Die Methode Audi

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Die Nasenoperation

Was ihren Kunden genauso wie ihren Konkurrenten Respekt abnötigt, ist die Konsequenz, mit die Audi-Leute ihr Ding durchzogen. Motor und Getriebe und Antrieb vorne fährt sich mies? Langnase sieht doof aus? Moment! Wir konstruieren da was. Die runde Front zum Beispiel: Sie verkürzt den Überhang vom Radhaus zum vordersten Punkt, der früher so augenfällig lang war, optisch sehr stark, wenn sich der Betrachtungswinkel nur wenig nach hinten verschiebt. Die seitlich gezogenen Scheinwerfer unterstützen diesen Effekt.

Und das Fahrverhalten moderner Audis ist nicht nur okay, sondern wird sogar gelobt. Das liegt nicht nur an den gestellten Ansprüchen, sondern hauptsächlich an harter Ingenieursarbeit, die, ähnlich wie bei Porsche, einen ehemaligen Nachteil bis zur Unkenntlichkeit ausgefeilt hat. Es liegt aber auch an unseren schwergewichtigen Zeiten: Je schwerer das Gesamtauto, umso egaler, weil anteilig kleiner wird das Motorgewicht. In jeder Generation werden die Autos schwerer, was jedesmal ein automatischer Bonus in die Audi-Fahrdynamikkasse ist – zumindest, solange die Motoren nicht mitwachsen.

Längsbaukasten fürs 21. Jahrhundert

Selbstverständlich langt das den Ingolstädtern nicht. Es wird weiter aktiv gefeilt: Seit 2007 gibt es zum Beispiel im Konzern den modularen Längsbaukasten. Dabei puzzleten die Techniker die Einbauplätze von Kupplung, Lenkung, Getriebe und Differenzial in neue Positionen, wodurch (je nach Modell) die Vorderachse bis zu mehr als 15 cm weiter nach vorne rutschen darf. Die Nase wird kleiner, das Fahrverhalten wird besser, die Allradeignung bleibt.

Ludwig Kraus würde in heutigen Audis noch seine damaligen Entscheidungen erkennen. Er wusste schon in den Sechzigern um den wichtigen Unterschied zwischen einem Rennfahrer, der Zeiten misst, und einem Kunden, der sich einfach nur schnell fühlen möchte: "Wir wollen hier nicht Autos für einige Könner bauen", sagte er, "sondern sportlich zu fahrende Wagen für Normalkunden." Der Erfolg gab Kraus recht, und mit ihm dem konsequent durchexerzierten Marketing: Heute verkauft Audi mehr Einheiten als Mercedes. (cgl)