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Gamescom 2022: Cosplay, Corona und Zweckoptimismus

Die Gamescom 2022 soll besser werden denn je, versprechen die Veranstalter. So richtig glauben kann das niemand – zu viele Hochkaräter haben abgesagt.

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Marketing-Bild der Gamescom: Party statt Spiele

(Bild: Koelnmesse)

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Inhaltsverzeichnis

Electronic Arts, Activision Blizzard, Nintendo, Take-Two, CD Projekt Red, Sony: Sie alle haben abgesagt. Wenn die Gamescom am 24. August wieder in die Hallen der Koelnmesse einlädt, wird sie zumindest inhaltlich eine Nummer kleiner ausfallen als in der Vergangenheit. Nach zweijähriger Corona-Pause wünschen sich die Veranstalter einen Befreiungsschlag – angesichts des dünnen Spiele-Aufgebots droht aber ein weiterer Verlust an Relevanz.

Für die vielen Absagen ist nicht nur die lange Messeauszeit verantwortlich. Die Branche bekommt in diesem Jahr die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie zu spüren, nachdem sie 2020 und 2021 noch von gestiegenem Interesse an Videospielen profitiert hatte. Denn während bereits verfügbare Spiele neue Rekordspielerzahlen einheimsten, verzögerte sich in den Studios die Entwicklung neuer Titel: Die Arbeit im Home Office torpedierte eingespielte Strukturen und sorgte dafür, dass Release-Verschiebungen in den vergangenen Monaten eher die Regel als die Ausnahme waren.

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Vielen Entwicklerstudios fehlt es aktuell schlicht an Titeln, die sie auf der Gamescom zeigen könnten. Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands game, sieht darin einen der Hauptgründe für die Absagen. "Einige haben gesagt: 'Wir können dieses Jahr leider nicht dabei sein, obwohl wir voll hinter der Gamescom stehen'", sagte Falk.

Die Gamescom lebt vom Anspielen. Damit das klappt und sich für die Entwickler lohnt, müssen Spiele relativ kurz vor dem Release stehen und weitgehend fertig sein. Viele Großproduktionen stehen in diesem Jahr aber gar nicht mehr an: "God of War Ragnarök" soll am 9. November erscheinen, "The Last of Us Part 1" im September. Auf der Gamescom wird beides nicht gezeigt, Sony ist ja nicht vor Ort. EA bringt das alljährliche neue "FIFA" auf den Markt, aber nicht mal das wird auf der Gamescom zu sehen oder gar anzuspielen sein – der US-Publisher bleibt ebenfalls zuhause. Viele Blockbuster bleiben schlicht nicht übrig.

Weitere Gründe für die Scheue der Publisher sieht der Branchenverband, der die Gamescom gemeinsam mit der Koelnmesse austrägt, auch in Reisebeschränkungen sowie fehlenden Budgets infolge der Corona-Pandemie. Dass die Gamescom 2022 überhaupt vor Ort stattfinden kann, ist keine Selbstverständlichkeit. 2021 war ein ursprünglich geplantes Hybrid-Konzept angesichts der Pandemielage kurzfristig doch noch aufgegeben worden. Und die Konkurrenzmesse E3 ist auch in diesem Jahr noch komplett ausgefallen.

Doch Koelnmesse und der Branchenverband game wollen nicht mehr warten, obwohl die Infektionszahlen in diesen Tagen so hoch ausfallen wie selten. Wer auf die Gamescom fährt, hat gute Chancen, neben Erinnerungen und Merchandise auch eine Infektion als Souvenir mit nach Hause zu nehmen: Impfpflicht gibt es nicht, Masken sind optional und die Hallen werden voraussichtlich wieder voll. Alleine in den ersten sieben Tagen nach Verkaufsstart haben sich Fans 60.000 Tickets geschnappt, mit weiteren Besucherprognosen halten sich die Veranstalter zurück.

Trotz aller Unwägbarkeiten soll sich die Gamescom 2022 so anfühlen wie 2019, versprechen die Veranstalter zweckoptimistisch. "Wie früher. Nur besser", ist auf der Webseite der Gamescom offenbar unironisch zu lesen. Es gibt Cosplay-Wettbewerbe, E-Sports, Preisveranstaltungen und ein begleitendes Online-Programm. Es wird also einiges los sein. Nur die großen Spiele fehlen eben.

Der Hallenplan der Gamescom 2022

(Bild: Gamescom)

Stattdessen gibt es viel Spielematerial aus der zweiten Reihe, AA-Spiele und Indie-Hoffnungen. Los geht die Spieleshow wie üblich am 23. August mit der von Spielepapst Geoff Keighley moderierten Live-Veranstaltung Opening Night Live, die dieses Mal sogar vor Publikum stattfindet. Hier werden Trailer veröffentlicht und neue Spiele angekündigt. Über 30 Spiele sollen behandelt werden, darunter unter anderem das neue Spiel der "Subnautica"-Macher sowie "Hogwarts Legacy".

Wer seinen Titel bei der Opening Night Live der Weltöffentlichkeit zur Schau stellen möchte, muss ihn zwangsläufig auch in Köln vor Ort zeigen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Alle Firmen, die abgesagt haben, werden auch im Livestream nichts zu zeigen haben.

Das Spieleportfolio der Gamescom 2022 ist vergleichsweise dünn: Ubisoft bringt "Just Dance 2022" mit auf die Messe und zeigt neues Gameplay zu seinem Piraten-Onlinespiel "Skull & Bones". Prime Matter demonstriert sein Remake des Sci-Fi-Klassikers "System Shock", Level Infinite möchte Besucherinnen und Besucher mit "Warhammer 40.000: Darktide" überzeugen. Microsoft hat seine Teilnahme unter der Xbox-Marke ebenfalls bestätigt und will "A Plague Tale: Requiem" sowie "Pentiment" vorführen. Viele dieser Inhalte werden auch beim Online-Portal Gamescom Now gestreamt.

Zu den weiteren Highlights der Gamescom gehören "Company of Heroes 3" von Sega und "Street Fighter 6" von Capcom. Darüber hinaus gibt es zwei Anlaufpunkte für Indie-Spiele: Die Indie-Area und der Indie Arena Booth in Halle 10.2. Zum Programm der Gamescom gehört außerdem die event arena, in der unter anderem E-Sports-Turniere, Cosplay-Wettbewerbe und Konzerte abgehalten werden – unter anderem wird der Soundtrack des Spiels "Metal: Hellsinger" gespielt.

Am 24. August öffnen sich die Hallen für Fachbesucher und Journalisten, die sich in Halle 4.2 exklusive Demos anschauen dürfen. Das große Publikum darf ab dem 25. August aufs Messegelände strömen, das City Festival in Köln beginnt einen Tag später. Die Gamescom endet am Sonntag, den 28. August.

Terminplan der Gamescom

(Bild: Gamescom)

Obwohl die Gamescom in diesem Jahr weniger Spiele zu bieten hat als in der Vergangenheit, werden die Tickets teurer: Tageskarten kosten zwischen 25 und 31 Euro – deutlich teurer als noch vor zwei Jahren. Studenten, Schüler und Rentner bekommen gut 7 Euro vom Preis abgezogen. Abendkarten, mit denen man ab 16 Uhr das Gelände betreten darf, kosten nur 9 Euro.

Die Teilnahme an der Opening Night Live kostet 29 Euro. Alle Tickets werden in diesem Jahr auf dem Handy gespeichert, ein Gamescom-Account ist also Voraussetzung. Über die App lassen sich Termine für Veranstaltungen und Anspielmöglichkeiten buchen, so sollen allzu lange Warteschlangen vermieden werden. Samstagstickets sind laut Veranstalter bereits ausgebucht, eine Tageskasse wird es nicht geben.

Die Vorzeichen für die Gamescom 2022 stehen also ungünstig, der Mangel an Blockbuster-Spielen wiegt schwer. Ein buntes Programm an Partys, E-Sports und anderen Veranstaltungen soll die Spieledürre auffangen. Ob das auf Dauer gut geht, ist fraglich: Wenn der Gamescom langfristig die Publisher davonlaufen, dürften irgendwann auch die Gamer lieber zuhause bleiben. Denn Metal-Konzerte können Blockbuster-Games bestenfalls vorübergehend ersetzen.

(dahe)