Klartext: Audila Merkel

Inhaltsverzeichnis

In der Mitte des Gesprächs finden sich doch einige Übereinstimmungen: Die Sitze sind sehr gut, Alcantara als Bezug ist im Winter oder in Kurven angenehmer als Leder. Die aufgeschwemmte Karosserie ist scheußlich unübersichtlich in allen Geschwindigkeitsbereichen. Das Fahrgeräusch ist leise, die Dämmung sehr gut. Die Außenspiegel sind gut. Der Innenspiegel ist schlecht. Die Heckscheibe ist zu klein, die Sicht nach hinten so schlimm wie in einem Astra. Die Freisprechanlage ist sehr gut. Die typisch gelungene Audi-Gestaltung altert mit Würde. Das DSG möchte man haben. Der Klang der Bose-Anlage ist großartig, wobei man in Kauf nehmen muss, dass der Subwoofer den Raum des Reserverads einnimmt. Was ist der Kundschaft wichtiger? Wahrscheinlich der Subwoofer. Es gibt auch die Variante, den Wagen nur mit Notflickset zu bestellen, dann hat man mehr Platz für Gepäck. Mit Reserverad oder Subwoofer plus Abdeckung: Der Kofferraum ist zu klein für eine Familie, aber die erhöhte Ladefläche hinten ist angenehm beim Beladen. Ohne muss alles aus diesem Brunnenschacht gehoben werden. Das Bedienkonzept ist das wohl beste in seiner Klasse. Selbst komplizierte Assistentenabschaltungen oder Internetfunktionen finden mehrere Testpersonen auf Anhieb ohne Handbuch. Und schließlich stehen beim Q3 200 kg mehr Anhängelast im Datenblatt als beim A3 (2000 kg statt 1800 bei 8 % Steigung). Das kann für Wohnwagenzieher den Unterschied ausmachen, und Wohnwagenziehern ist ein bedenkliches Fahrverhalten ohnehin egal, sonst würden sie eine Ferienwohnung mieten.

Mutti ist alternativlos.

Eben dieses Fahrverhalten lässt mich nicht los. Wiegt das normalere Fahrverhalten eines A3 zusammen mit seiner besseren Wirtschaftlichkeit nicht die ganzen gefühlten Modegründe auf? Was sagt denn die Schwester dazu, wie ihr Ingolstädter Freund durch die Kurven eiert? "Naja, es schaukelt schon ein bisschen", muss sie zugeben, "aber es ist doch gar nicht soo schlecht." Oh-oh. Das Merkel-Totschlagargument: "Sie/er macht das doch gar nicht so schlecht / besser als erwartet." Wenn man nichts erwartet, ist fast nichts halt schon ein Übertreffen der Erwartungen. Weil Wahl ist, möchte ich dazu aufrufen, in jeder Hinsicht ein bisschen mehr zu erwarten als nichts. Man muss nicht eine bedenklich eiernde Q3-Mutti wählen, nur weil es sie gibt. Sie ist nicht alternativlos. Selbst die konservative Kundschaft wird ihren A3 finden, ein Auto, das alles besser kann außer die Versorgung mit einem vage-warmen Muttipanzergefühl. Der Muttipanzer bringt allen für viel rausgeschmissenes Geld praktisch nur Nachteile. Die Zeit seiner modischen Erwünschtheit sollte am besten bald vorbei sein. Es gibt ja Hoffnung: Dieses Jahr ist die A-Klasse das "beliebteste Auto" geworden. Soweit zum Wünschen. In der Realität rechne ich fest damit, dass meine Schwester als nächsten Wagen einen Audi Q1 einplant, der zeitgeistdiktiert kommen wird. (cgl)