Doch kein Tiefsee-Sauerstoff? Bergbaufirma kritisiert Studie

Nach der Entdeckung vermeintlicher Sauerstoffproduktion in der Tiefsee wird Kritik an der Studie laut. Besonders eine Tiefseebergbaufirma sieht Mängel.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 55 Kommentare lesen
Manganknolle am Meeresboden

Manganknollen sind begehrte Rohstoffe am Meeresboden.

(Bild: Food Impressions/Shutterstock.com / Montage heise online)

Lesezeit: 3 Min.

Anfang August sorgte eine Studie für Aufsehen, die unerwartete Sauerstoffproduktion durch Manganknollen am Meeresboden nachgewiesen haben will. Nun steht diese Forschung unter heftiger Kritik. Sowohl unabhängige Wissenschaftler als auch ein Tiefseebergbauunternehmen äußern erhebliche Zweifel an den Ergebnissen.

Das Tiefseebergbauunternehmen "The Metals Company", das einige der Forschungsreisen des Forschungsteams finanziert hat, wirft den Autoren um Andrew Sweetman von der Scottish Association for Marine Science schwerwiegende methodische Mängel und selektive Berichterstattung bei ihrer in Nature Geoscience veröffentlichten Studie vor. Das Unternehmen hat seine Gegenargumente bei Earth ArXiv veröffentlicht.

Ein zentraler Kritikpunkt betrifft ein nicht berichtetes Kontrollexperiment. Bei einem Versuch, bei dem Kammern ohne Sediment oder Knollen verwendet wurden, zeigte sich ebenfalls ein Anstieg der Sauerstoffkonzentration. Diese Information werde in der Originalstudie nicht erwähnt. Weitere Kritik richtet sich gegen die Spannungsmessungen an den Knollen. Lars-Kristian Trellevik vom Bergbauunternehmen Adepth betont, dass nur bei einer einzigen Knolle kurzzeitig eine Spannung nahe dem für Wasserelektrolyse nötigen Wert gemessen wurde.

Das Tiefseebergbauunternehmen "The Metals Company" hofft, Manganknollen am Meeresboden für die Akkuproduktion ernten zu können.

(Bild: The Metals Company)

Michael Clarke, Meeresbiologe bei The Metals Company, erklärte gegenüber Science: "Keine der von Sweetman präsentierten Beweislinien hält einer genauen Prüfung stand." Die Kritiker argumentieren, dass der beobachtete Sauerstoff durch eingefangene Luftblasen oder austretendem Strom aus den Messgeräten erklärt werden könnte.

Sweetman wies die Kritik zurück und erklärte, sein Team sei dabei, eine Antwort zu verfassen: "Wir haben nichts zu verbergen." Er argumentiert, dass die Ergebnisse des Kontrollexperiments durch die Injektion von kaltem Oberflächenwasser erklärt werden könnten. Zudem betont er, die Elektrolyse sei wahrscheinlich intermittierend: "Wir sagen, es ist möglich."

Unabhängige Forscher äußern sich zurückhaltend. Adrian Glover, Tiefseeökologe am Natural History Museum in London, sieht den Austausch als normalen wissenschaftlichen Prozess.

Matthias Haeckel vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel berichtete in dem Science-Artikel, dass sein Team bei ähnlichen Messungen keine Sauerstoffproduktion beobachtet habe. Er weist darauf hin, dass sein Team vor fast 20 Jahren ebenfalls Sauerstoffproduktion am Meeresboden zu beobachten glaubte, die sich später als eingefangene Luftblasen herausstellte.

Pikant an der Diskussion ist, dass beim Tiefseebergbau ökologische Bedenken und wirtschaftliche Interessen aufeinanderprallen: The Metals Company hat großes wirtschaftliches Interesse daran, die für die Akkuherstellung benötigten Manganknollen in der Tiefsee abzubauen. Sauerstoffproduktion in der Tiefsee würde diesen Plänen im Weg stehen. Sweetman schlägt nun Folge-Expeditionen vor, bei denen auch nach Wasserstoff als Nebenprodukt der Wasserspaltung gesucht werden soll, um die Ergebnisse seiner Studie zu bestätigen.

(vza)