Brasilien: Gericht droht X mit täglicher Strafzahlung
Wegen der Umgehung der Sperre seines Dienstes im Land, droht X in Brasilien eine saftige Geldstrafe. Der Konflikt mit Brasiliens Justiz spitzt sich erneut zu.
Brasiliens Oberster Gerichtshof hat das Soziale Netzwerk X des US-Milliardärs Elon Musk angewiesen, die angeordnete Blockade der Social-Media-Plattform im Land nicht zu umgehen. Im Fall der Nichtbefolgung droht das Gericht dem Unternehmen mit einer Geldstrafe von fünf Millionen Reais (830.000 Euro) – pro Tag.
Der Kurznachrichtendienst X wurde am Mittwoch für viele User in Brasilien trotz gerichtlich angeordneter Sperre wieder zugänglich. Ein X-Update leitete demnach einige brasilianische Nutzer über Cloud-Dienste von Drittanbietern außerhalb des Landes um, so dass sie auch ohne ein virtuelles privates Netzwerk (VPN) auf die Plattform zugreifen konnten, berichtete die brasilianische Tageszeitung Folha de S. Paulo. Laut IT-Experten leitete X Nutzer über die Server von Cloudflare, einem Content Delivery Network, auf die eigenen.
X erklärte am Mittwoch, dass ein Wechsel des Netzwerkanbieters zu einer "versehentlichen und vorübergehenden Wiederherstellung des Dienstes" in Brasilien geführt habe. An einen Zufall oder Fehler will Brasiliens Justiz jedoch nicht glauben. "Es besteht kein Zweifel daran, dass X unter dem direkten Kommando von Elon Musk erneut beabsichtigt, die brasilianische Justiz zu missachten", schrieb Bundesrichter Alexandre de Moraes vom Obersten Gerichtshof Brasiliens in seiner jüngsten Anordnung. Er warf der Social-Media-Plattform vor, sie habe eine "Strategie", um verhängte Verbote zu umgehen, so die Nachrichtenagentur Reuters.
Konflikt mit zahlreichen Episoden
Die Wiederherstellung des X-Dienstes in Brasilien und die darauf folgende Strafandrohung sind das neueste (und letzte?) Kapitel in einer langen Serie von Auseinandersetzungen zwischen dem Tech-Milliardär Musk und Brasiliens Oberstem Gericht. Der Streit eskalierte, als Ende August Bundesrichter De Moraes die Sperrung von X im Land anordnete. Er wirft dem Unternehmen vor, nicht entschlossen genug gegen die Verbreitung von Hassrede und Fake News vorzugehen. Zuvor hatte sich X-Eigentümer Musk wochenlang geweigert, brasilianischen Gerichtsbeschlüssen zur Sperrung bestimmter X-Konten nachzukommen und verhängte Geldstrafen ignoriert. Mitte August schloss er das X-Büro in Brasilien und kündigte den noch verbliebenen Mitarbeitern, damit die Gerichte sie nicht zur Rechenschaft ziehen können.
Nach der gerichtlich angeordneten Blockade von X kündigte der ebenfalls Musk gehörende Satelliten-Internetanbieter Starlink zunächst an, sich nicht an die Entscheidung der brasilianischen Justiz zu halten und den X-Sperrbefehl zu ignorieren. Wenige Tage später lenkte Starlink aber ein und gab seinen Widerstand gegen die X-Blockade in Brasilien vorerst auf. Ende vergangener Woche dann beschlagnahmte Brasiliens Oberster Gerichtshof 18,2 Millionen Reais (rund drei Millionen Euro) von Bankkonten von X und Starlink. Die von Richter De Moraes angeordnete Maßnahme zielte darauf ab, Gelder einzutreiben, die dem Betrag entsprechen, den X dem Land an Geldstrafen schuldet. Die zwischenzeitlich eingefrorenen Bankkonten der beiden Unternehmen sind inzwischen wieder freigegeben worden.
Derweil teilte Brasiliens Nationale Telekommunikationsbehörde Anatel in einer Erklärung mit, man arbeite daran, den Zugang von X in Brasilien über Cloudflare zu sperren. X hatte mutmaßlich das Content Delivery Network zur Umgehung der Blockade im Land verwendet. Wahrscheinlich bis Donnerstagabend werde die Cloudflare-Sperre umgesetzt, schreibt Reuters und beruft sich dabei auf eine mit der Situation vertraute Person. Andere Plattformen wie Fastly und EdgeUno könnten laut den brasilianischen Behörden ebenfalls von X genutzt worden sein, um Usern in Brasilien unrechtmäßigen Zugang zu ermöglichen. X wiederum erklärte, man bemühe sich, mit der brasilianischen Regierung zusammenzuarbeiten, um den Dienst im Land "sehr bald“ wieder aufzunehmen.
(akn)