Auswirkungen des "Crop"-Formats (APS-C, DX) auf Bildwirkung und Brennweitenwahl
Wer an eine Kleinbild-Spiegelreflex gewöhnt ist, muss in einigen Punkten umdenken und, wenn man es genau nimmt, auch gut im Kopfrechnen sein.
- Johannes Leckebusch
Sieht man sich die Großdarstellung der vier obigen Portraitvarianten genau an, macht man eine paradoxe Beobachtung: Die Hintergrundschärfe nimmt von links nach rechts und von oben nach unten zu. Wenn Sie den Artikel Wechselspiel: Zeit und Blende gelesen haben, sollten Sie zu dem Schluss kommen: Da wurde die Blende jedesmal um einen kleinen Betrag weiter geschlossen, denn der Hintergrund wird allmählich immer etwas schärfer. Dennoch wurden die Bilder oben mit jeweils einer "kleineren Blende" als die Bilder direkt darunter gemacht. Oben an Vollformat links Blende 1,8, rechts Blende 2,5; unten an APS-C links Blende 1,4, rechts Blende 2,2. Wenn das stimmt, muss hier für die resultierende Schärfentiefe irgend ein anderer Faktor ausschlaggebend sein, der die Regel: "Je größer die Blende (also je kleiner die Blendenzahl), desto geringer die Schärfentiefe" durchbricht!
Was sind und was bewirken Crop-Formate?
Des Rätsels Lösung: Die Sensorformate der beiden verwendeten Kameras sind unterschiedlich – einmal 24 × 36 mm ("Vollformat" oder KB=Kleinbild), das andere Mal APS-C mit 14,8 × 22,2 mm. Um dennoch vom gleichen Standort (Stativ) denselben Motivausschnitt aufzunehmen, wurden unterschiedliche Brennweiten benutzt, die wiederum gleiche Bildwinkel aufnehmen. Die beiden Grafiken verdeutlichen den Zusammenhang zwischen Aufnahmeformat, Bildwinkel und Brennweite. Im weiteren gehen wir auf Kompaktkameras nicht gesondert ein; die hier erläuterten Unterschiede zum "Vollformat" gelten für Kameras mit kleineren (FourThirds) und winzigen Sensoren (Kompaktkameras) natürlich im Prinzip auch, wenngleich in mäßig (FourThirds) bis deutlich (Kompaktkameras) stärkerer Ausprägung.
Das sogenannte Kleinbildformat, früher auch einmal Leica-Format genannt, stammt vom 35-mm-Kinofilm ab. Das ist ein 35 mm breiter, beidseits perfortierter "Endlosfilm", wie er von den Frühtagen des Kinos bis heute verwendet wird (wenngleich er inzwischen auch immer mehr durch digitale Aufzeichnungsverfahren abgelöst wird). In der Filmkamera lief der Film von oben nach unten und die Bilder wurden quer zur Laufrichtung, vier Perforationslöcher hoch, aufgezeichnet. Leitz kam auf die Idee, diesen Kinofilm für die Fotografie zu verwenden, um gegenüber den früheren Platten- und Planfilmkameras handlichere Fotoapparate, zum Beispiel für Reportagezwecke, bauen zu können. Hier wurde der Film von links nach rechts transportiert und die Bilder im doppelten Format (8 Perforationslöcher) längs zur Laufrichtung des Filmes aufgenommen. Das Negativformat beträgt dabei 36 × 24 mm. Da um dieses Format ganze Kamerasysteme mit Wechselobjektiven entstanden, gibt es auch im Digitalbereich ein entsprechendes "Vollformat". Die entsprechend großen Sensoren sind aber nach wie vor sehr teuer. Darum werden insbesondere im Amateursektor oder in der "Mittelklasse" kleinere Sensoren in Kameras eingebaut, die im übrigen zum gleichen Wechselobjektivsystem gehören, besonders bei den Spiegelreflexkameras von Nikon, Canon, Pentax usw. Dadurch wird von dem Bild, das das Objektiv erzeugt, nur ein Teilausschnitt aufgenommen (siehe Grafik), das Bild wird also beschnitten.