Umfrage: Städte wollen blaue Plakette einführen
In einigen deutschen Großstädten könnten Fahrverbote für Autos mit Dieselmotor schneller als gedacht kommen. Als Möglichkeit für die Durchsetzung eines Verbots sehen etwa Berlin, München, Bremen und Stuttgart die Einführung der blauen Umweltplakette
- Martin Franz
In einigen deutschen Großstädten könnten Fahrverbote für Autos mit Dieselmotor schneller als gedacht kommen. Dabei geht es um jene Selbstzünder, die maximal die Euro-5-Norm schaffen. Erst mit Euro 6 wurden die Grenzwerte für Stickoxiden (NOx) deutlich gesenkt. Als Möglichkeit für die Durchsetzung eines Verbots sehen etwa Berlin, München, Bremen und Stuttgart die Einführung der blauen Umweltplakette, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Durch den Aufkleber könnten Autos mit hohem Ausstoß von NOx aus Städten und Ballungsräumen ausgeschlossen werden.
Doch noch fehlt eine gesetzliche Grundlage für eine blaue Umweltplakette. Deswegen rechnet etwa Bremen mit einer Einführung nicht vor dem Jahr 2018. Die Plakette wurde im Frühjahr 2016 durch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ins Gespräch gebracht. Danach hagelte es Kritik – vor allem aus der Union und von Automobilverbänden. Städte wie München oder Berlin warnten vor „sozialer Härte“ bei der Einführung des Aufklebers. Es bedürfe Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen. Beispielsweise für Anwohner oder Betriebe, hieß es aus den Verwaltungen. Eine Nachrüstung entsprechender Dieselautos, wie etwa zur Reduzierung von Feinstaub mit einem Partikelfilter, sei nicht möglich, darauf wies München hin. Hendricks stellte sich der Kritik. Es liege in der Hand der Städte, wie groß die neuen Verbotszonen werden würden. Denkbar sei, nur einige wenige, hoch belastete Gebiete zu für die betroffenen Diesel zu sperren, so Hendricks in einem Interview mit der Auto, Motor und Sport im Mai 2016.
Immer wieder werden in Städten und Ballungszentren EU-Grenzwerte für Stickoxide deutlich überschritten. Beim besonders gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxid (NO2) stellte das Umweltbundesamt im vergangenen Jahr an rund 60 Prozent aller Messstationen an stark befahrenen Straßen Überschreitungen fest. Der von der EU festgelegte Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt wurde 2015 besonders deutlich in Stuttgart überschritten. Am Neckartor lag die Konzentration bei durchschnittlich 87 Mikrogramm. An der Landshuter Allee in München waren es 84 Mikrogramm pro Kubikmeter. Auch an einzelnen Messstationen in Köln, Kiel, Heilbronn, Hamburg und Darmstadt wurden Werte von über 60 Mikrogramm pro Kubikmeter festgestellt.
Weil die Grenzwerte in Deutschland seit Jahren überschritten werden, hatte die EU-Kommission gegen Deutschland im vergangenen Jahr ein Verfahren eröffnet. Konkrete Pläne für Diesel-Fahrverbote gibt es in den größeren Städten Deutschlands aber noch nicht. In Düsseldorf wollen die Behörden abwarten, welche Rahmenbedingungen für die blaue Plakette gelten sollen. In Dortmund machte eine Sprecherin der Stadt deutlich, dass erhöhte NO2-Belastungen ausschließlich in Straßennähe nachweisbar seien. Bereits nach kurzer Distanz lägen die Belastungen unterhalb der Grenzwerte. In München will die Verwaltung zunächst auf Alternativen setzen, um Stickoxid-Werte zu senken. Etwa mit dem Ausbau von Ladestationen für Elektroautos oder der Förderung von Elektroautos und -fahrrädern für Handwerker, Vereine oder Lieferdienste. In Berlin verweist man auf die Anschaffung von neuen Linienbussen. Dadurch seien in bestimmten Straßen Stickoxid-Emissionen um mehr als zehn Prozent zurückgegangen.
(mit Material der dpa) (mfz)