Fahrverbot für Diesel?

Zahlreiche Städte erwägen, blaue Plaketten einzuführen. Damit wären praktisch sämtliche Selbstzünder aus den Innenstädten ausgesperrt.

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Es wird eng für den Dieselmotor. Die Stadtverwaltung von Hannover plant laut der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (Paywall) bereits, eine blaue Plakette einzuführen. Zahlreiche weitere Ballungsräume denken nach einem Bericht der FAZ ebenfalls darüber nach.

In der Praxis würde das ein Fahrverbot für alle Diesel unterhalb der Euro-6-Norm in den Innenstädten bedeuten – also praktisch für sämtliche Selbstzünder, einschließlich Taxis, Bussen und Lieferwagen.

Dieselfahrer sind nun zu Recht aufgebracht. Taxifahrer und Handwerker sprechen laut HAZ (Paywall) bereits von "Berufsverboten". Und für Leute, die noch vor kurzem einen modernen Diesel kauften, kommt die Plakette einer teilweisen Enteignung gleich.

Doch welche Wahl haben die Städte? Ihre Stickoxid-Werte sind einfach zu hoch. Das kann empfindliche Strafzahlungen nach sich ziehen. Der Verkehrsbereich sei "mit einem Emissionsanteil von über 40% weiterhin mit Abstand der größte Verursacher von NOx-Emissionen, davon überwiegend aus dem Lkw-Verkehr", schreibt das Umweltbundesamt.

Umweltzonen, die ursprünglich vor allem wegen des Feinstaubs eingerichtet wurden, helfen offenbar zumindest teilweise gegen eine hohe NOx-Belastung. Die 2008 eingeführte Umweltzone habe in Hannover zunächst zu einer Verminderung der Schadstoffbelastung geführt, zitiert die HAZ (Paywall) die Stadtverwaltung. "Doch seit 2011 stagnieren die NO2-Jahresmittelwerte oder steigen sogar leicht wieder an." Das liege unter anderem daran, dass 2016 in Hannover elf Prozent mehr Autos angemeldet waren als noch 2008.

Die luschigen Abgaskontrollen sind also nur ein Teil des Problems. Viele Städte haben es auch versäumt, den Autoverkehr insgesamt zu senken. Eine clevere Idee dazu wäre beispielsweise die Förderung des Fahrradverkehrs oder ein besserer öffentlicher Nah- und Fernverkehr. Doch dies sind Maßnahmen, die erst langfristig wirken. Die hohen NOx-Werte sind hingegen ein Problem, das akut unter den Nägeln brennt.

Wie also kommen die Städte aus dieser Nummer wieder heraus? Wahrscheinlich wird das mit der blauen Plakette nicht ganz so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Die Bundesregierung muss erst noch den rechtlichen Rahmen festlegen; in Hannover hat die Politik die Verwaltung schon zurückgepfiffen. Außerdem denkt sie über zahlreiche Ausnahmeregelungen (Paywall) nach.

Meine Prognose: Bevor sich Bund oder Kommunen dazu durchringen, in der Verkehrspolitik wirklich umzusteuern, werden sie lieber reichlich (Steuer-)Geld auf das Problem werfen – etwa in Form einer neuen Abwrackprämie. Das wäre gleichzeitig noch ein Konjunkturprogramm für die armen gebeutelten Autobauer. (grh)