Zuschüsse für Elektroautos verteilen Geld nach oben um

Mehr Geld für Reiche!

Jeder Käufer eines Elektroautos soll zusätzlich zu seinen Steuervorteilen 5000 Euro vom Staat geschenkt kriegen, finden viele finanziell besser Gestellte, die beim Kauf ihres Zweitwagens 5000 Euro sparen möchten

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Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

BMW hat seinen Händlern hohe Absatzziele für den i3 gesteckt. Diese Hürde haben die Händler gerissen, was kaum jemanden verwundert, nicht einmal die Händler selbst. „Wir haben aus dem Stand mit unseren Fahrzeugen 30 Prozent des Elektrosegments erobert“, zitiert die B2B-Publikation „KFZ-Betrieb“ den Händler Ralf Brandenburg. „Das sind realistische Zahlen, wie sie der Markt aktuell ermöglicht“. Was zumindest mich jedoch verwundert, ist der Ruf, der bei jeder solchen Meldung erschallt: „Wir brauchen staatliche Zuzahlungen für diese Autos!“ Nein, brauchen wir nicht.

Zuerst einmal sollten sich alle Rufer daran erinnern, wie viele Millionen der Staat den Autoherstellern schon vorab in ihre Abgasöffnung geblasen hat, damit sie das tun, was eigentlich ihre tägliche ökonomische Existenzberechtigung sein sollte: neue Autos entwickeln. Aber weil die jetzt elektrisch sind, mussten wir alle an BMW zahlen, an Mercedes, Volkswagen und KTM und jeden Anderen, der irgendein „Schaufenster“ mit Elektroirgendwas veranstaltete. Das war schon schlimm genug. Aber jetzt sollen wieder alle dafür zahlen, dass ein paar gut situierte Bürger ein paar Prozent weniger für ihr teures Auto ausgeben? Geht das wirklich nur mir so, dass sich da das innere Kind entrüstet ob so einer Unfairness?

Sprechen wir zuerst einmal über Geld. Das Durchschnittseinkommen in Deutschland liegt derzeit bei guten 30.000 Euro brutto im Jahr. Da Geld stets sehr ungleich verteilt wird, verzerrt dieses Durchschnittseinkommen die Realität: Ein Einzelner mit einem Einkommen von 3 Millionen entspricht 100 Durchschnittseinkommen, nur mal zur Veranschaulichung gerundet gerechnet. Die weitaus meisten Deutschen verdienen jedoch in Wahrheit weniger als diese 30.000 Euro.

Der Median

Deshalb schauen wir uns lieber den Median dieser Menge an, also den (in diesem Falle: menschlichen) Datenpunkt, der genau in der Mitte steht: Die Hälfte der Deutschen verdient weniger, die andere Hälfte mehr. Das sind derzeit rund 17.000 Euro. Auch diese Zahl ist nicht superduper exakt, weil sie auch zum Beispiel Kinder, Pensionäre und Arbeitslose einschließt, aber sie bringt uns als zweite Orientierung näher an die Realität. Irgendwo zwischen Durchschnitt und Median liegt die Realität von uns Ottonormalverbrauchern, der Mehrheit also. In dieser Realität findet ein BMW i3 nicht statt. Und eine anderswo übliche Förderung von 5000 Euro ändert daran: gar nichts.

Ein Basis-i3 würde dann statt 35.000 Euro 30.000 kosten, ein i3 mit Range Extender statt 40.000 noch 35.000. Diese Zahlen sind allerdings so unrealistisch wie das Durchschnittseinkommen. Niemand kauft ein Auto mit Basisausstattung, in der beim i3 zum Beispiel so elementar scheinende Dinge wie der Schnelllader fehlen (1600 Euro Aufpreis). Ein i3, wie er realistisch gekauft wird, kostet 45.000 Euro aufwärts. Da sind wir schon in der Preisregion der feineren Autos. Und wer da kaufen kann, soll von der größtenteils ärmeren Masse mit 5000 Euro beschenkt werden? Warum? Ich dachte, bei einer sozialen "Umverteilung" verteilt man von oben nach unten, weil Geld von allein gärend nach oben steigt.

Die Kosten können es nicht sein. Hoffnungsfroh schlug ich Daten real stattfindender Energiekosten von E-Autos nach. Beim Laden an der heimischen Steckdose kostet ein normal gefahrener Nissan Leaf inklusive Ladeverlusten in etwa 20 kWh mal 30 ct/kWh = 6 Euro pro 100 km (unterwegs kann es erheblich teurer werden). Wenn es um Kilometergeld ginge, würde man lieber den Erdgas-Up kaufen oder einen Polo Bluemotion. Ähnlich war es beim Elektro-Großroller. Es bleibt dann nur der günstigere Service, der teilweise nur die Hälfte der Wartung eines Fahrzeugs mit Hubkolbenmotor kostet. Aber bis der Service den Kaufpreis ausgeglichen hat, ist der Akku längst dreimal verschlissen.

Nur viel hilft viel

„Umwelt!“, mag der Zuschussfreund argumentieren. Tatsächlich sehen Elektroautos nach meinen neuesten Daten (auch hier: gerne auf einen besseren Stand bringen) im Ressourcenverbrauch über ihr Leben gesehen im Vergleich gut aus. Doch gilt bei Umweltaspekten: Nur viel hilft viel. Es reicht nicht, wenn sich drei Besserverdiener sowas kaufen. Es muss erschwinglich für alle werden. Und das Geld, allen einen i3 oder meinetwegen einen E-Golf vors Haus zu stellen, das haben wir Ottonormalverbraucher einfach nicht. Wir müssten aber auch das bezahlen. Wer sonst? Zuzahlungen sind reine Strohfeuer, das hat die unsägliche Abwrackprämie gezeigt. Ein echter, stabiler Markt schaut anders aus.

Elektroautos können sich bestimmt in der Masse durchsetzen, wenn wir sie zum Beispiel irgendwann induktiv mit Strom versorgen können, damit sie kaum noch Akkukapazität brauchen. Wenn Akkus vielleicht einmal nicht innerhalb weniger Jahre auf 70 Prozent oder weniger degenerieren. Renault macht das mit der Akkumiete ja zum Beispiel nicht, um die Gesamtkosten zu senken, sondern um die erschreckende Einstiegshürde zu nehmen: „Ich soll fünfstellig für einen Akku bezahlen, der langsam eingeht wie der in meinem Smartphone? Nein, danke.“ Renault trägt dieses Risiko. Für diese Planungssicherheit zahlen Kunden, wie sie für ihre Handyverträge zahlen oder besseres, weil deutscheres Beispiel: für ihre Versicherungen.

Eine andere Form, für mehr E-Autos zu sorgen, wäre purer, schlichter Zwang. Das hat China gemacht. Ohne Elektrofahrzeug durften Pendler nicht mehr in die Städte fahren, Punkt, aus. Zu Millionen wurden die alten Zweitakter verschrottet, es entstand ein neuer Markt für sehr einfache Elektroroller. Aber ob so ein Zwang von oben in Deutschland wirklich wünschenswert wäre? Ich glaube nicht. Es bleibt ein derzeit kleiner Markt für futuristische (BMW) oder einfach bodenständig gute (VW) elektrische Zweitwagen, in dem jene Deutschen kaufen, die es sich leisten können. Schwarzgrün-Wähler zum Beispiel.

Der echte Volks-Elektrowagen kommt schon noch, wenn seine Zeit reif ist. Vielleicht schaffen es die deutschen Hersteller ja sogar, ihn ohne Vorauszahlung von Ottonormalverbraucher zu entwickeln und zu einem Verkaufspreis anzubieten, den Ottonormalverbraucher bezahlen können. Dann würden die finanziell Bessergestellten diese Entwicklung durch ihre Käufe jetziger, teurerer Modelle tragen. Trost für die wahrscheinlichere Realität gibt es höchstens auf der Metaebene: Wenn wir Ottonormalverbraucher nur genügend teure Autos für Besserverdiener finanzieren, bekommen wir vielleicht auch irgendwann ein bezahlbares Elektroauto! Wie bei Renault war das dann aber letztendlich viel teurer, als die Einstiegshürde aussieht.