Google-Forscher melden Fortschritt bei Quantencomputern

Auch Computer machen Fehler. Bei klassischen Rechnern lassen sie sich relativ leicht korrigieren, in der Welt der Quanten aber wird es sehr schwierig. Forscher bei Google haben einen Teil dieses bedeutenden Problems jetzt gelöst.

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Von
  • Tom Simonite

Auch Computer machen Fehler. Bei klassischen Rechnern lassen sie sich relativ leicht korrigieren, in der Welt der Quanten aber wird es sehr schwierig. Forscher bei Google haben einen Teil dieses bedeutenden Problems jetzt gelöst.

Forscher von Google und der University of California in Santa Barbara (USCB) haben eine Lösung für ein Problem demonstriert, das die Entwicklung von Quantencomputer mit am stärksten behindert. Zwar gibt es noch viele weitere Herausforderungen, doch Experten sehen in dem neuen Erkenntnissen einen bedeutenden Schritt auf dem Weg zu voll funktionsfähigen Quantenrechnern. Solche Maschinen könnten Berechnungen vornehmen, die auf normalen Computer Millionen Jahre dauern würden.

Wie die Google- und USCB-Forscher zeigten, konnten sie Gruppen von Qubits – Gebilde, die mit fragiler Quantenphysik Informationen repräsentieren – so programmieren, dass bestimmte Arten von Fehlern entdeckt und nicht in die weiteren Berechnungen einbezogen werden. Leiter des Projekts war John Martinis, ein Professor an der UCSB, der seit dem vergangenen Jahr für Google arbeitet und dort ein Versuchslabor für Quantencomputer aufgebaut hat. Martinis ist jetzt teils für Google und teils für die Universität tätig. Unter anderem beschäftigt er sich mit supraleitenden Aluminium-Chips, die knapp über dem absoluten Nullpunkt funktionieren. Der Großteil der jetzt in Nature publizierten Erkenntnisse stammt noch aus seiner Zeit vor Google.

Google arbeitet seit 2009 mit Quantencomputern. Damals begann eine Kooperation mit D-Wave Systems, einem Start-up, das nach eigenen Angaben „den ersten kommerziellen Quantencomputer“ verkauft. Auch Microsoft betreibt ein umfangreiches Quantenrechner-Forschungsprogramm.

Für einen solchen Computer müssen viele Qubits so zusammengeschaltet werden, dass sie Informationen gemeinsam verarbeiten. Die Einheiten neigen jedoch zu Fehlern, weil sie Nullen und Einsen mit instabilen quantenmechanischen Effekten darstellen, die nur bei niedrigsten Temperaturen und im kleinsten Maßstab funktionieren. Qubits können „Überlagerungszustände“ einnehmen, bei denen sie im Prinzip für Null und Eins gleichzeitig stehen; dies ermöglicht Abkürzungen bei komplexen Berechnungen. Gleichzeitig aber sind die Rechner dadurch anfällig für Wärme und andere Störungen, die zur Verzerrung oder Zerstörung der Quantenzustände führen, mit denen Informationen codiert und Berechnungen vorgenommen werden.

Ein großer Teil der Forschung im Bereich Quantencomputer konzentriert sich deshalb darauf, Systeme von Qubits dazu zu bringen, Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Martinis’ Gruppe hat jetzt teilweise einen der viel versprechendsten Ansätze dafür, bezeichnet als Oberflächen-Codes, realisiert. Die Forscher programmierten einen Chip mit neun Qubits so, dass sie sich gegenseitig auf so genannte „Bit Flip“-Fehler überwachen, bei denen aus einer 0 eine 1 wird und umgekehrt. Eine Korrektur der umgekippten Bits war damit noch nicht möglich, aber die übrigen Qubits konnten dafür sorgen, dass die Fehler nicht in spätere Berechnungsschritte eingehen.

„Noch kann man nicht sagen, dass alle Elemente für fehlertolerantes Quantencomputing vorhanden sind – es gibt noch einiges zu tun. Aber ich denke, diese Arbeit zeigt, dass wir nah daran sind“, sagt Daniel Gottesman, der sich am Perimeter Institute in Kanada mit Quantenfehlern beschäftigt.

Allerdings sind die noch fehlenden Elemente nicht eben trivial. Die Bit-Flips, mit denen sich Martinis und Kollegen beschäftigten, lassen sich mit klassischen Algorithmen angehen, die auch bei konventionellen Computern funktionieren. Doch es gibt noch kompliziertere Fehler: Durch Umwelteinflüsse kann sich eine Quanteneigenschaft namens „Phase“ eines Qubits verändern, was sich nur mit komplexeren Algorithmen auf der Grundlage von Quanteneffekten korrigieren lässt. Daran arbeite die Gruppe jetzt, sagt Austin Fowler, ein Ingenieur für Quantenelektronik bei Google. Außerdem wolle sie Fehlerkontrolle bei mehr als neun Qubits demonstrieren.

Die jüngsten Resultate von Martinis und anderen machen Gottesman optimistisch, dass ein vollständiger Satz an Techniken zur Quanten-Fehlerkorrektur schon in Reichweite ist. „Ich glaube, es gibt eine gute Chance, dass wir in den nächsten Jahren eine solche Demonstration sehen werden, wahrscheinlich von der Martinis-Gruppe“, sagt er.

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(sma)