Illegale Inhalte im Netz: Das NetzDG und die "Kooperation" der Plattformen

Seite 3: Weitere Probleme der Rechtsverfolgung

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Trotz des aktuellen Fokus auf dem NetzDG sollte nicht vergessen werden, dass die Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken auch aus anderen Gründen problematisch ist. Das NetzDG betrifft nur bestimmte rechtswidrige Inhalte – nämlich einige Straftatbestände. Bürger und Unternehmen haben aber auch andere nicht strafbare Anliegen, für die es eines effektiven Rechtsschutzes bedarf.

Wie schon erwähnt, neigen Netzwerke dazu, nach ihren eigenen Nutzungsbedingungen zu sperren und zu löschen – darauf ist das NetzDG nicht anwendbar. Ansprüche, die gegen die Plattform gerichtet sind, müssen daher weiterhin nach Irland zugestellt werden. Die Plattformen müssen nämlich einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten nur für Ansprüche aus dem NetzDG und dem Medienstaatsvertrag (MStV) benennen.

Wie schwierig es für Behörden sein kann, Plattformen habhaft zu werden, die sich der Kooperation entziehen, zeigt sich in den letzten Wochen an dem Dienst "Telegram". Ansässig in Dubai, entzieht sich der Messenger der deutschen Rechtsdurchsetzung. Es laufen daher Bußgeldverfahren gegen das Netzwerk, deren Bescheide nicht zugestellt werden können. Nunmehr ist eine öffentliche Zustellung geplant und es soll herausgefunden werden, an welchen Bankkonten vollstreckt werden könnte. Ein Kontakt zum Betreiber konnte schon hergestellt werden.

Zwar bezweifeln einige, ob das NetzDG auf Telegram überhaupt anwendbar ist. Für sie steht der angebotene Messenger im Vordergrund. Die App zeichnet sich aber durchaus auch durch eine Broadcasting-Funktion samt öffentlicher Kommentarbereiche aus, die typisch für soziale Netzwerke sind. Jedenfalls partiell dürfte daher von einer Anwendbarkeit ausgegangen werden können. Auch für weitere Ansprüche ist es aber essenziell, dass sie gegenüber Telegram und den dortigen Nutzern durchgesetzt werden können.

Derzeit hängt es eher vom Zufall ab, ob Bürger oder staatliche Stellen gegen dortige Rechtsverletzungen effektiv vorgehen können – entscheidend ist nämlich, ob Rechtsverletzer ohne Mithilfe der Plattform identifiziert werden können.

Rechtsstaatliche Mittel, um Plattformen zu sperren, stehen dabei grundsätzlich als letzte Mittel zur Verfügung. Sie werden etwa gegen Porno- und Streamingseiten bereits eingesetzt. Technische Umgehungsmöglichkeiten und Nutzerwanderungen auf andere Plattformen, die sich der Regulierung entziehen, kann jedoch auch damit nicht vorgebeugt werden.

Die Regulierung sozialer Netzwerke ist Daueraufgabe. Sie wird auch in Zukunft noch viele Überraschungen bereithalten und Diskussionen befeuern. Dass nunmehr die Strafverfolgung im Netz Fahrt aufnimmt, ist zu begrüßen. Ebenso, dass dies auf personeller Ebene in den Behörden unterstützt wird. Ob sie auch entlang der Vorgaben des NetzDG erfolgen wird, bleibt abzuwarten. Umso erwartungsvoller können die genannten Klagen der Plattformen beobachtet werden. Angesichts der hochkomplexen Rechtsfragen, der absehbaren Vorlage an den EuGH sowie dem Gang durch die Instanzen ist in naher Zukunft allerdings keine abschließende Antwort zu erwarten.

(tiw)