten Kriterien in ihnen unbekannte Kategorien berge "erhebliche Risiken" für die Bürger, heißt es in der Empfehlung. Die Nutzung von Teilidentitäten, auf die die Bürger ein Recht haben, werde durch mögliche Zusammenführung von Daten eingeschränkt. Diskriminierung und eine Verletzung der Grundrechte auf persönliche Würde, Datenschutz und andere Grundrechte und -freiheiten im Geschäftsleben könnten die Folge sein.

Verbindlich ist die Empfehlung "Zum Schutz individueller Nutzer im Hinblick auf die automatische Verarbeitung persönlicher Daten im Zusammenhang mit Profiling" nicht. Das erläuterte Kevin Fraser vom Vertragsbüro der Datenschutzkonvention des Europarats (Konvention 108), das das Dokument ausgearbeitet hat. Die Empfehlungen könnten möglicherweise bei der Datenschutzkonvention des Europarates berücksichtigt werden, die derzeit auf dem Prüfstand steht.

Den Sorgen der Wirtschaft ist der Europarat entgegengekommen. Der neueste Entwurf enthält nicht mehr wie der Vorgänger eine Verbotsklausel zur Verwertung von Profiling-Daten für andere Zwecke als die, für die sie gesammelt wurden. Ebenfalls gestrichen wurde ein Verbot der Weitergabe an Dritte. Auch haben die Europarat-Autoren auf die Forderung verzichtet, dass jedermann auch anonym shoppen und Dienste nutzen können soll. Nun sollen die Anbieter möglichst auch einen Profiling-freien Service anbieten. Die Empfehlungen gelten für Wirtschaft und Staat gleichermaßen. Ausnahmen seien beispielsweise vor dem Hintergrund der öffentlichen Sicherheit möglich.

Mit der Idee, Profiling immer dort zuzulassen, wo es nicht verboten ist, konnte sich die Seite der Werbetreibenden nicht durchsetzen. Das Europarat-Dokument sieht vor, dass Profiling ausdrücklich gesetzlich erlaubt sein soll. Der Profiler soll jeweils nachweisen, dass sein Kunde dem Profiling zugestimmt hat. Zudem muss er auch jederzeit und rasch die gespeicherten Daten, Speicherdauer und Empfänger herausgeben. Ein Kunde kann dem Profiling zu Marketingzwecken ohne jegliche Begründung widersprechen. Außerdem sollen keine Profile von Personen angelegt werden dürfen, die keine gültige Einverständniserklärung abgeben können. Datenschützer sollen laut dem Dokument Vorabprüfrechte bei besonders sensiblen Datensammlungen erhalten.

Die Nutzerorganisation European Digital Rights (EDRI) warnte in einer Stellungnahme (PDF Datei) zu einem früheren Entwurf bereits vor der Annahme, dass einmal anonymisierte Daten nicht re-personalisiert werden können. Der Europarat habe zu wenig bedacht, was im Zusammenhang mit dem Zugriff auf ausufernde Datenspuren eigentlich die "informierte Einwilligung" noch bedeuten könne. Das EDRI warnt außerdem vor den "berechtigten Interessen" von Wirtschaft und Staat. Automatisierte Entscheidungen auf der Basis einer Generalüberwachung und massenhaften Datensammlung verböten sich in demokratischen Gesellschaften. (anw)