Ernten statt schürfen

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Bei einem Hektar kämen so 20 bis 40 Gramm zusammen. Vergleichbar mit dem klassischen Bergbau sind diese Konzentrationen zugegebenermaßen nicht. In einem Kilogramm Zinkerze sind immerhin 200 Milligramm Germanium zu finden. Eine Pflanzenkultur ausschließlich zur Rohstoffgewinnung würde sich gegenüber einem Bergwerk nicht rechnen, räumt Wiche ein. "Die Rohstoffgewinnung muss ein zusätzlicher Schritt sein, etwa bei der Verwertung von Energiepflanzen." Energiepflanzen wie Mais würden in den Biogasanlagen wie bisher zur Strom- und Wärmeproduktion genutzt. Übrig bleiben Gärreste, aus denen sich die Metalle extrahieren lassen.

Auch aus der Asche verbrannter Biomasse ließen sich die Wertstoffe holen. In Deutschland werden Biogaspflanzen auf 1,2 Mio. Hektar angebaut, vor allem Mais. Nach Hochrechnungen der Freiberger Forscher ließen sich daraus rund 25 Tonnen nur an Germanium gewinnen – 15 Prozent der Weltförderung. Die Deutsche Rohstoffagentur gibt den Preis für Germanium derzeit mit 1200 Euro je Kilogramm an. So könnten die Energiepflanzen einen Ertrag von 30 Millionen Euro aus den Böden ziehen.

Bleibt nur noch, die begehrten Metalle aus den Gewächsen zu isolieren. Für ihre Versuche traktieren die Forscher die Pflanzenteile mit Salpeter- und Flusssäure und erhitzen sie dabei in der Labor-Mikrowelle, bis alles organische Material zerstört ist. Übrig blieben die reinen Elemente. Doch was im Labor hinnehmbar ist, wäre großtechnisch wegen der aggressiven Säuren nicht denkbar. Deshalb arbeiten die Kollegen vom Institut für Technische Chemie an einem sauberen Extraktionsverfahren. Sie wollen die Gärreste aus den Biogasanlagen mit Alkohol versetzen, erklärt Institutsleiter Martin Bertau.

Das üblicherweise positiv geladene Metall verliert seine Ladung und damit seine Löslichkeit. "Der Germaniumkomplex trennt sich vom Wasser wie Fettaugen von der Suppe." Nach weiteren chemischen Schritten ist das Ergebnis Germaniumtetrachlorid, wie es auch für die Beschichtung optischer Leiter verwendet wird. "Das Verfahren ist prinzipiell im Großmaßstab wirtschaftlich", sagt Chemieprofessor Bertau.

Noch hapert es allerdings an der Überführung in die Praxis. Zum einen bieten die aktuell niedrigen Rohstoffpreise Investoren wenig Anreiz, mit Phytomining Neuland zu betreten. Zum anderen ist der logistische Aufwand groß. In Deutschland gibt es rund 8000 Biogasanlagen, die weit über das Land verteilt stehen und die ihre Gärreste meist lokal als Dünger auf die Äcker geben. Damit "grünes Mining" Wirklichkeit werden kann, müssten diese Rohstoffe zentral gesammelt werden.

Ließe sich jedoch die Menge der begehrten Metalle in den Pflanzen erhöhen, würden die Anreize steigen. Wiche will die Gewächse deshalb dazu bringen, "nicht nur zwei, sondern sechs bis zehn Milligramm Germanium und seltene Erden zu akkumulieren". Dann würden Deutschlands Energiepflanzen so viel fördern wie China derzeit mit seinem klassischen Germanium-Bergbau. Erste Erfolge in diese Richtung hat Wiche bereits.

In Freilandversuchen pflanzte er Mischkulturen wie Lupinen und Hafer – die hierzulande ebenfalls als Energiepflanze dient. Lupinen geben über ihre Wurzeln Säure in den Boden ab. Diese lösen Metalle aus dem Boden. Damit steigt das Angebot an Wertstoffen, die die Pflanzen nutzen können.

In ersten Versuchen schafften die Forscher bereits eine Verdoppelung der Metallkonzentrationen in den Pflanzen. Schädlich für Pflanzenfresser seien die erhöhten Metallgehalte nicht, betont Geoökologe Wiche. "Zum einen sind sie für die Organismen immer noch verschwindend gering. Zum anderen lagern sich die Metalle nicht in den Früchten wie etwa den Maiskörnern an." Nun geht es darum, die besten Mischkulturen zu ermitteln. Denn auch für die Gewächse gelte: Nicht jedes kann mit jedem. (bsc)