AI Companion: Zoom greift Microsoft an

Zoom will kein reines Videokonferenz-Werkzeug mehr sein. Das Portfolio reicht, um Teams, Office und dem Copilot Konkurrenz zu machen.

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Eric Yuang auf der Bühne der Zoomtopia

Eric Yuang auf der Zoomtopia

(Bild: emw)

Lesezeit: 7 Min.

"Wir können es mit Microsoft und Google aufnehmen", sagt Xuedong Huang, CTO bei Zoom, der vorher viele Jahre CTO bei Microsoft war. Dort war Huang unter anderem zuständig für Azure AI. Es sei sicher nicht leicht, aber machbar. Microsoft habe KI in bestehende Produkte integriert. Zoom habe eine "AUI", wie er es nennt, entwickelt; das sei eine native KI-Plattform. Schon seit einem Jahr ist der AI Companion als Chatbot verfügbar. Nun ist der KI-Assistent in Zoom Workplace deutlich erweitert worden.

Für ihn und für die Zoom Business Services sind bei der Zoomtopia in San José zahlreiche neue Funktionen vorgestellt worden. Daneben gibt es Ankündigungen von Investitionen, um Frauen in der Technik zu unterstützen. Die werden offenbar auch direkt im Unternehmen gefördert, stehen doch mehr Frauen als Männer auf der Bühne – ungewöhnlich im Tech-Bereich.

Zoom Workplace ist aufgebaut wie eine klassische Kommunikations-Software, dabei aber recht übersichtlich. Das können andere nicht unbedingt von sich behaupten. Es gibt im oberen Bereich Reiter, links lassen sich verschiedene Dienste – auch anderer Anbieter – aufrufen. Die Kommunikation steht natürlich noch immer im Vordergrund, Chats haben ihren Platz. Rechts lässt sich der AI Companion ansprechen. Er fasst Inhalte zusammen, sucht nach Inhalten, analysiert Daten und kann all das, was KI-Assistenten eben können sollen. Bald gibt es zudem die Möglichkeit, den AI Companion an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Während der generelle AI Companion kostenlos bleibt, wird die customized-Version zwölf US-Dollar im Monat kosten. Für das Finetuning gibt es dann ein Zoom AI Studio.

Menschen bekommen Avatare als Abbilder. Diese können in Momenten, in denen man nicht ansehnlich ist, das Meeting bestreiten, alles unter strengen Sicherheitsauflagen, die vor Missbrauch schützen sollen. Zoom nutzt etwa Wasserzeichen für KI-generierte Inhalte wie Bilder und künftig Videos. Neu ist bereits Echtzeit-Übersetzung in mehreren Sprachen.

Oberstes Ziel Zooms ist, Kunden Zeit zu sparen, damit sie mehr Zeit für das haben, was sie lieben. Ein hinlänglich bekannter Satz aus dem Bereich KI. Hier wird er noch übersetzt in das Motto der Veranstaltung: Happiness. Zoom Gründer Eric S. Yuan träumt von einem ganzen Tag pro Woche, den wir dank KI freihaben könnten. Wir sollten mehr Zeit für unsere Happy-Places haben. Das sei die Definition von "AI first".

Microsofts Copilot hat noch seine Probleme in der tatsächlichen Anwendung. Darauf im Gespräch mit heise online angesprochen, antwortet Huang etwas ausweichend: "Mein Problem ist vor allem die Latenz, es dauert alles noch ein bisschen zu lange." Dann sagt der CTO aber doch, Halluzinationen seien das große grundlegende Problem generativer KI. Man könne dem nur versuchen zu entgegnen, indem man die besten Modelle kombiniere und nutze. Aber man müsse im Kopf behalten, dass KI immer nur etwa 80 Prozent erreiche.

Auf der Bühne der Zoomtopia erklärt Smita Hashim, Chief Product Officer, der AI Companion habe in Tests bei Transkriptionen 36 Prozent weniger Fehler geliefert als Microsofts Copilot und mache 15 Prozent weniger Fehler bei der Zusammenfassung von Besprechungen. Die Daten fließen grundsätzlich nicht zurück in KI-Training oder werden sonst anderweitig für KI genutzt. Für die Entwicklung eines eigenen Small Language Models (SLM) nutzen sie, wie alle anderen, frei verfügbare Daten aus dem Internet. Aparna Bawa, Chief Operating Officer, erklärt zudem in einem Pressegespräch, Zoom arbeite mit Regulieren weltweit zusammen – wie alle KI-Unternehmen. Aber sie sagt auch: "Wir handeln nicht nach dem Ansatz: Erst kaputt machen, dann entschuldigen (break things first and than excuse)."

Smita Hashim auf der Zoomtopia.

(Bild: emw)

Zoom arbeitet mit allen derzeit großen KI-Anbietern zusammen – außer Microsoft und Google. Über die Plattform kann man auf die KI-Modelle von OpenAI, Meta, Anthropic und weiteren zugreifen. Anthropic ist als Gast auf der Zoomtopia bei einem Gespräch dabei. Auch die KI-Suchmaschine Perplexity ist in Workplaces integriert. Huang sagt, man müsse alles an einer Stelle finden. Müsse man den Dienst wechseln, um beispielsweise etwas zu suchen, sei es, als müsse man erst nach Großbritannien fliegen, um seine Aufgabe in den USA erledigen zu können.

Das eigene Small Language Model wird entwickelt, um es in Geräte zu integrieren. Zudem arbeitet man an einer Orchestrierung. Diese soll bei jeder Frage auswählen, welches Modell das beste für die jeweilige Frage sei. Auch Perplexity selbst arbeitet daran. Es sind nicht immer die neuesten und größten Modelle, die am geeignetsten sind. Beispielsweise ist OpenAIs GPT-o1 zwar gut bei Matheaufgaben und kann besser "logisch denken", benötigt dafür aber auch deutlich länger. OpenAI sagt selbst, in der Regel sei GPT-4 das bessere Modell für reguläre Aufgaben.

Während in der Corona-Pandemie noch fast jeder Zoom genutzt hat, hat sich der Kundenstamm des Unternehmens seither gewandelt. Es gibt noch immer Privatpersonen, die den Dienst nutzen. Es sind aber auch weltweit tausende Unternehmen unterschiedlichster Größe hinzugekommen. Auf der Zoomtopia läuft ein Video, das beispielsweise Red Bulls Formel-1-Team zeigt, das Zoom nutzt. In den USA sind zahlreiche Universitäten offizielle Partner von Zoom, im Bereich eHealth ist der Dienst dort ebenfalls groß.

Hinzukommen Unternehmen aus dem Bereich Service und Frontline Workers, also solche, die mit Kunden Kontakt haben. Für sie gibt es eine Mobilversion von Zoom. Die virtuelle Kundenkommunikation kann freilich auch via Zoom stattfinden – mittels KI und mithilfe von KI. Auch hier stehen zahlreiche neue Funktionen zur Verfügung, die das Arbeiten erleichtern sollen.

Als eine Art remote-Unternehmen gestartet und Profiteur des Lockdowns meint Zoom, hybrides Arbeiten wird bleiben. Im eigenen Haus gibt es die Richtlinien, dass Menschen, die in der Nähe des Unternehmens wohnen, zweimal die Woche ins Büro kommen sollen. Aparna Bawa ergänzt: "Mein Team kommt dienstags und donnerstags ins Büro. Wenn jemand einen Arzttermin hat, etwas mit den Kindern ist, natürlich machen wir dann Ausnahmen." CTO Huang wohnt aber beispielsweise in Seattle und wird nicht in die Nähe eines Büros ziehen. Auch das geht – mit und bei Zoom.

Transparenzhinweis: Die Autorin wurde von Zoom zur Zoomtopia eingeladen. Das Unternehmen hat die Reisekosten übernommen. Vorgaben zur Art und zum Umfang unserer Berichterstattung gab es nicht.

(emw)