Öko kann jeder

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München, 11. Juni 2015 – Öko und vernünftig kann jeder. Mutig ist, wer hierzulande Mustang fährt. Erstmals bringt Ford seine Sportwagen-Ikone nun offiziell nach Deutschland. Zu einem Preis, der die etablierte Konkurrenz alt aussehen lässt. Das US Muscle Car startet bei 35.000 Euro – dann allerdings fehlen vier Zylinder.

Es gibt nicht viele Autos, bei denen man nur die Typenbezeichnung nennen muss und jeder weiß, worum es geht. 911er, E-Type, Continental oder Corvette zum Beispiel. Oder eben Mustang, jene uramerikanische Auto-Ikone, geboren 1964. Ein sogenanntes Pony-Car, kompakt und muskulös, ein jugendlicher Rebell, der sich gegen die spießigen und lahmen Straßenkreuzer der Eltern-Generation auflehnte. Damals haben Kunden vor den Showrooms der Händler campiert, nur, um ganz vorne dabei zu sein. 22.000 Vorbestellungen soll es gegeben haben.

Im Stil der Roaring Sixties

Von einer derartigen Rekordnachfrage träumt man in der Konzernzentrale in Dearborn/Michigan noch heute. Doch auch der neue Mustang, mittlerweile die sechste Generation, kommt bei seinen Fans gut an. Seit vorigem September ist er auf dem US-Markt verfügbar, Ende Juni geht's in Deutschland los. Ein wichtiger Kaufgrund ist das Design. Besonders der Blick auf Heck erinnert unmissverständlich an die "Roaring Sixties", als der Ur-Mustang als sogenannter Fastback noch schwarze Striche auf den Asphalt radierte. Bestens zu sehen, in dem legendären Film "Bullitt" mit Steve McQueen. Mehr Mustang, mehr Macho, mehr Muskeln ging nicht.

Von dieser Coolness fährt eine gute Portion auch im neuen Mustang mit. Besonders, wenn man das Selbstbewusstsein hat, sich für die uramerikanische Antriebsart zu entscheiden: den V8-Motor. Das ist in einem Land, in dem zuerst stets auf den Verbrauch geschaut wird, nicht leicht. Ein zweistelliger Wert gilt hier eigentlich als K.O.-Kriterium. Für den Mustang gibt Ford 13,5 Liter an, ein getrimmter Normverbrauch vom Prüfstand. Im Alltag heißt dies mindestens 15 Liter. Und wer es ein bisschen heftiger angehen lässt, schüttet auch mal 18 Liter je 100 Kilometer nach. Als Belohnung winkt jedoch jede Menge Fahrspaß.

Der 418 PS starke Achtzylinder zieht mächtig los und dreht dabei geschmeidig hoch bis auf 6500 Umdrehungen, untermalt von einem kernigen, wenn auch nicht den typisch amerikanischen V8-Sound. Falls nötig, galoppiert der Mustang in bester Sportwagenmanier in nur 4,8 Sekunden auf 100 km/h. Extrem extrovertiert veranlagten Ampel-Freaks mit einem Burn-Out-Syndrom der anderen Art ermöglicht der "Line-Lock"-Schalter die ganz große Show. Er blockiert für 15 Sekunden – das ist eine gefühlte Ewigkeit – die Vorderräder, derweil das hintere Gummi unter Vollgas das halbe Wohnviertel in Reifenqualm hüllt.

Für weniger arg veranlagte gibt es das Pony-Car auch mit Öko-, Verzeihung, "Eco"-Antrieb. "EcoBoost" heißt der Vierzylinder, nicht einmal halb so groß wie der V8, doch mit Turbo-Zwangsbeatmung immerhin 314 PS stark. Und auch beim Drehmoment (434 Nm) nicht schwach. Der Normverbrauch sinkt auf 8,0 Liter. Trotz allem: Einem typischen Muscle Car wird der Mustang mit 2,3-Liter-Vierzylinder nicht gerecht. Es fehlt ein bisschen an Souveränität, die amerikanische Seele geht verloren. Selbst wenn Kritiker einwenden mögen, es hätte schließlich 1979 vor drei Generationen schon einmal einen Mustang mit vier Zylindern gegeben.

Schwächen abgeschüttelt

Abgeschüttelt im Wortsinn hat der Mustang seine Fahrwerksschwächen. Starrachse und Blattfedern, an der Hinterachse jahrzehntelang die Standardtechnik der Amis, sind endgültig passé. Die Radführung übernimmt jetzt eine moderne Mehrlenkerachse. Das Ergebnis ist ein handlich und gut zu fahrendes Auto, das auch schnell wechselnde Kurven nicht übel nimmt und sich präzise ums Eck lenken lässt. Fords Muscle Car will ohnehin keine Rennmaschine sein, sondern ein Sportwagen fürs flotte Tempo und gelegentlich nett zum Cruisen. Für Letzteres eignet sich wunderbar auch das Cabrio, das Ford etwa einen Monat nach dem Coupé (Fastback) an den Start schickt.

Der Mustang macht trotz aller Vervollkommnung keine Ausnahme von der netten Gewohnheit amerikanischer Sportwagen, viele PS für relativ wenig Geld zu bieten. 35.000 Euro kostet die Basisversion mit dem Vierzylinder. 40.000 Euro sind es für den V8-GT. Für die offenen Varianten müssen jeweils 4000 Euro zusätzlich bezahlt werden. Ein Schnäppchen verglichen mit deutschen Wettbewerbern. Dabei ist der Mustang nicht mal spärlich ausgestattet. Im Gegenteil, selbst Klimaanlage, Xenon-Licht, ein Audio-System und Ledersitze sind serienmäßig an Bord. Auch die Qualität im Innenraum stimmt, zumindest in Relation zum Preis. Man sollte sich nicht an optischen Kleinigkeiten wie Doppelnaht-Imitate in Kunststoff stören. Power geht den Amis vor Premium. So erhofft sich Ford, dieses Jahr noch 3000 und im kommenden etwa 4000 Mustang in Deutschland an den Mann zu bringen. Zwei Drittel, so die interne Prognose, wird sich sogar für den Achtzylinder entscheiden. Eine gute Wahl.