Kryptonit gegen den Beat

Beim Zug fahren, im Auto oder Zuhause zum Abschalten – ich höre tatsächlich häufig Musik. Leider oftmals auch dann, wenn gar keine spielt.

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Beim Zug fahren, im Auto oder Zuhause zum Abschalten – ich höre tatsächlich häufig Musik. Leider oftmals auch dann, wenn gar keine spielt.

Wenn mir ein Stück Popmusik gefällt, höre ich es in Dauerschleife. Das ist für mich ein Genuss, meine Mitmenschen treibt es in den Wahnsinn. Erst recht, wenn sie das Lied nicht genau so toll finden wie ich. Mich dagegen treibt die Art von Musik in den Wahnsinn, die gar nicht zu hören ist, sondern in Dauerschleife in meinem Kopf läuft. Bruchstücke von Titeln, die ich nur kurz aufgeschnappt habe, etwa über die Supermarkt-Lautsprecher oder beim Umschalten im Fernsehen. Sicherlich ein- bis zweimal in der Woche hakt sich dann dieser "catchy tune" für eine Weile in meine Synapsen. Damit wäre ich eine gute Kandidatin für Dr. Philip Beamans Studie gewesen. Der Psychologe von der University Reading in England will nämlich einen Weg hinaus aus dem musikalischen Teufelskreis gefunden haben.

Er spielte 98 Versuchsteilnehmern einprägsame Popsongs vor. Als musikalische Pille dienten "Play Hard" von David Guetta und "Payphone" von Maroon 5. Danach sollten einige der Teilnehmer Kaugummi kauen, andere nichts tun und wieder andere mit den Fingern trommeln – und drei Minuten lang nicht an den vorgespielten Titel denken. Für Beaman bestätigte sich eine vorherige These: Kau- beziehungsweise Kieferbewegungen haben Auswirkungen auf das Kurzzeitgedächtnis und die Geräuschwahrnehmung. Denn die Kaugummi kauenden Probanden gaben an, sehr viel weniger an den Song gedacht zu haben als die trommelnde und die passive Kontroll-Gruppe. Folglich hörten sie die Musik nicht so häufig im Kopf, um rund ein Drittel weniger, besagt die Studie. Weitere Tests sollen folgen, denn diese Erkenntnis könnte Menschen mit Zwangsverhalten helfen.

Was bedeutet das nun für Ohrwurm geplagte Menschen wie mich? Die Großpackung Kaugummi ist längst gekauft und mit selbst-experimenteller Vorfreude erwarte ich den nächsten Ohrwurm. David Guetta, Opus, Bon Jovi – kommt und nistet Euch ein! Ich habe Euer Kryptonit in der Tasche. Versagt allerdings Dr. Beamans These, gibt es immer noch die Website UnhearIt. Leider ersetzt die einen nervigen Titel gegen einen anderen. (jle)