E-Rezept-App: Wie ein Apotheker Online-Apotheken trotzen will

Bald sollen Versandapotheken mittels Cardlink leichter an das E-Rezept kommen. Was ein Apotheker der drohenden Online-Apotheken-Invasion entgegensetzt.

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Eine Person in einer Apotheke mit Smartphone in der Hand

(Bild: Tyler Olson/Shutterstock.com)

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Künftig können auch Versandapotheken leichteren Zugang zum E-Rezept erhalten. Noch müssen Patientinnen und Patienten ein Bild vom E-Rezept-Ausdruck hochladen, um selbiges bei einer Versandapotheke einzulösen. Unter anderem dafür hat die Gematik, die für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zuständig ist, entsprechende Spezifikationen veröffentlicht. Mit der "Cardlink"-Technologie sollen "digitale Identitäten für alle Marktteilnehmer" nutzbar gemacht werden, teilt die Gematik heise online mit. Im ersten Schritt, so der Plan, können Versicherte mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und einem Smartphone oder einem anderen smarten Gerät, das als Lesegerät dienen kann und über einen Internetzugang verfügt, auf die Dienste der Telematikinfrastruktur – das Gesundheitsnetz – zugreifen.

Bei diesem zusätzlichen Einlöseweg sollen Versicherte anstelle der sechsstelligen PIN der Krankenkasse, die für das E-Rezept zum Einsatz kommt, einen SMS-Code erhalten. Dann ist zwar immer noch die NFC-fähige Gesundheitskarte bei der Einlösung des E-Rezepts in der Apotheken-App erforderlich, aber keine Krankenkassen-PIN mehr.

Die Idee zu Cardlink wird vom Verband europäischer Online-Apotheken (European Association of E-Pharmacies, EAEP) angetrieben, der anlässlich der kürzlich verabschiedeten eIDAS-Novelle auch dem von der EU geförderten Pilotprojekt "Potential" beigetreten ist. Dieses will als eines von vier Projekten dieser Art den Erfolg bei der Umsetzung der digitalen Brieftasche (EU Digital Identity Wallet) sicherstellen. "Da sich die täglichen Aufgaben der Bürger immer mehr ins Internet verlagern, ist es von entscheidender Bedeutung, über eine sichere [...] und überprüfbare Identität zu verfügen", heißt es in einer Pressemitteilung. Im Gesundheitsbereich soll sich das Projekt auf einen "sicheren digitalen Weg" zum europaweiten Einlösen von Rezepten konzentrieren.

So soll laut Gematik ein Weg geschaffen werden, um "das E-Rezept vor flächendeckender Verfügbarkeit von digitalen Identitäten für alle Marktteilnehmer nutzbar zu machen und so gleiche Chancen für alle Beteiligten zu schaffen" – speziell auch die Versandapotheken. Online-Apotheken wie Docmorris stehen gerade in den Startlöchern für Cardlink. Die Gematik plant, die finalen Spezifikationen noch im ersten Quartal zu veröffentlichen.

Aktuell wird diskutiert, ob der dabei zum Einsatz kommende SMS-Code sicherheitstechnisch unbedenklich ist. Dabei soll ein Code an die in der Apotheken-App hinterlegte Telefonnummer versendet werden. Wann genau und wie die Cardlink-Lösung kommt, ist noch unklar, allerdings führt sie für manch einen Apotheker zu Verunsicherung.

Der IT-affine Apotheker Christian Kraus hat einfach eine eigene App in den Ring geworfen.

(Bild: Kraus)

Statt den großen Versandapotheken das Feld zu überlassen, geht der Pforzheimer Apotheker Christian Kraus selbst unter die Versender. Wir haben mit ihm über seine aus diesen Gründen entwickelte eigene "E-Rezept App" gesprochen. Inzwischen beliefert seine Apotheke hunderte Bestellungen pro Woche.

heise online: Warum haben Sie sich dazu entschieden, eine eigene App zu entwickeln?

Christian Kraus: Aus der Laune heraus. Um den größeren Versendern, gerade den nicht aus Deutschland stammenden, etwas entgegenzusetzen. Ich wollte auch eine Versender-Lösung anbieten, um zu zeigen, dass wir das auch können. Dann habe ich mich entschlossen, die App zu entwickeln. Letztlich ist es ein Zeichen.

Die App trägt den Namen "E-Rezept-App". Sind Sie sich der Verwechslungsgefahr bewusst?

Ja, wir nehmen uns die Kritik zu Herzen. Bald steht auch ein Relaunch an. Dann versuchen wir deutlicher klarzumachen, dass es sich dabei nicht um die App der Gematik handelt. Uns ist tatsächlich nichts Passenderes eingefallen. Allerdings tragen ähnliche Anwendungen in unterschiedlichen Variationen ebenfalls den Begriff "E-Rezept" im Namen.

Wie funktioniert die App derzeit? Ist auch ein Anschluss an die Telematikinfrastruktur geplant?

Ja, die Anbindung wird derzeit integriert. Aktuell wird der E-Rezept-Token verschlüsselt an unsere Apotheke übergeben und dann hier vor Ort bearbeitet und über die Telematikinfrastruktur abgerufen. In der Nachfolgeversion soll die App dann über Cardlink direkt mit der Infrastruktur verbunden werden.

Wie wichtig ist die Cardlink-Lösung?

Für Versandhändler im Apothekenumfeld ist Cardlink sehr wichtig. Momentan ist es für Versandhändler schwer, Kunden in dem Markt zu haben. Das liegt unter anderem daran, dass Versandhändler einen Ausdruck des E-Rezepts fordern. Das ist aber keine volldigitale Lösung und viele Ärzte drucken das E-Rezept ungern aus. Die Kartenlösung wird überall als Heilsbringer vorgestellt. Für die Vor-Ort-Apotheken wäre es ein Segen, wenn die Lösung nicht kommt.

Sie versenden deutschlandweit. Rechnet sich die App für Sie?

Die App ist eher regional gedacht, den Versand bieten wir aber deutschlandweit an. Es wird gut angenommen. Wenn es ein Produkt in irgendeiner Region nicht gibt, kann es sein, dass es das Medikament hier in Baden-Württemberg gibt.

Wir haben ein tolles Team, das die Bestellungen gut abarbeitet. Defizitär ist es zwar nicht, aber es ist eher dafür gedacht, aufzuzeigen, dass wir Apotheker auch innovativ und flexibel sind.

Auch die mit der E-Rezept-App der Gematik beworbenen Botendienste haben Apotheken bereits seit 30 Jahren. Wir können auch Express-Versand. Kunden in der Nähe beliefere ich teils auch persönlich.

Die Kühlware wird mit Temperaturüberwachung verschickt. Die Fahrzeugtemperatur beträgt, wie im Pharmabereich üblich, zwischen zwei und acht Grad. Dabei werden die Medikamente nur persönlich ausgehändigt und nicht an den Nachbarn oder vor die Tür gelegt.

Wie soll es weitergehen?

Wir lassen das auf uns zukommen. Aktuell haben wir durch die eigenen Entwicklungen einen Vorsprung im Markt als First Mover und wollen diesen weiter bestärken.

(mack)