Besinnung (Feynman, die zweite)

Wenn ich Urlaub mache, lese ich unglaublich viel. Denn man will ja mal wieder die Akkus laden, den Kopf frei bekommen und - zur Besinnung kommen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Nicolai Josuttis

Wie schon geschrieben, habe ich beim Lesen von "Sie belieben wohl zu scherzen, Mr Feynman!" Richard P. Feynman als Wissenschaftler und Menschen mit einem unglaubliches Maß an Neugier, Unabhängigkeit, Witz, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit kennen gelernt. Allerdings hat auch er wie viele andere an der Entwicklung der Atombombe in Los Alamos in den USA mitgearbeitet. Wie passt das zusammen? (Eine Frage die vielleicht nur wir Deutschen aus der Generation der Friedensbewegung stellen können.)

In dem Buch gibt es dazu einen interessanten Abschnitt, der einen Vortrag von 1975 mit dem Titel "Los Alamos von unten" enthält und einige Anekdoten und Interna der Jahre der Entwicklung der Atombombe beschreibt. Dort im vorletzten Abschnitt geht es um den Moment, als der erste Test einer Atombombe erfolgreich durchgeführt worden war. Alle jubelten und alle feierten den Erfolg des Projekts. Nur Bob Wilson, einer der leitenden Mitarbeiter, wollte sich nicht so recht freuen. Laut Feynman kam es deshalb zu folgendem Dialog:

Ich sagte: "Warum bläst Du Trübsal?"

Er sagte: "Wir haben etwas Schreckliches getan."

Ich sagte: "Aber Du hast doch damit angefangen. Du hast uns doch dazu geholt."

Feynman folgerte:

"Daran sieht man, was mit mir, ja was mit uns allen anderen passiert war: Wir begannen mit guten Absichten. Und dann arbeitet man sehr intensiv, um etwas zu erreichen. Es ist ein einziges Vergnügen; es ist unglaublich aufregend. Und weißt Du, man hört auf nachzudenken. Man hört einfach auf. Bob Wilson war in dem Moment der einzige, der noch darüber nachdachte."

Das ist die Gefahr. Die Gefahr, in der wir alle in unserem faszinierenden Job stecken. Was gibt es Schöneres, als ein Programm zu schreiben, das funktioniert und ein Problem löst. Aber denken wir auch über die Konsequenzen nach? Denken wird darüber nach, was man mit dem Programm anrichten kann?

Ich habe schon oft genug erlebt, dass vor lauter Begeisterung und Faszination nicht mehr nachgedacht wurde. Es geht heutzutage ja gar nicht mehr um Waffen und Armeen. Die Bedrohung besteht ja vielmehr darin, dass immer mehr Konzerne versuchen, monopolartig die Kontrolle über unser Leben zu bekommen (siehe als extremes Beispiel Monsanto).

Das bringt mich zu Google. Wir alle müssen uns dringend fragen, welche Rolle Google spielt. Natürlich ist es toll, wenn Google gute kostenlose Dienste anbietet. Natürlich ist es aufregend, mit Google Earth und Google Street View zu spielen. Aber wie die jüngsten Enthüllungen über den Umgang mit privaten Daten durch Google ("unabsichtlich", dass ich nicht lache!) mal wieder zeigen, müssen wir auch hier auch hier uns mit der Frage befassen, was ein Wissensmonopol anrichtet, das vor allem immer erst Fakten schafft und Patente zur Ausspähung privater E-Mails nutzt. Nach wie vor stellt sich zum Beispiel die Frage, welches Risiko man mit der Nutzung von gmail eingeht. Die Privatsphäre meiner E-Mails steht schließlich auch schon bei meinen Antworten an gmail-Accounts auf dem Spiel. ()