Buche, Eiche, Lärche: Die gute Mischung für einen klimatoleranten Forst

Fast 200 Staaten treffen sich jetzt auf der "Weltnaturkonferenz" in Montréal – und reden. Doch was kann man konkret für Wälder tun, die viel Kohlenstoff binden?

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Eine Buche inmitten von Nadelbäumen – ein Beispiel für einen gelungenen Mischwald. , Ulf Froitzheim

Eine Buche inmitten von Nadelbäumen – ein Beispiel für einen gelungenen Mischwald. 

(Bild: Ulf Froitzheim)

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Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Ulf J. Froitzheim
Inhaltsverzeichnis

Während das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) seine wichtigen Forderungen zum Waldschutz in den drei größten Tropenwaldregionen der Erde – Amazonien, Zentralafrika und Indonesien – hervorheben will, ist es ebenso wichtig, einen Blick auf die hiesigen Wälder zu werfen. Aufforstung ist schön und gut, sollte aber durchdacht sein. Fichtenplantagen haben keine Zukunft. Förster, Waldbesitzer und Forscher stehen vor der Herausforderung, verschiedene Baumarten so zu mischen, dass klimafitte Wälder entstehen, die viel Kohlenstoff binden. Sie müssen allerdings nicht bei Null anfangen.

Online-Serie: Biodiversität
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(Bild: Miha Creative / Shutterstock.com)

Anlässlich der Weltnaturschutzkonferenz in Kanada vom 7. bis 19. Dezember veröffentlichen wir täglich einen der insgesamt sieben Texte des Heft-Schwerpunktes zur Biodiversität von MIT Technology Review hier frei lesbar (die Ausgabe erschien im Juli 2022). Die Artikel beschäftigen sich mit Lösungsansätzen, was es braucht, um die Biodiversität unserer Erde zu schützen.

Ins Pflichtprogramm der Bayern-Touristen hat es die 4.000-Seelen-Gemeinde Weil noch nicht geschafft. Dabei gedeiht hier ein enorm artenreicher, auf Klimafitness getrimmter "Future Forest", dessen Besitzer für den Deutschen Waldpreis 2022 nominiert ist.

Kein Schild weist den Weg zum Wald der Zukunft. Wer sich ihm auf einem staubigen Feldweg zwischen Mais- und Kornfeldern nähert, steht vor einem dichten, sattgrünen, viereckigen Wald, der aussieht, als hätten Flurbereiniger ringsherum alles für die Landwirtschaft freigeräumt und nur ein kleines Biotop verschont. Der Eindruck täuscht. Bis 1989 wuchs auch hier, auf dem Flurstück 952 Hungerberg, kein Baum. Es war eine ordinäre Wiese, von der ein Nebenerwerbslandwirt sein Heu holte. Dann wurde das Areal aufgeforstet. Seither etablierte sich auf nur dreieinhalb Hektar ein Dauerwald mit 38 einheimischen und fremdländischen Baumarten – von der Flatterulme über die Schwarznuss bis zum Bergmammut aus den Rocky Mountains. Dazu kommen noch 13 Sträucher-Spezies.

In einer Region, in der vom Sturm zerrupfte Fichtenkulturen neben mannshohen Maisfeldern ein typischer Anblick sind, fällt die kraftstrotzende Artenfülle dieser grünen Insel aus dem Rahmen. Nicht zufällig avancierte sie daher 2020 zum Aushängeschild des Projekts "Future Forest", das aus Mitteln des EU-Programms LIFE gefördert wird, welches wiederum Teil der Klimaschutz-Initiative European Green Deal ist. Dabei geht es den Partnern, darunter Stadt und Landkreis Landsberg am Lech und die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, gar nicht darum, die Zahl der Baumarten oder Bodenorganismen zu maximieren. Sie wollen Europas 16 Millionen Waldbesitzern einen gut umsetzbaren Leitfaden für den vom Klimawandel erzwungenen Umbau ihrer Bestockung an die Hand geben.

"Der Wald muss enkeltauglich werden", erklärt Initiator Ludwig Pertl (68). Darunter versteht der pensionierte Revierförster aus Kaufering, selbst mehrfacher Großvater, einen Wald, der auch die übernächste Generation noch verlässlich mit seinen Ökosystemleistungen versorgt, wenn die Sommer immer heißer und trockener werden. Die heutigen Forste seien dieser Aufgabe nicht gewachsen. Viel zu viele Fichten, deren Nadeln den Boden versäuern, zu wenige Laubbaumarten, deren Blätter dem Regenwurm schmecken, deshalb insgesamt nicht genug Bodenleben, kaum Feinwurzeln und letztlich zu wenig im Untergrund gespeichertes Wasser – so die Kurzfassung von Pertls Diagnose. Nächstes Jahr wollen die Future-Forest-Leute ein "Self Assessment Tool" präsentieren, mit dessen Hilfe Waldeigentümer einschätzen können, wo sie stehen und wie sich die Leistung des Waldes steigern ließe.

Mit seinem ganzheitlichen Ansatz kann sich das Projektteam vom Lechrain zur Avantgarde zählen. Den Wald als hochkomplexes Ökosystem zu verstehen, ist selbst innerhalb einschlägiger Wissenschaftsdisziplinen noch keine Selbstverständlichkeit. Viele Forstwirtschaftler betrachten den Wald immer noch primär als Produktionsmittel für die Sägewerke und bemessen seinen Wert an den Festmetern Holz, die sich ernten lassen. Wenn sie über Artenvielfalt im Wald reden, denken sie an die Nachfrage nach bestimmten Hölzern, nicht an die vielfältige Flora und Fauna in der Humusschicht. Botaniker helfen sogar industriellen Holzerzeugern, schnell wachsende Arten für große Plantagen zu klonen. Zigtausende identische Bäume stehen dann in Reih und Glied. Am Ende entstehen aus ihnen zum Beispiel Kartonagen, die offiziell aus nachwachsendem Rohstoff bestehen. Deshalb ist auch Skepsis gegenüber Klimaschutzprojekten angebracht, bei denen Aufforstungen mit Millionen von Setzlingen einer bestimmten Baumart versprochen werden.

Jüngere Forschungsarbeiten belegen, dass Monokulturen nicht nur ökologisch problematisch sind, sondern auch ökonomisch. Im Wissenschaftsmagazin Science warnte Hans Pretzsch, Inhaber des Lehrstuhls für Waldwachstumskunde an der TU München-Weihenstephan, schon 2016 gemeinsam mit 83 Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt, der Rückgang der Biodiversität mindere die Produktivität der Wälder, und riet zu einem Übergang zu Mischbeständen. Als "produktiv" gilt ein Wald, wenn er viel CO2 aus der Luft holt und in seine Biomasse einbaut. Die traditionelle Forstwirtschaft schaut dabei nur aufs Holz, Ökologen aufs gesamte Ökosystem. Nach Angaben der Bayerischen Staatsforste binden Wälder mit durchschnittlich 55 Jahre alten Bäumen 10,6 Tonnen CO2 pro Jahr und Hektar. Die Produktivität kann aber in trockenen Sommern massiv einbrechen. Außerdem spielt nicht nur der Holzzuwachs eine Rolle, sondern auch die Biomasse, die der Baum in Form von Laub und Feinwurzeln hervorbringt. Der anhaltende Artenschwund, schrieben nun die Forscher, gefährde nicht nur die Rolle der Urwälder und Forste als globale Kohlenstoffsenke: "Wir schätzen außerdem, dass der wirtschaftliche Wert der biologischen Vielfalt allein für die Erhaltung der kommerziellen Waldproduktivität zwischen 166 und 490 Milliarden Dollar pro Jahr beträgt." Schon ohne Einbeziehung der Ökosystemleistungen wäre der Schaden somit "zwei- bis sechsmal so hoch wie die Kosten, die eine wirksame Umsetzung des Schutzes weltweit verursachen würde". Dabei beziehen sie sich auf eine Studie von 2012, die berechnet hat, dass es weltweit 76 Milliarden Euro kosten würde, alle bedrohten Arten um einen Rang auf der Roten Liste aufsteigen zu lassen – also etwa von "stark gefährdet" auf "gefährdet".

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Abzuwarten, ob die Datenlage eines Tages exaktere Schätzungen erlaubt, ist angesichts der Häufung von Wetterextremen keine Option. Deshalb versucht die Forschung jetzt zunehmend herauszufinden, wie sich die Kombination verschiedener Arten auf die Umwandlung von CO2 in Biomasse auswirkt. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Dürreresistenz von Bäumen. Diese hat das Institut von Hans Pretzsch in Weihenstephan mittels einer brachialen Simulation eines Klimas erforscht, in dem jeden Sommer Dürre herrscht. Fünf Jahre lang schlossen sich, sobald es anfing zu regnen, automatische Dächer über einem 80-jährigen Mischbestand aus Fichten und Buchen. Nur den Winter über, außerhalb der natürlichen Wachstumszeit, blieben diese offen. "Wir hatten eigentlich vor, die Bäume damit umzubringen", gesteht der Professor. "Das ist uns nicht gelungen." Wie erwartet sei rasch das Wachstum eingebrochen, doch nach drei Jahren habe sich die Morphologie geändert: dickere Rinden, kleinere Blätter und Zapfen, veränderte Nadeln. "Jetzt machen wir die Dächer auch im Winter zu und schauen mal, was passiert."

Abgestorbene Bäume im Nationalpark Harz, in der Nähe des Brockens. Die Bäume werden nicht gefällt, sondern stehengelassen. Darunter regt sich bereits neues Leben. Dieses Konzept der "Naturverjüngung" ist allerdings umstritten.

(Bild: Raycer/Wikipedia)

Beide Baumarten reagieren von Haus aus unterschiedlich auf Wassermangel. "Isohydrische Arten wie die Fichte stellen sich tot, wenn es trocken wird", vereinfacht Pretzsch. "Die machen einfach die Schotten dicht, und wenn es wieder regnet, produzieren sie weiter, als sei nichts gewesen." Anisohydrische Arten wie die Buche verausgabten sich dagegen praktisch bis zum letzten Tropfen, den ihre Wurzeln noch dem Boden abringen können. Für eine Buche sei insofern eine Fichte eine gute Nachbarin.

Um die Folgen des Klimawandels einzudämmen, würde es aber wenig helfen, die Lücken in Fichtenforsten mit Buchensetzlingen aufzufüllen oder junge Fichten in kranke Buchenwälder zu transplantieren. Bleibt im Sommer der Regen aus, stellen die Bäume früher oder später die Fotosynthese ein. Anisohydrische Arten werfen Blätter, Nadeln oder Triebe ab, isohydrische schließen die Spaltöffnungen ihrer Blätter oder Nadeln. Damit kommt kein CO2 mehr in die Pflanze. Ein vertrocknender Wald funktioniert nicht mehr als Kohlenstoffsenke.

"Pflanzenverfügbares Wasser wird in Zukunft der limitierende Faktor sein", predigt Ludwig Pertl schon seit langem. Voriges Jahr gewann der Forstpraktiker den Deutschen Waldpreis in der Sonderkategorie Nachhaltigkeit für seine Arbeit als Projektleiter bei Links4Soils, dem EU-geförderten Vorgängerprojekt von Future Forest. In dessen Mittelpunkt stand die Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit des Waldbodens. Und genau daran hapert es in Mitteleuropa zusehends.

Im Wallis, wo unterdessen die Föhre, eine alpine Kiefernart, an Trockenstress stirbt, hat man deshalb probiert, den Wald zu gießen. Im Pfynwald bei Visp starteten Forscher der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft vor ein paar Jahren ein Experiment mit einer Bewässerungsanlage, die die Bäume mit 700 Millimetern Niederschlag pro Jahr versorgte. Tatsächlich erholten sich nicht nur die Föhren. Auch der kränkelnde Boden erwachte dank der Dusche zu neuem Leben, die Zahl der Regenwürmer und Nematoden vervielfachte sich. Demnach sind tatsächlich die steigenden Temperaturen für dieses Ökosystem eher das kleinere Problem.

Dazu passen Beobachtungen der Tiroler Landesforstdirektion in Innsbruck, die derzeit das Projekt "Klimafitter Bergwald" vorantreibt. Es umfasst 45.000 der 520.000 Hektar Wald des österreichischen Bundeslands. Insgesamt verschieben sich die Höhengrenzen nach oben: Laubbaumarten wie der Bergahorn dringen an Standorte vor, die ihnen früher zu kalt waren. In tieferen Lagen kommen freilich auch die Tiroler nicht an einem systematischen Waldumbau vorbei, der das auch den Urlaubern so vertraute Landschaftsbild erheblich verändern wird. Eine Grenze liegt laut Kurt Ziegner, Vorstand der Abteilung, bei 1.000 Metern: "Darunter wird die Fichte möglichst zurückgedrängt und durch andere Baumarten ersetzt." Er verspricht sich von der Anreicherung mit Laubbaumarten den Aufbau einer nährstoffreicheren Humusschicht. "Im angestammten Areal der Fichte, also zwischen 1.000 und 1.200 Metern, werden wir sie mit anderen Nadel- oder Laubbaumarten mischen."

Bei der Empfehlung, welche "neuen" Bäume Waldbesitzer als Ergänzung zur natürlichen Verjüngung pflanzen sollten, ist die Landesforstdirektion vorsichtig. Ziegners fünfköpfiges Projektteam setzt auf "natürliche Kombinationen" aus heimischen Arten wie Buche, Eiche, Tanne, Lärche oder Linde. Zur Risikostreuung sind laut Forstplaner Alois Simon "mindestens zwei" Arten notwendig.

Was passiert, wenn Forstverwaltungen und private Waldbesitzer das Risiko nicht streuen, zeigen die großflächigen Kalamitäten in deutschen Wäldern. Wo sich in vergangenen Jahrhunderten weitläufige Buchenwälder als natürliche Monokulturen breitgemacht hatten, zogen Förster oft sogenannte Altersklassenwälder mit gut nachgefragten Nadelhölzern hoch, die unter optimalen Bedingungen sehr wirtschaftlich waren: Wenn lauter gleich alte Bäume nebeneinander stehen, sind sie gleichzeitig erntereif und können per Kahlschlag abgeräumt werden. Je älter Fichten werden und je wärmer es wird, desto anfälliger werden sie allerdings – vor allem, wenn sich ein Schädling wie der Borkenkäfer auf sie spezialisiert. Die Ausmaße sind laut Marcus Lindner, Resilienzforscher am European Forest Institute in Bonn, dramatisch: "In vielen Regionen sind in den tieferen bis mittleren Lagen bereits fast alle Fichtenbestände abgestorben."

Insbesondere an diesen Standorten wird es schwierig mit der Naturverjüngung, einem Konzept, das bei der großen Fangemeinde des Bestsellerautors und Ex-Försters Peter Wohlleben äußerst populär ist. Es werde ja heftig diskutiert, so Christian Ammer, Waldökologe an der Universität Göttingen, "inwieweit auf Flächen, die großflächig abgestorben sind, durch Nichtstun klimastabile Wälder entstehen würden". Auf kleinen, von trockenheitstoleranten Bäumen umgebenen Flächen könne so etwas glücken. Sonst aber komme "wieder nur die Baumart nach, die dort vorher bereits vorhanden war". Auch Future-Forest-Vordenker Ludwig Pertl hält es für unverantwortlich, sich naiv auf die Selbstheilungskräfte der Natur zu verlassen: "Wir können nicht mehr zurück zum Wald der Fünfzigerjahre." Anders gesagt: Biodiversität entsteht nicht aus dem Nichts. Der Mensch muss nachhelfen – und sich entscheiden, ob er heimische Arten anpflanzt, vielleicht in einer Varietät, die sich an einem klimatisch stressigeren Standort entwickelt hat, oder es riskiert, eine fremdländische Spezies auszuprobieren.

Raimund Hofmann, Besitzer des hyper-artenreichen Vorzeigewaldes in Weil, hat damit überhaupt kein Problem: "Es ist eine regelrechte Phobie vor invasiven Baumarten entstanden, die alles kaputt machen. Dabei werden diese fremdländischen Baumarten, die jetzt in der Diskussion sind, in Deutschland schon seit langem angepflanzt." Er beobachte seinen Wald genau und könne eingreifen, wenn sich zeigt, dass eine Spezies andere Baumarten verdrängt. Bei ihm gedeihen etwa die Roteiche und die Schwarznuss, beide ursprünglich aus Nordamerika. Die exotischste Art, die er ausprobiert hat, ist die Sequoia – und die hat er die ersten Jahre im Zimmer überwintert. Er habe lernen müssen, dass Bergmammutbäume in ihrer Jugend noch nicht winterhart sind.

Beim "Debarking" schält ein speziell entwickelter Harvester gleich vor Ort die Rinde vom Stamm. So verbleibt mehr wertvolle Biomasse im Wald.

(Bild: Ulf Froitzheim)

Dass Hofmann alles andere als ein Hasardeur oder Zauberlehrling ist, zeigt sich daran, dass er als Amateur beim Deutschen Waldpreis 2022 mit den Forstprofis der Spessartgemeinde Steinfeld und der Harzstadt Wernigerode konkurriert. Zu seinem Wald kam der 53-jährige Lehrer, der Deutsch, Geschichte und Religion unterrichtet, eher zufällig. Die Wiese am Hungerberg gehörte seinem Vater. Der bot sie 1989 der Unteren Naturschutzbehörde an, die dort ein Feuchtbiotop für den Urzeit-Kiemenfußkrebs Triops cancriformis anlegte, die älteste lebende Tierart der Erde. Zu deren Schutz umgaben die Beamten ihre Tümpel mit einer verwegenen Mischung aus Baumschösslingen, die kein Berufsförster damals so miteinander kombiniert hätte. Die Hofmanns bewirtschafteten diesen Wald im Auftrag der bayerischen Staatsregierung. Ein paar Jahre später, als sich die Jungpflanzen gut etabliert hatten, übernahm der junge Lehrer das Grundstück vom Vater und nutzte den noch unbewaldeten Teil für eine Neuanpflanzung. Dabei lernte er nicht nur das Einmaleins des Waldbaus, sondern auch viel über ökologische Zusammenhänge. Heute weiß er genau, wie sich welche Baumarten abhängig vom Lichteinfall verhalten. Oder welchen Bäumen man Raum geben muss, weil sie das Zeug zum "Zukunftsbaum" haben, der in dreißig Jahren ein schönes Holz liefert, und welche man besser absägt und zu Brennholz verarbeitet, weil kein Sägewerk mit ihnen etwas anfangen kann.

Besonders gern spricht Hofmann aber darüber, dass sein Wald ein Dauerwald ist, ein dynamisches System, das sich ständig verändert, zusammengemischt aus lauter Einzelbäumen: "Das ist eine extreme Risikostreuung. Es kann immer eine Baumart ausfallen: Die Esche hat das Eschentriebsterben, die Ulme hat den Ulmensplintkäfer, die Fichte frisst der Borkenkäfer zusammen, in Teilen Deutschlands ist die Buche schon untergegangen, sogar die Eiche und die Kiefer bekommen Trockenprobleme, die niemand erwartet hatte." Und je näher gleiche Bäume zusammenstehen, desto schneller breiten sich spezialisierte Parasiten aus. Bei ihm ist stets ein Puffer aus anderen Arten dazwischen.

Wer diese Form von Waldbau für den Spleen eines Enthusiasten hält, den belehrt der Studiendirektor, dass sein Wald keineswegs nur im Sinne des Klimaschutzes produktiv ist – allein oberirdisch seien pro Hektar über 24 Tonnen CO2 in der Biomasse gebunden, das Dreifache der Schätzung des Waldbesitzerverbands für deutsche Wälder – sondern auch im Sinne der traditionellen Forstwirtschaft. Sein Kronzeuge dafür ist Professor Stefan Wittkopf von der Hochschule Weihenstephan, Fachgebiet Holzenergie, Projektteilnehmer von Future Forest. Der kommt seit Jahren mit Gruppen von Studierenden in den Landkreis Landsberg. In Hofmanns Dauerwald und anderen Parzellen messen sie das Wachstum der Bäume, schauen nach, was sich unter der Erde tut, vergleichen Wassergehalt und Feinwurzelmasse.

"Wald ist nicht gleich Wald", sagt Wittkopf, "unsere Ergebnisse belegen, dass die sogenannten Edellaubhölzer wie Hainbuche, Linde und Ahorn eine höhere Ökosystemdienstleistung bringen". Finanziell stehe freilich immer derjenige wirtschaftlich besser da, der dazwischen noch einige Fichten stehen lässt. "Solange die nur im Juni oder Juli mal zwei Wochen nicht wachsen, aber nicht absterben, produzieren sie gutes Holz, das von den Sägewerken gesucht ist." Eine Zählung ergab übrigens, dass die Fichte selbst bei Hofmann die häufigste Baumart ist. Nur: Man sieht es nicht.

(lca)