Facebook will, dass Maschinen die Welt so sehen wie der Mensch

Seite 2: Science-Fiction im Anmarsch

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Das klinge wie Science-Fiction, sei aber näher als man denkt, sagt Grauman. Große Datensätze beschleunigen die Forschung. "ImageNet hat in kurzer Zeit große Fortschritte gemacht", sagt sie. "Wir können das Gleiche für Ego4D erwarten, allerdings für Ansichten auf die Welt aus der First-Person-Perspektive anstelle von Internet-Bildern".

Nachdem das Filmmaterial gesammelt worden war, verbrachten Crowdsourcer in Ruanda insgesamt 250.000 Stunden damit, die Tausenden von Videoclips anzusehen und Millionen von Sätzen aufzuzeichnen, die die gefilmten Szenen und Aktivitäten beschreiben. Anhand dieser Beschreibungen werden KI-Systeme trainiert, um zu verstehen, was sie sehen.

Es bleibt abzuwarten, wie wichtig die Technik wird und wie schnell sie sich entwickelt. FAIR plant einen offenen Wettbewerb auf der Grundlage seiner Challenges ab Juni 2022. Zu betonen ist dabei, dass FAIR als Forschungslabor unabhängig agiert. Die Wissenschaftler sollen in der Vergangenheit dem Mutter-Konzern sogar vorgeschlagen haben, seine toxischen Algorithmen zu korrigieren. (Was allerdings ignoriert wurde.) Doch Facebook zahlt für die Forschung, und es ist unaufrichtig, so zu tun, als sei das Unternehmen nicht an deren Anwendung interessiert.

Sam Gregory von Witness, einer Menschenrechtsorganisation, die sich auf Videotechnologie spezialisiert hat, meint, dass diese Technik für Unbeteiligte, die Proteste oder polizeiliche Übergriffe dokumentieren, nützlich sein könnte. Er ist jedoch der Meinung, dass all diese Vorteile durch die Bedenken hinsichtlich kommerzieller Anwendungen zunichtegemacht werden könnten. Er weist darauf hin, dass es sogar möglich wäre, Personen anhand der Art, wie sie eine Videokamera halten, zu identifizieren. Daten dazu, wohin und wie Menschen schauen, wären sogar noch aufschlussreicher: "Sie sind ein sehr starker Indikator für Interesse", sagt er. "Wie werden die Blickdaten gespeichert? Für wen werden sie zugänglich sein? Wie können sie verarbeitet und genutzt werden?"

"Der Ruf und das Geschäftsmodell von Facebook lassen viele Alarmglocken läuten", sagt Rory Mir von der Netzbürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF). "Viele Menschen sind sich der schlechten Datenschutzbilanz von Facebook bewusst und wissen, dass das Unternehmen seine Überwachungsmethoden auch dazu nutzt, um die Nutzer zu beeinflussen – sowohl um sie bei der Stange zu halten als auch um diese Beeinflussung an seine zahlenden Kunden, die Werbekunden, zu verkaufen." In Bezug auf Augmented und Virtual Reality suche Facebook nun nach einem Wettbewerbsvorteil, sagt er. "Die Ausweitung der Menge und Art von Daten, die der Konzern sammelt, ist entscheidend."

Auf die Frage nach seinen weiteren Plänen gab sich Facebook wenig überraschend wortkarg: "Ego4D ist ein reines Forschungsprojekt zur Förderung von Fortschritten in der breiteren wissenschaftlichen Community", so ein Sprecher. "Wir können heute nichts über Produktanwendungen oder die kommerzielle Nutzung sagen."

(bsc)