25 Jahre Netflix: Kriegserklärung via Spülstein

Seite 2: Wagniskapital? Frag Mutti!

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Reed Hastings, CEO und Co-Gründer von Netflix.

(Bild: dpa, Bernd von Jutrczenka)

Randolph und Hastings brauchten für ihre Versandvideothek zwei Millionen US-Dollar Startkapital. Hastings war bereit, aus seinem Gewinn vom "Pure Software"-Verkauf 1,9 Millionen beizusteuern, die restlichen 100.000 sollte Randolph auftreiben. Für die von Randolph angedachten Investoren war eine Summe von je 25.000 Dollar überschaubar. Alex Balkanski, Mitgründer der Video-Kompressionsfirma C-Cube, lachte ihn aber aus. Er war sicher, bis 2002 würde man Filme streamen oder herunterladen – in ein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell sich in den nächsten fünf Jahren erledigen würde, wollte er keinesfalls investieren. Die letzten 25.000 Dollar stammten von Randolphs Mutter, die wohl eher aus elterlicher Unterstützung denn aus Überzeugung dabei war.

Immerhin: Die Disc-Men von der Post hatten ihr Geld beisammen und legten am 29. August 1997 in einer ehemaligen Bank in Scotts Valley im US-Bundesstaat Kalifornien (rund 33 Kilometer Luftlinie südwestlich von San Jose) los. Sie entwickelten Front- und Backend ihrer Webseite von Grund auf; ihr "Server" bestand aus zusammengeschalteten Standard-PCs. Am 24. April 1998 ging die Seite online – nachdem Netflix-Mitarbeiter, angemeldet als normale Nutzer, in diversen Film-Foren Guerilla-Marketing für ihren Dienst betrieben hatten.

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Mit dem Server war eine Klingel verbunden, die bei jeder Bestellung Laut gab, aber schon nach einer Viertelstunde verstummte – bis Randolph und Hastings kapierten, dass ihr Server wegen des Kundenansturms zusammengebrochen war. Eilig schickten sie ihre Mitarbeiter in umliegende Computerläden, um weitere PCs zu besorgen – schlussendlich lagen am Ende des ersten Geschäftstags 137 Bestellungen vor.

Der Erfolg war ermutigend – aber schon bald merkten die Gründer, dass die Kundschaft die DVDs lieber für den Differenzbetrag kaufte, statt sie zurückzuschicken. Das brachte zwar kurzfristig Umsatz, aber nicht kontinuierlich. Langfristig profitabel erschien ihnen der Verleih.

Im Jahr der Geschäftsaufnahme setzte Netflix bereits auf Eigenproduktionen und machte damit ungewollt Schlagzeilen. Nicht weit vom Unternehmen hatte sich eine Firma angesiedelt, die kurzfristig DVDs pressen konnte. Gerade war die Affäre um den damaligen US-Präsidenten Clinton und die Praktikantin Monica Lewinsky abgeschlossen, die Aufnahmen der Anhörungen verfügbar. Netflix bot sie seiner Kundschaft auf Scheibe an. In der Hektik geriet im Presswerk unter die unetikettierten Clinton-DVDs ein Schwung Pornos. Als Netflix das bemerkte, entschuldigte man sich bei den Kunden und bot ihnen an, die Discs gegen solche mit dem bestellten Inhalt umzutauschen, wovon aber niemand Gebrauch machte.

Im selben Jahr wurde Amazon-Gründer Jeff Bezos auf Netflix aufmerksam und wollte die Firma für 14 bis 16 Millionen Dollar kaufen. Randolph war dafür, Hastings dagegen. Schlussendlich gaben sie das Verkaufsgeschäft, das sie ohnehin abstoßen wollten, an Amazon – im Gegenzug sollte Amazon diejenigen zu Netflix schicken, die DVDs nicht kaufen, sondern leihen wollten.