Bauer Power

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Also kam ich sehr entspannt in Bardonecchia am Camping-Platz an. Das einzig nervige war der Tempomat des Defender, der zwischen 110 und 130 eine ständig wechselnde Meinung von "das ist 120 km/h" hatte. Am Camping-Platz zwang ein Schild mit "Schranke defekt" zu einer kleinen Generalprobe der Bodenfreiheit der Kacktusse über den Parkplatzwall, die mich in der Folge ruhig schlafen ließ. Naja, einigermaßen ruhig. Denn der Tempomathersteller stellte auch den Heizungsthermostat im Defender her, der folglich zwischen 12 und 32 Grad über die Nacht eine sehr schizoid schwankende Meinung von "das ist 18° C" präsentierte. Ich verzieh dem Defender das alles, weil ich dachte, er zieht mich morgen den Berg hoch. Es kam aber ganz anders.

Wo die Senner fahren

Das Wetter am nächsten Tag war perfekt, blauer Himmel, Sonne, kaum Wind. Aber es hatte ein paar Tage vorher zuletzt geschneit, und oben am Gipfel lag schon seit zwei Wochen Schnee. Der Parkplatz dort oben liegt so hoch, dass das GPS bei meinem letzten Besuch dort 2997 Höhenmeter anzeigte. Früher konnte man noch ein paar Meter weiter die 3000 fahrend vollmachen, heute ist da eine Sperre aus Holzgebälk, sodass du die letzten Meter bis zur großen 3 zu Fuß gehen musst. Dass oben Schnee liegt, wusste ich vorher. Es ist allerdings in den Alpen sowieso immer so, dass die Entscheidung, was dumm ist und was nur dumm ausschaut, stets räumlich und zeitlich direkt an der geplanten Tat stattfinden muss. Kurz: Schaumermal, dann sehmerschon. Von unten sah es morgens zur Abfahrt gut aus.

Der erste Teil der Strecke machte noch mehr Mut. Bei dem wunderbaren Wetter waren viele Locals unterwegs, die zum Spazierengehen, Hund ausführen oder (der Kleidung nach zu urteilen) zur Jagd hochfuhren, in den verschiedensten Autos. Die Jäger fuhren japanische Allrad-Pickups (wohl, damit sie quer durchs Gehölz zum Wild kommen), die Picknicker fuhren zum Beispiel Citroën Saxo (freudiges Winken).

An dieser Stelle muss ich daher kurz über den Col de Sommeiller referieren, weil der in der Volkswahrnehmung als extreme Strecke gilt, die man quasi mit den Zähnen erklimmen muss. Es liegt daran, dass jede dieser alten Schotterstrecken sehr schwierig werden KANN. Dazu reicht ein einziger strenger Winter, der Auswaschungen, Ausbrüche und im Extremfall Felsabbrüche wie zuletzt am Col de Tende bringt. Wenn die Straßen aber gut in Schuss sind, ist eine Fahrt darüber ein Spaziergang. Letztes Jahr fuhren wir die Ligurische Grenzkammstraße, vor der alle wegen großer, ausgewaschener Felstreppen warnten. Als wir da waren, war die Strecke allerdings frisch renoviert und flach wie eine Schotterautobahn. Vespa-Fahrer in Badelatschen kamen uns entgegen. Und so sieht es die meiste Zeit auch auf dem Col de Sommeiller aus.