Fruchtbarkeits-CEO testet ihr eigenes Medikament für schnellere Eizell-Reifung
Ein verkürztes künstliches Befruchtungsverfahren könnte das Erzeugen von Eizellen weniger schmerzhaft und auch zeitsparender machen.
- Antonio Regalado
Gute Unternehmensgründer, so heißt es, sollten ihre eigenen Produkte verwenden. Das mag mit Lebensmitteln oder Hundefutter ja noch gehen. Aber was ist, wenn man ein Biotech-Unternehmen leitet, das eine experimentelle Fruchtbarkeitsbehandlung entwickelt? In diesem Fall würden vermutlich viele sagen, dass man entschuldigt sei, es nicht zu tun. Doch ein Rückzieher war für Dina Radenkovic, Geschäftsführerin des New Yorker Start-ups Gameto keine Option.
So kam es, dass die 28-jährige serbische Ärztin im vergangenen Dezember zu Hause eine mit Hormonen gefüllte Spritze betrachtete. Denn Gameto entwickelt Stammzellen für eine Light-Version der IVF-Behandlung für berufstätige Frauen mit wenig Zeit. IVF steht für "In-vitro Fertilisation" (IVF), also Befruchtung in einer Petrischale.
Radenkovic schob sich also die Nadel unter die Haut und drückte auf den Kolben. Allerdings versuchte sie nicht, schwanger zu werden. Stattdessen hatte sie sich für die medizinische Studie ihres eigenen Unternehmens angemeldet, bei der es darum ging, menschliche Eizellen nicht im Körper fertig reifen zu lassen, sondern nach einer verkürzten Reifungsstimulation mit Hormonen und ihrer Entnahme in einer Laborschale.
Bei einer normalen IVF-Behandlung spritzen sich die Frauen zwei Wochen lang ein- bis zweimal täglich starke Hormone, um ihre Eierstöcke zu überstimulieren und viele reife Eizellen zu erzeugen, nicht nur die übliche eine. Danach werden sie entnommen, in einer Petrischale befruchtet und wenige Tage später, wenn sie sich zu vielzelligen Gebilden weiterentwickelt haben (Blastozysten) in die Gebärmutter eingesetzt.
Das Ganze ist oft eine Tortur: Die Spritzen tun weh, es kann zu ernsten Nebenwirkungen und Stimmungsschwankungen kommen. Nicht zuletzt kosten die Medikamente in den USA rund 6.000 Dollar und in Deutschland können mehr als 5.000 Euro pro Behandlungsrunde anfallen. Für einige Frauen kommt die hormonelle Überstimulation der Eizellen aus gesundheitlichen Gründen nicht in Frage.
Gametos Verfahren, das mit 67 Frauen getestet und Mitte Oktober in der Fachzeitschrift "Human Reproduction" beschrieben wurde, benötigt dagegen deutlich weniger Spritzen, entnimmt die heranreifenden Eizellen früher als üblich und lässt sie im Labor in Petrischalen fertig reifen.
Unfaire Alterung
Gameto gehört zu einer Gruppe von Start-ups, die die weibliche Fruchtbarkeit als ein Problem des Alterns betrachten. Die Lebenserwartung wird zwar immer länger und steigt seit hundert Jahren langsam aber stetig an. Das gilt allerdings nicht für die reproduktive Lebensspanne von Frauen. Bei fast allen gehen die Eizellen im Alter von 40 Jahren zur Neige, danach folgt die Menopause. Radenkovic hält diese "beschleunigte Alterung der Eierstöcke" für ungerecht, sie führe zu schwierigen Entscheidungen zwischen Kindern, Karriere und Beziehungen. Nach einer Scheidung, so Radenkovic, kann ein Mann eine neue Familie gründen. Eine Frau ist dazu möglicherweise nicht mehr in der Lage.
"Es ist ein großes Problem, und wir werden es mit Wissenschaft bekämpfen", erklärte die Gameto-Chefin in einem Thread auf X (damals noch Twitter) Anfang letzten Jahres, als sie ihre Position als Geschäftsführerin des Start-ups bekannt gab. Gameto hatte seit seiner Gründung vor zwei Jahren durch den Fruchtbarkeitsunternehmer Martin Varsavsky, der immer noch Vorsitzender des Unternehmens ist, im Tarn-Modus operiert.
Eine Strategie gegen die Alterung der Eierstöcke besteht darin, Eizellen einzufrieren, solange man jung ist, um sie später im Leben zu verwenden. Das kann das reproduktive Zeitfenster einer Person um ein Jahrzehnt verlängern. Als Radenkovic vor ein paar Jahren diesen Schritt in Erwägung zog, wurde sie jedoch durch die zeitliche Belastung davon abgehalten. Damals war sie neu in New York City und jonglierte mit drei Jobs. Sie kam zu dem Schluss, dass Menschen, die vorausschauend planen und 10.000 Dollar ausgeben wollen (so viel kostet es in etwa), "am ehesten die Zeit haben, dies in ihren Zeitplan einzubauen".
Ursprünge beim Genetiker George Church
"Ich habe mir gesagt: Ich glaube nicht, dass ich diesen ganzen Prozess schaffen kann", sagt sie. "Deshalb hatte ich das Gefühl, dass wahrscheinlich viel mehr Frauen es machen würden, wenn es kürzer, einfacher und billiger wäre." Ihre Erfahrung veranlasste Randenkovic, eine Gewinnerin des Forbes-Wettbewerbs "30 unter 30", Gameto zur Entwicklung eines besseren Verfahrens zu drängen, und dieses ein Jahr später selbst auszuprobieren.
Die Technologie des Unternehmens wurde ursprünglich in einem Labor der Harvard-Universität unter der Leitung des Genetikers George Church entwickelt. Die Methoden sollten Stammzellen schnell in jeden anderen Zelltyp verwandeln, oft in nur wenigen Tagen. Der Trick bestand darin, zusätzliche Gene hinzuzufügen, die nach ihrem Anschalten ein Entwicklungsprogramm starten, um ihre Stammzellen etwa zu Nerven- oder Herzzellen werden zu lassen.
Church und seine Studenten waren besonders an der Herstellung von Eizellen interessiert. Wenn menschliche Eizellen direkt im Labor erzeugt werden könnten, wäre es den Forschern theoretisch möglich, sie für alle Patientinnen herzustellen, unabhängig von ihrem Alter. Damit wäre das Problem der alternden Eierstöcke gelöst.