Nokia stellt sich neu auf

Im harten Wettbewerb auf dem Smartphone-Markt will Nokia mit einer kompletten Umstrukturierung verlorenen Boden gut machen. Neuer starker Mann im Konzern wird Anssi Vanjoki, der nach dem Marketing wieder eine Produktivsparte verantwortet.

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Der zuletzt etwas schwerfällig gewordene Handy-Weltmarktführer Nokia will sich mit neuer Struktur für den harten Wettbewerb im Smartphone-Geschäft wappnen. Das Kerngeschäft wird künftig in drei Bereiche gegliedert, von dem sich einer vorwiegend um die Entwicklung von Smartphones kümmern soll, teilte der Konzern am Dienstag im finnischen Espoo mit. Von der Aufteilung in die Sparten "Mobile Solutions", "Mobile Phones" und "Markets" verspricht sich Nokia ein besseres Reaktionsvermögen und mehr Innovationskraft. Die neue Struktur soll ab Juli 2010 gelten.

Kern des künftigen Konzerns ist die neu geschaffene Sparte "Mobile Solutions", die unter der Leitung des derzeitigen Marketing-Chefs Anssi Vanjoki die Entwicklung von Smartphones und Kleincomputern vorantreiben soll. Dazu gehören der Bereich "Symbian Smartphones", geführt von Jo Harlow, und der von Alberto Torres verantwortete Bereich "MeeGo Computer". Auch der von Tero Ojanpera geführte Geschäftsbereich Services, in dem die Ovi-Dienste entwickelt werden, gehört ab Juli zum Verantwortungsbereich Vanjokis, der nun endgültig zum starken Mann hinter Konzernchef Olli-Pekka Kallasvuo avanciert.

Die alte Handysparte soll unter dem Banner "Mobile Phones" mit der ehemaligen Entwicklungschefin Mary McDowell an der Spitze in abgespeckter Form die Marktführerschaft bei Mobiltelefonen verteidigen und die Series-40-Plattform weiterentwickeln. Auch McDowell soll eng mit der Service-Sparte zusammenarbeiten, um Kernanwendungen aus dem Ovi-Portfolio auch auf die einfacheren Handys zu bringen.

Beide Kerngeschäftsbereiche sollen durch eigenes Management und eigene Ressourcen für Forschung, Entwicklung und Software-Entwicklung unabhängiger voneinander und schneller werden. "Wir wollen schneller auf die Wachstumsmöglichkeiten bei Smartphones und mobilen Computern antworten", erklärte Konzernchef Kallasvuo. Neben den beiden Produktiveinheiten bündelt Nokia Vertrieb und Vermarktung einerseits sowie Einkauf und Lieferkette andererseits im neuen Bereich "Markets" unter der Leitung von Niklas Savander, der noch der Dienste-Sparte vorsteht.

Die neue Konzernstruktur gilt ab Juli.

Auf dem neu geschaffenen Posten des Chief Technology Officers (CTO) soll der US-Manager Rich Green künftig dafür sorgen, dass bei Nokia eine einheitliche technische Infrastruktur über alle Sparten gepflegt wird. Der ehemalige Software-Chef von Sun Microsystems wird ebenfalls Vanjoki unterstehen. Der bisher im Vorstand für die gesamte Geräte-Sparte zuständige Kai Öistämö wird künftig die Entwicklung verantworten.

Nokias Neubeginn – schon der zweite nach einer ähnlichen Restrukturierung 2008 – hat auch eine personelle Konsequenz: Der bisherige Leiter der Handysparte scheidet aus Vorstand und Unternehmen aus. Rick Simonson zieht sich aus dem Vollerwerbsleben zurück – offiziell auf eigenen Wunsch. Er soll dem Konzern noch bis Jahresende als Berater für die Netzwerksparte Nokia Siemens Networks dienen, deren Aufsichtsrat er weiter angehören wird. Simonson hatte erst im November 2009 den Posten des Finanzchefs mit dem Chefsessel der Handysparte getauscht.

Nach Bekanntgabe eines enttäuschenden Ergebnisses im ersten Quartal hatte die Aktie des finnischen Mobilfunkriesen um 15 Prozent nachgegeben. Kallasvuo hat unter anderem sinkende Marktanteile zu verantworten, seine Position an der Konzernspitze galt als gefährdet. In der Diskussion um mögliche Nachfolger fiel dabei immer öfter der Name Vanjoki. Dieser übernimmt mit dem dritten Umbau des Managements innerhalb von zweieinhalb Jahren den wichtigsten Geschäftsbereich und wird damit zur entscheidenden Figur für die Zukunft des Konzerns. (vbr)