Stellenkampagne: IT-Profis für Deutschland

Das ITZ Bund wirbt um dringend benötigten Nachwuchs. Bewerber müssen sich mit öffentlichen Gehältern begnügen, haben aber große Auswahl beim Arbeitsplatz.

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Stellenkampagne: ITler für Deutschland
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Von
  • Torsten Kleinz
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Suchen: IT-Profis. Bieten Deutschland". Mit Slogans wie diesem versucht das Informationstechnikzentrum Bund – kurz: ITZBund – neuen Nachwuchs zu finden. Für ihre neuen Digitalprojekte von Bundescloud bis zur Verwaltungsdigitalisierung benötigt die Bundesregierung dringend Fachkräfte.

heise jobs – der IT-Stellenmarkt

Zu Arbeitsplätzen und Stellenangeboten in der IT-Branche siehe auch den Stellenmarkt auf heise online:

3000 Angestellte an 12 Standorten, ein Etat von knapp 700 Millionen Euro – und dennoch ist das ITZBund selbst in der Fachwelt noch kaum bekannt. Der IT-Dienstleister der Bundesregierung ging 2016 aus drei unterschiedlichen Behörden hervor. So unbekannt das Kürzel ist, so wichtig ist die neue Bundesanstalt für die Regierung in Deutschland. "Wenn Sie bei der Bundestagswahl wählen gehen, stehen wir als Dienstleister hintendran", erklärt etwa ITZBund-Sprecher Holger Lehmann im Gespräch mit heise online.

Das Problem: Der IT-Dienstleister braucht nicht nur für seine bestehenden Aufgaben einen ständigen Zustrom an neuen qualifizierten Arbeitskräften. Durch die neu hinzugekommenen Aufgaben wie zum Beispiel die Schaffung der "Bundescloud" muss das Personal noch kräftig aufgestockt werden. Denn bei den hoheitlich wichtigen Aufgaben ist Outsourcing an private Dienstleister nur begrenzt möglich: "Es ist für uns elementar, die Kernbereiche mit eigenem Personal zu besetzen", erklärt Lehmann. 400 Stellen sind aktuell zu besetzen.

Dem gestiegenen Bedarf steht ein verringertes Angebot gegenüber. "Wir haben im Jahr 2017 und 2018 festgestellt, dass die Anzahl und Qualität der Bewerbungen abgenommen hat", sagt Thomas Nadler, der für die Personalgewinnung zuständig ist. Die Gründe dafür sind vielfältig. So zahlt die Privatwirtschaft insbesondere für Spezialisten nicht nur immer höhere Gehälter, sondern legt inzwischen auch bei den Lebensqualitätsfaktoren nach: Home Office oder voll bezahlter Elternurlaub gehören zumindest bei gefragten Spezialisten mittlerweile zum üblichen Angebot der IT-Konzerne.

Auch die öffentlichen Arbeitgeber sorgen für ordentlich Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt: So stockt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik seine Planstellen immer wieder auf, neue Arbeitgeber wie Zitis schöpfen den Pool an Arbeitskräften aus, die zu den Bedingungen des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst arbeiten wollen. Immerhin hat die Bundesregierung im Sommer eine Zulage für IT-Fachkräfte bewilligt, um den Gehaltsabstand zur Privatwirtschaft zu verringern.

Grund für die neue Kampagne, für die alleine im November 800 Großflächenplakate geklebt wurden und die auch auf sozialen Medien verbreitet wird: Zum einen will sich der neue IT-Dienstleister des Bundes im Bewusstsein der qualifizierten Fachkräfte platzieren. Zum anderen will die ITZBund Bewerber ansprechen, die von anderen Arbeitsangeboten enttäuscht sind "Wir haben in den Vorstellungsgesprächen gemerkt, dass viele Bewerber eine Beschäftigung suchen, die gesellschaftlich sinnvoll ist", erklärt Nadler. Für ein öffentliches Projekt wie der Polizei-Infrastruktur zu arbeiten, erscheine vielen Bewerbern attraktiver als die IT-Arbeiten für eine Unternehmensberatung zu erledigen.

Mit diesem Ansatz steht die neue IT-Anstalt freilich nicht alleine, wie Henner Knabenreich, Fachmann für Personalmarketing, betont. So seien viele Studien erstellt worden, mit welchen Angeboten man qualifizierte IT-Fachkräfte anziehen könne. "Eine sinnvolle Tätigkeit steht bei vielen Fachkräften ganz oben auf der Liste." Deshalb setzten immer mehr Stellenanzeigen darauf, den Bewerbern ein Gefühl von "Purpose" zu geben – einer sinnvollen und sinngebenden Beschäftigung. Doch nicht immer bekämen die Bewerber eine Antwort darauf, welchen Sinn ihre Beschäftigung in einem IT-Konzern wirklich biete. "Viele Kampagnen verpuffen im Nichts, weil sie nicht zu Ende gedacht werden", sagt Knabenreich.

Ob öffentliche Stellen hier tatsächlich punkten können, ist aber noch offen. "Gerade unter IT-Experten gibt es Vorbehalte gegen staatliche Stellenangebote, weil Projekte wie etwa die Vorratsdatenspeicherung eher für ein schlechtes Image gesorgt haben", erklärt Knabenreich. Auch die ITZBund ist gespannt, wie die neue Marketing-Botschaft verfängt. Zwar hatten die Mitarbeiter bereits nach einer ersten Kampagne im Frühjahr deutlich gestiegenes Interesse für die Stellenanzeigen festgestellt – ob dieses Interesse aber in deutlich mehr qualifizierten Bewerbern und Anstellungen mündet, muss sich noch herausstellen.

Unterdessen versucht die Behörde auch ihre sonstigen Vorzüge auszuspielen. Teil davon ist eine offensive Flexibilisierungsstrategie. Statt Standorte aufzugeben und sich zu zentralisieren, verteilt die Behörde ihre Arbeitskräfte und vernetzt die Abteilungen über Intranet und Videokonferenzen. "Die Flexibilität bei dem Arbeitsplatz bringt uns auf alle Fälle Vorteile bei der Personalgewinnung", erklärt Lehmann. So haben die Bewerber bei vielen Stellenausschreibungen die Auswahl zwischen bis zu 12 verschiedenen Standorten. Bewerber müssen deshalb nicht umziehen, um den neuen Arbeitsplatz anzunehmen – für viele ein entscheidender Faktor bei der Stellensuche.

Eine weitere Rekrutierungsstrategie sind Duale Studiengänge. Bewerber können sich hier frühzeitig für die Arbeit in der Behörde verpflichten und bekommen schon während des Studiums ein Gehalt ausbezahlt. Die drei bestehenden Studiengänge sollen in den kommenden Jahren deutlich ausgeweitet und ein neuer Studiengang eingerichtet werden. (jk)