Von China nach Vietnam: Wie die Tech-Lieferkette sich verlagert

Wegen des Technikkriegs zwischen den USA und China ziehen immer mehr Fertiger nach Vietnam um. Samsung gibt hier den Trendsetter – gefolgt von Apple.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 55 Kommentare lesen
Chips von Samsung

Chips von Samsung.

(Bild: dpa, Ahn Young-Joon/AP/dpa)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

16 Etagen Hightechforschung: In Vietnams Hauptstadt Hanoi entsteht ein Symbol für die Neuordnung der globalen Techniklieferkette. Südkoreas größter Konzern Samsung baut seinen größten Produktionsstandort für Smartphones nun auch zum Innovationszentrum aus. In seinem neuen Gebäude will der Konzern auf fast 12.000 Quadratmetern Fläche Software für seine Handys und Technik für Mobilnetze entwickeln.

Für Samsung und Vietnam ist dieses Forschungszentrum ein wichtiger Schritt in dem Wandel der sozialistischen Republik zu einer Alternative zum großen Nachbarn China. Mehr als 50 Prozent von Samsungs Smartphones stammen derzeit aus Vietnam. Bei anderen Unternehmen dominiert das Reich der Mitte hingegen noch die globale Produktion von Hightech. Doch je mehr der Technikkrieg zwischen den USA und China eskaliert, desto mehr Konzerne schauen sich nach anderen Produktionsstandorten um.

Ein Beispiel ist Samsungs Erzrivale Apple. Der kalifornische Konzern produziert derzeit mehr als 90 Prozent seiner Produkte in China. Nur wird die Lage mit dem wachsenden Druck der US-Regierung, Chinas technologische Entwicklung zu bremsen, und den Corona-bedingten Problemen mit der dortigen Produktion zunehmend prekär.

Peter Zeihan, ein provokanter amerikanischer Geostratege, der seit über zehn Jahren ein Ende der Hyperglobalisierung vorhersagt, warnt, dass dem iPhone-Hersteller nun Probleme mit seiner Produktion drohen. Apple sei der am meisten von China abhängige Technikkonzern, meint Zeihan. Die Umsiedlung von Fabriken habe vor fünf Jahren, also mit der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump, begonnen und sich vor zwei Jahren mit der Pandemie beschleunigt. Nur bei Apple nicht: "Mit jedem Warnzeichen haben sie ihren Einsatz auf eine China-zentrische Lieferkette verdoppelt, verdreifacht ja vervierfacht.“

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Nun steuert auch Apple um und baut seine Produktion in Vietnam und Indien aus. Die US-Bank JPMorgan sagt voraus, dass Chinas Anteil an Apples Produktion bis 2025 von 95 auf 75 Prozent sinken wird. Vietnam ist bei der Suche nach Alternativen bereits eine beliebte Wahl, angelockt durch niedrigere Löhne und Gehälter, Vietnams Teilnahme an vielen Freihandelsabkommen und einer hilfsbereiten Regierung.

Einer der Pioniere ist der Technikkonzern Samsung, der bereits seit Jahrzehnten systematisch das Feld bestellt. Über Haushaltsgeräte und Fernseher robbte sich der Konzern dann immer weiter die technologische Wertschöpfungskette hinauf. Inzwischen haben die Koreaner 20 Milliarden Dollar in Fabriken investiert und sind damit zum größten ausländischen Investor geworden.

Rund 160.000 Jobs hängen direkt oder indirekt von Samsungs Landesniederlassung ab, die 2021 einen Umsatz von 74 Milliarden Dollar erzielte. Das Engagement in China bauten die Koreaner hingegen ab, besonders nachdem China Südkorea nach der Stationierung eines Raketenabwehrsystems gegen nordkoreanische Raketen wirtschaftlich bestrafte. Und das ist noch nicht das Ende von Vietnams Aufstieg in der globalen Hightech-Lieferkette.

Nun investiert der Weltmarktführer bei Speicherchips weitere 3,3 Milliarden Dollar in einen Teil der Halbleiterproduktion. Es handelt sich um eine Fabrik für Ball-Grid-Arrays, eine Gehäuseform für integrierte Schaltkreise. Gleichzeitig reorganisiert Samsung seine Smartphoneproduktion, um nicht zu abhängig von Chinas Nachbarn zu werden. So richtete der Konzern 2021 sogar in seiner Heimat eine neue Produktionslinie für Handys ein, stärkte den Standort Indien und ergänzt Werke in Indonesien und Brasilien. Das wachsende Engagement anderer Weltkonzerne wird Vietnams Aufstieg allerdings weiter tragen.

(jle)