Kern-Labyrinth

Die Angebotsfülle der Prozessorhersteller AMD und Intel erschwert Kaufentscheidungen. Unser CPU-Wegweiser verrät, welchen Prozessor Sie wirklich brauchen.

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Inhaltsverzeichnis

Wer nachdenkt, hat schon verloren: Kauft man nicht einfach den erstbesten PC, gerät man in Gefahr, tagelang über technische Details zu brüten. Die Auswahl des geeigneten Hauptprozessors für einen Desktop-PC oder ein Notebook fällt angesichts der enormen Vielfalt schwer. Doch es lohnt sich durchaus, über die nötigen CPU-Eigenschaften nachzudenken: Ein zu lahmer Prozessor beschränkt die sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten eines Computers, in Spielen wirkt er als sprichwörtliche Spaßbremse. Eine Überdosis an Rechenleistung zieht ebenfalls störende Nebenwirkungen nach sich: Hochtaktende Quad-Core-Kraftprotze strapazieren nicht nur den Geldbeutel, sondern ihr Stromdurst bringt auch Lüfter zum Heulen und saugt Notebook-Akkus in Windeseile leer. Es kommt also darauf an, die zu den persönlichen Wünschen passende CPU zu finden. Hier liefern wir zunächst einige allgemeine Tipps und auf den nachfolgenden Seiten eine Fülle detaillierter Informationen.

Bei Preis, Rechenleistung und Leistungsaufnahme markiert zurzeit Intels Atom das Minimum. Ihn kann man nicht einzeln kaufen, weil er nur fest aufs Mainboard gelötet vorkommt; so steckt er in Netbooks und Billigrechnern, die man inklusive 1 GByte RAM sowie Windows 7 Starter oder XP Home ab 230 Euro kaufen kann. Solche Computer taugen für einfache Aufgaben unter Linux oder den erwähnten Windows-Versionen: Websurfen, Schreiben von Briefen und E-Mails, Bankgeschäfte, Wiedergabe von Musik oder (DVD-)Videos in Standardauflösung. Bei HD-Videos, wie man sie auch auf YouTube findet, geht den meisten Netbooks die Puste aus – mehr als 720p-Auflösung schaffen sie erst im Verbund mit Hardwarebeschleunigern. Zur Bearbeitung von Fotos oder gar Videos eignen sich Atom-Prozessoren nach heutigen Maßstäben ebenso wenig wie ältere Einzelkerne: Nachdem der anfängliche Besitzerstolz verflogen ist, grämt sich so mancher Käufer eines Netbooks über dessen träge Arbeitsweise.

Schon 40-Euro-Prozessoren wie Athlon II X2 215 oder Celeron E3300 liefern ein Mehrfaches der Atom-Rechenleistung; bei den Mobilprozessoren gilt das für fast alle (echten) Dual-Cores, die in Notebooks zu Preisen ab etwa 400 Euro stecken. Die 40-Euro-Doppelkerne liefern pro Euro mehr Rechenleistung als teurere Chips, reichen für die meisten Alltagsaufgaben aus und spielen sogar Full-HD-Video ab, sofern auch ein moderner (Onboard-)Grafikprozessor im System steckt.

Für 3D-Spiele, Videoschnitt in Standardauflösung oder häufigere Bildbearbeitung sollte man mindestens 60 bis 80 Euro in den Prozessor investieren. Dafür bekommt man schon sehr flotte Doppelkerne, die im Verbund mit leistungsfähigen Grafikkarten selbst für anspruchsvollere Spieletitel taugen [1]. Von Quad-Cores der Kampfpreisklasse raten wir eher ab, weil sie in Bezug auf Taktfrequenz und Pufferspeicher (Cache) dermaßen schwachbrüstig sind, dass sie nur in jenen wenigen Programmen Vorteile bringen, die vier Kerne voll ausreizen. Single-Thread-Software rennt meist schneller auf hoch taktenden Doppelkernen; im 100-Euro-Bereich ist der Core i3-530, der die teureren Core 2 Duos alt aussehen lässt, eine gute Wahl.

Ab etwa 120 Euro bekommt man schnelle Quad-Cores aus AMDs Phenom-Baureihe; der leistungsfähigste kostet und leistet ähnlich viel wie der 165 Euro teure Core i5-750 von Intel. Letzterer bietet den großen Vorteil Turbo-Boost: Wenn nicht alle Kerne ausgelastet sind, taktet er hoch. Dadurch laufen Programme schneller, die bloß einen oder zwei Kerne sinnvoll nutzen können. Mit hoher Rechenleistung plus Turbo macht der Core i5-750 die Intel-Quads der Core-2-Generation obsolet. Wer mehr Geld ausgeben will, bekommt von Intel noch schnellere Quad-Cores und für 1000 Euro sogar einen Hexa-Core. Hyper-Threading bringt ebenso wie zusätzliche Rechenkerne nur bei ausgewählten Anwendungen wesentliche Vorteile, etwa in Servern.

In den vollen Genuss der teuer bezahlten Prozessorleistung gelangt nur, wer Flaschenhälse meidet. So sollte man etwa eine flotte SATA-Festplatte einbauen und diese an einem Adapter betreiben, der im AHCI-Modus läuft – das bringt bei parallel laufenden Applikationen einige Prozent mehr Tempo. Noch schneller geht’s mit einer Solid-State Disk (SSD) – doch die sind teuer.

Ein Mangel an Hauptspeicher bremst den Prozessor, weil er Daten dann häufiger von der Festplatte holen muss: Bei 2,5 GHz Taktfrequenz erledigen vier CPU-Kerne theoretisch 40 Milliarden Gleitkomma-Operationen pro Sekunde; warten sie eine Millisekunde lang auf Daten, verstreichen 40 Millionen potenzielle Rechenschritte ungenutzt. 2 GByte Hauptspeicher gelten als vernünftige Grundausstattung für ein Windows-7-System, mehr als etwa 3 GByte sind nur unter 64-Bit-Betriebssystemen nutzbar.

Der Cinebench nutzt sämtliche CPU-Kerne; Desktop-PC-Prozessoren liefern um die 82 Cinebench-Punkte pro Euro.

Wer einen neuen PC einrichtet, um ihn mehrere Jahre lang zu nutzen, und dabei auch keine Hard- und Software-Altlasten mitschleppen will, sollte ein 64-Bit-Betriebssystem wählen. Mit gängiger 32-Bit-Software gibt es nur selten Probleme unter Windows 7 x64. Mittlerweile gibt es 64-Bit-Versionen außer von teuren (Workstation-)-Programmen wie Adobe Photoshop, Maxon Cinema 4D oder Steinberg Cubase auch von bezahlbaren oder kostenlosen Anwendungen, etwa von FastPictureViewer, ffdshow, MediaCoder oder x264. In einigen Fällen laufen die 64-Bit-Versionen deutlich schneller.

Probleme drohen in der Windows-x64-Welt vor allem mit Treibern für ältere Peripheriegeräte oder Erweiterungskarten, also etwa für Drucker, Scanner oder TV-Karten. Besitzt man Ähnliches, sollte man sich vor dem Umstieg genau informieren. Virtuelle Maschinen, die exklusiven Zugriff auf einen bestimmten USB-Port erlangen können, erlauben die eingeschränkte Weiternutzung von USB-Geräten mit dem alten 32-Bit-Betriebssystem.

Der Vollständigkeit halber: Bei 3D-Spielen kommt es stärker auf die Grafikkarte als auf den Prozessor an. Wer anspruchsvolle PC-Games auf einem großen Flachbildschirm genießen will, also inklusive Kantenglättung und optischen Effekten, sollte für die Grafikkarte mindestens 100 Euro ausgeben [1].

Preis und Performance sind bei Prozessoren eng miteinander verknüpft. Hinzu kommen die Kosten des jeweils passenden Umfelds: Intels aktuelle Core-i-Generation erfordert zwingend LGA1156- oder LGA1366-Mainboards und DDR3-SDRAM, während AMD-AM3-Prozessoren auch auf älteren (und billigeren) Mainboards mit AM2+-Fassung und DDR2-Speicher laufen. Intel knappst überdies günstigen Prozessoren einige Zusatzfunktionen ab. Viele PC-Nutzer vermissen sie allerdings ohnehin nicht, manche Computerhersteller schalten sie bei ihren Produkten gar nicht erst frei. So fehlt etwa einigen Discounter-PCs mit Core i5 oder i7 die Turbo-Boost-Funktion, bei älteren Rechnern sind manchmal Virtualisierungsfunktionen blockiert. Was welcher aktuelle Prozessor grundsätzlich kann, steht auf den nächsten Seiten.

[1] Martin Fischer, À la Carte, Die richtige Grafikkarte zum Spielen, c’t 5/10, S. 100

Artikel zum Thema "Die beste CPU" finden Sie in der c't 7/2010:
Tipps zur Auswahl von PC- und Notebook-Prozessoren S. 134
Performance und Eigenschaften aktueller CPUs S. 136

(ciw)