IT-Sicherheit in Malawi ist auch Kampf gegen Häftlinge

Seite 2: Häftlinge als Täter

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Hinter dem Betrug steckt in der Regel organisierte Kriminalität, weiß Banda. Und die bediene sich dazu häufig Telefonisten, die bereits in Gefängnissen einsitzen. Sie haben schließlich viel Tagesfreizeit, keine legalen Verdienstmöglichkeiten, und schlimmer kann ihre Lage auch kaum werden. Also werden SIM-Karten und Handys in Gefängnisse geschmuggelt.

Zudem sind die Haftanstalten heillos überbelegt, wie Bilder in The Guardian 2016 gezeigt haben. Selbst die Gefängniswärter seien so schlecht versorgt, dass sie ebenfalls auf Hilfe durch Ärzte ohne Grenzen angewiesen sind, hat The Guardian damals berichtet.

Aus Platzmangel müsse ein Großteil der Gefangenen im Sitzen schlafen, hat die örtliche The Times Group 2019 berichtet. Nur wenige, schon lange in einer Massenzelle Inhaftierte, hätten sich einen Platz zum Anlehnen an der Wand verschaffen können. Damals gab die Gefängnisverwaltung in einer Aufstellung für das Parlament an, dass in einem Gefängnis fast die zehnfache Anzahl der Häftlinge festgehalten werde. Insgesamt hatte das Haftsystem demnach damals fast dreimal so viele Insassen wie vorgesehen. Duschen sind seltener Luxus, Seife gibt es keine. Verbunden mit der absurden Überbelegung lässt das Seuchen wie HIV, Krätze und Tuberkulose grassieren.

Also haben es die Banden nicht schwer, in Gefängnissen Telefonisten zu rekrutieren. Für Manche mag solcher Telefonbetrug auch der einzige Weg aus dem Gefängnis sein: Ausländische Häftlinge in Malawi bleiben auch nach Verbüßung ihrer Strafe unbefristet in Haft, bis sie das Geld für Ausweisung und Rücktransport in ihr Heimatland aufbringen. Weil Anwälte rar und teuer sind, hatten die allerwenigsten Häftlinge in ihrem Gerichtsverfahren einen Rechtsbeistand.

Die Digitalisierungskampagne der Regierung hat ihre Schwierigkeiten. 2021 hat sie mit Unterstützung der Weltbank, Südkoreas und der Afrikanischen Entwicklungsbank ein Integrated Financial Management Information System (IFMIS) für Malawis Behörden installiert. Dieses IFMIS soll die Kontrolle über Ausgaben sowie die Transparenz der Finanzgebahrung verbessern. Die Gefängnisverwaltung hat es bis heute aber nicht geschafft, dieses System zu nutzen, wie die Behörde der Zeitung The Nation bestätigt hat. Rechnungen für Strom, Wasser und die sowieso unter jeder Kritik gelieferte "Nahrung" bleiben seither unbezahlt; inzwischen gibt es in den meisten Haftanstalten Malawis überhaupt kein Essen mehr.

Das winzige CERT eines armen Landes kann die Haftbedingungen natürlich nicht verbessern. Es versucht, durch eine nationale Task Force dem grassierenden Mobile-Money-Betrug entgegenzuwirken. Der Task Force gehören neben der Polizei auch die Gefängnisverwaltung, die Mobilfunk-Netzbetreiber, Geldinstitute und die malawische Regulierungsbehörde an.

In dieser Aufnahme aus 2009 meldet ein Mann Ernährungsangaben zu seinem Kind per Handy an die UNICEF

(Bild: evanmwheeler CC BY-SA 2.0)

Letztere hat im Mai strenge Regulierung für die Ausgabe von SIM-Karten ausgearbeitet: Jeder Bürger, der eine SIM-Karte haben möchte, soll sich persönlich und biometrisch ausweisen müssen; die Zahl der SIM-Karten pro Bürger und Netz soll beschränkt werden; wer bereits mehr SIM-Karten hat, soll die überzähligen aufgeben müssen; und die Netzbetreiber sollen dazu verpflichtet werden, ihre Kundendatenbanken für das National Registration Bureau zu öffnen. Damit sollen Malawis Behörden immer sofort sehen können, wem eine bestimmte Telefonnummer gehört.

Das alleine wird nicht reichen. Daher laufen in Radio und Fernsehen Kampagnen, die auf die Gefahren des Social Engineering aufmerksam machen. Gleichzeitig setzt sich Banda dafür ein, dass in Malawi zusätzlich zum mwCERT noch branchenspezifische CERT entstehend, beispielsweise für den Finanzsektor und den Bildungsbereich. Auch beim Gesetzgeber lobbyiert das mwCERT immer wieder, um neue oder veränderte Gesetze zu bewirken.

Neuerdings organisiert Bandas Organisation selbst Fortbildungen, um grundlegendes Verständnis für IT-Straftaten zu verbessern. Im Dezember richtete das mwCERT das erste Training für Polizisten aus, im Februar gab es eine Veranstaltung für die wenigen Richter, Staatsanwälte und Anwälte, die Malawi hat. Das Interesse sei da, auch der höchste Richter des Landes habe teilgenommen, erzählte Banda im Gespräch mit heise online.