Harte Bandagen: Wie in Asien um die Chipindustrie gekämpft wird

Ein Ex-Manager südkoreanischer Chipkonzerne wird in Seoul angeklagt. Er soll versucht haben, in China eine Kopie einer Samsung-Chipfabrik zu errichten.

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Samsung

(Bild: Yugong Luo / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Sein Name ist noch unbekannt, seine Tat nicht: Diese Woche haben Staatsanwälte in Südkorea einen ehemaligen hochrangigen Mitarbeiter der örtlichen Chipriesen Samsung und SK Hynix für den Versuch angeklagt, in China ein ganzes Chipwerk zu kopieren.

Laut der Anklageschrift soll er zusammen mit sechs anderen Personen 2018 und 2019 versucht haben, in der chinesischen Metropole Xian nur 1,5 Kilometer entfernt von einem Halbleiterwerk Samsungs eine neue Prozessorenfabrik zu errichten. Einer der Beteiligten, ein Inspektor Samsungs, hat ihm dem Vernehmen nach die betreffenden Baupläne von Samsung zugesteckt, ein nichtgenannter taiwanischer Elektronikkonzern offenbar Kapital angeboten.

Letztlich scheiterte der Plan wohl an Geldmangel. Aber die südkoreanischen Staatsanwälte nehmen den Vorgang ernst – und dies nicht nur wegen des wirtschaftlichen Schadens, den sie auf mindestens 230 Millionen US-Dollar beziffern. „Es handelt sich um ein schweres Verbrechen, das unserer wirtschaftlichen Sicherheit einen schweren Schlag versetzen könnte“, schreiben sie in ihrer Klageschrift. Denn dadurch werde die Grundlage der heimischen Chipindustrie in einer Zeit erschüttert, in der sich Wettbewerb in der Chipherstellung verschärfe.

Gerade Südkorea steht derzeit unter starkem Druck. Die Chiphersteller sind Weltmarktführer bei Speicherchips. Nun versuchen Konzerne und Regierung, auch in anderen Bereichen die Führung zu erobern. Nur arbeitet nicht mehr nur China daran, den Südkoreanern mit massiven Subventionen Marktanteile zu rauben.

Taiwans TSMC ist als größter Auftragshersteller von Halbleitern ein enorm starker Konkurrent der Südkoreaner im Wettrennen um den globalen Chipmarkt. Zudem treten nun auch noch die USA, Japan und Europa an, unter dem Schlagwort der Lieferkettensicherheit mit großen Geldgeschenken die eigenen Chipindustrien wieder auf Weltniveau zu trimmen.

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Zu allem Überfluss trifft auch der Technikkrieg zwischen den USA und China Südkorea. Denn die USA wollen ihren Verbündeten zwingen, seinerseits die Produktion von und den Handel mit hochentwickelten Chips einzuschränken. Das gereizte politische Klima erklärt vielleicht auch, warum Südkoreas Justiz nun ein Exempel statuieren will.

Die Ironie ist, dass die Südkoreaner mit Mitteln traktiert werden, die ihnen vor Jahrzehnten die damals technologisch überlegenen Japaner übelgenommen haben: das Abwerben von Fachpersonal. In diesem Fall wollte der angeklagte südkoreanische Manager sogar noch 200 Ex-Kollegen mit hohen Honoraren zum Firmenwechsel bewegen.

Diese Art des durch Humankapital gestützten Techniktransfers hat in China wenigstens einmal gut funktioniert. Der chinesische Halbleiterkonzern Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC) wurde 2000 von Richard Chang (chinesisch Zhang Rujing) gegründet.

Geboren 1948, arbeitete er zuerst beim amerikanischen Computerhersteller Texas Instruments und kam später durch den Kauf einer vom ihm geleiteten Chipfirma in Taiwan zu TSMC. Dann setzte er sein Know-how ein, um mit Hilfe anderer TSMC-Manager sein eigenes Reich im Reich der Mitte aufzubauen.

TSMC hat sich das übrigens nicht gefallen lassen. Es dauerte mehrere Jahre, bis das Unternehmen den Streit um Patentrechte mit TSMC durch Geldzahlungen und Aktienpakete beilegen konnte. Außerdem wurde Zhang für drei Jahre die Führung von Chipfirmen untersagt.

Seinem Ruhm im Reich der Mitte hat das allerdings nicht geschadet: Weiterhin wird er als "Vater der chinesischen Chipindustrie" gefeiert. Diese Ehrung wird dem südkoreanischen Manager, der nun angeklagt ist, sicher nicht zuteil werden. Es droht eine schwere Strafe.

(bsc)