Drohne stets zu Diensten

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Dass der DelFly Explorer sich per Flügelschlag fortbewegt – also ein sogenannter Ornithopter ist –, bringt zwar viele Herausforderungen mit sich. Die Technik besitzt aber auch besondere Vorteile, wie der freundliche, junge Ingenieur mit seiner großen Brille erklärt: "Der Flug wirkt einfach viel natürlicher. Gerade im Innenbereich werden Menschen so ein Fluggerät viel eher akzeptieren als einen Kopter, zumal es auch objektiv sicherer ist: Die Schlagbewegung der Flügel kann viel langsamer sein als das Drehen eines Rotors." Dementsprechend peilt de Croon Anwendungen nah am Menschen an: Er hofft, dass seine Flatter-UAVs eines Tages den Reifegrad von Früchten im Gewächshaus überwachen und als Elfen Kinder in Vergnügungsparks bezaubern. "Oft wird im Hinblick auf Drohneneinsätze von den 'drei Ds' geredet: dull, dirty, dangerous", sagt de Croon. "Wir denken über drei Fs nach: friendly, functional, fun."

Sobald er die winzige Batterie anschließt, hebt der DelFly Explorer ab und beginnt, über den Köpfen Runden im Raum zu drehen: Immer rechts herum, ohne jemals gegen die Wand oder andere Hindernisse zu prallen – der Rekord liegt bei neun Minuten. "Er schafft bis zu 25 Kilometer pro Stunde, kann aber auch in der Luft stehen bleiben oder langsam rückwärts fliegen", sagt de Croon. Dabei hält er die Höhe und vermeidet Kollisionen – mehr kann das Gerät noch nicht. Angesichts des Gewichts von 20 Gramm ist das aber schon eine Menge. Gerade die Fähigkeit, selbstständig Hindernissen auszuweichen, ist ein Thema, das vielen anderen Drohnenforschern noch Kopfzerbrechen bereitet. Die infrage kommenden Techniken, um den Abstand zu Objekten zu bestimmen, haben alle einen Haken: Laserscanner sind schwer, Ultraschall ist ungenau, optische Bildverarbeitung gilt als zu rechenaufwendig.

De Croon und Kollegen haben es dennoch geschafft, einen Controller auf Kamerabasis zu bauen, der gerade einmal vier Gramm wiegt, nur mit 168 MHz getaktet wird und lediglich über 192 Kilobyte Arbeitsspeicher verfügt. Ihr Trick: Statt wie in früheren Versuchen Bildsequenzen aus einer Kamera zu verarbeiten, nutzen sie Stereoskopie. Ihre Platine enthält zwei winzige Handy-Kameras mit sechs Zentimetern Abstand. Ein besserer räumlicher Eindruck ist die Folge. Zusätzlich warnt der Algorithmus, wenn ein Bild sehr wenig Struktur aufweist. Denn dann könnte DelFly auf eine Wand zufliegen.

Mit diesen Tricks erkennt der DelFly Explorer nahende Hindernisse recht zuverlässig. Droht eine Kollision, fliegt er so lange eine Kurve, bis die Bahn wieder frei ist. Als Nächstes soll die Kamera-Einheit sogar noch leichter werden, um Kapazität für einen Sender zu schaffen. Dann könnte das Flatter-UAV sogar Live-Bilder übertragen. Für Drohnen-Visionäre wie de Croons Delfter Kollegen Bart Remes ist angesichts solcher Entwicklungen ein Traum in Reichweite: die massentaugliche Drohne in der Jackentasche. Vergangenen November prophezeite er bei einer TED-Konferenz in Amsterdam: "In fünf Jahren wird jeder, der heute ein Smartphone in der Tasche hat, dort auch eine Drohne mit sich herumtragen." Die könnte beispielsweise in einem unbekannten, unübersichtlichen Gebäude als Lotse dienen – den Prototypen eines solchen Systems namens SkyCall haben Wissenschaftler am MIT im vergangenen Jahr bereits erfolgreich getestet.

"Auch als die ersten Leute Smartphones hatten, wussten sie noch gar nicht recht, wozu sie es eigentlich brauchen", sagt Remes. Dann kamen die Apps, die mobile Facebook-Revolution. Entsprechende Killer-Applikationen wür-den sich auch für Drohnen finden: "Wenn die etabliert sind, werden Sie es wahrscheinlich ganz natürlich finden, wenn in einem Auditorium wie diesem unzählige kleine Drohnen herumschwirren." (bsc)