Jobs in der Autoindustrie: Der Data Specialist

Bei einer Chassis-Entwicklung fallen reichlich Daten an. Ein Data Specialist wertet diese aus, damit sie in wirtschaftliche Entscheidungen einfließen können.

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Von
  • Clemens Gleich

Die Autoindustrie und auch ihre Zulieferer befinden sich mitten in einem disruptiven Wandel. Allein schon der Wechsel vom Verbrennungs- auf den Elektromotor wird eine der Schlüsselindustrien fundamental verändern, auch und gerade in der Arbeitswelt. Zahlreiche Jobs werden entfallen, gleichzeitig neue entstehen und viele sich verändern. In einem Themenschwerpunkt wollen wir Arbeitsplätze in der Autoindustrie und ihren Zulieferern beleuchten, die es vor ein paar Jahren in dieser Form noch nicht gab, aber in den nächsten zehn Jahren an Bedeutung zunehmen werden. Firmen werden sich, noch stärker als aktuell schon, auf die Suche nach entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern machen. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt dürften exzellent sein.

Serkan Özdemir sammelt Daten vor allem vom Chassis der S-Klasse bei Mercedes-Benz, bereitet sie auf, analysiert sie und präsentiert sie für die wirtschaftlichen Entscheidungen zum Produkt. Er ist langjähriger Mitarbeiter und hat sich über einen Zeitraum von über 20 Jahren vom Fertiger in der Produktion bis hin zu seinem heutigen Job als Datenspezialist in der modernen Factory 56 in Sindelfingen weiterentwickelt. Er hat also in seinem eigenen Arbeitsleben den Wandel der Automobilindustrie mit vollzogen. Bei solchen Weiterbildungen hilft die Erfahrung aus dem bisherigen Job und dem Leben in der Firma, weil es den neuen Aufgabenbereichen Kontexte gibt, die Neueinstellungen so nicht mitbringen können.

Was ist der Kern des Jobs?

Als Data Specialist in der Entwicklungstechnik der S-Klasse dreht sich bei mir alles um Zahlen, Daten und Fakten der Fahrwerksprüfung, die ich sammle, digital aufbereite, analysiere und für Entscheidungsprozesse zur Verfügung stelle.

Was sind die typischen Aufgaben darin?

Ich validiere Messwerte von Fahrwerksprüfungen, integriere sie in spezielle Analysetools und werte sie mithilfe statistischer Methoden aus.

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Worin besteht die Besonderheit des Jobs?

Der Job ist sehr anspruchsvoll, da das Themenfeld so komplex ist. Im Kern geht es um die Analyse großer Datenmengen. Um die Messwerte einer Fahrwerksprüfung allerdings richtig interpretieren zu können, muss man auch die jeweils zugrundeliegenden elastokinetischen Bedingungen bei der Prüfung verstehen – also zum Beispiel, ob die Fahrzeughöhe richtig kalibriert und die Fahrzeugspur richtig eingestellt wurde. Im Prinzip geht es an diesem Prüfstand darum, sicherzustellen, dass das Auto einwandfrei um die Kurve kommt.

Was bedeutet die Stelle im Mercedes-Benz-Konzern?

Mit meiner Arbeit trage ich dazu bei, die Datenbasis für technische Fragestellungen zu schaffen. Konkret heißt das, dass bei unserer Mercedes-Benz S-Klasse das Fahrwerk mit höchster Präzision eingestellt werden kann.

Kunden fahren die S-Klasse gern selber. Dazu muss sie gut fahren. Andere Kunden lassen sich gern fahren. Dazu muss sie komfortabel sein. Ob die vielen Anforderungen an ein Fahrwerk erfüllt werden, findet auch die Datenanalyse heraus.

(Bild: Mercedes-Benz)

Wie bist du in diesen Job gekommen?

Ich habe vor 21 Jahren als Fertiger in der Produktion begonnen. Da ich mich auch privat sehr für digitale Themen und Programmierung interessiere, hatte ich schon länger versucht, mich auf Stellen zu bewerben, bei denen ich genau dieses Interesse auch beruflich verwirklichen kann. Über ein internes Umschulungsprogramm für Mitarbeitende aus der Produktion in digitale neue Jobprofile (D.SHIFT) hat sich dann die Chance für eine entsprechende Weiterentwicklung ergeben. Parallel zu meinem bisherigen Job habe ich mich in einer elfmonatigen Umschulung qualifiziert. Währenddessen hatte ich im Rahmen von Praxisprojekten vielfältige Möglichkeiten, Praxiserfahrungen zu sammeln. Heute arbeite ich nach wie vor im Produktionsumfeld, allerdings als Datenspezialist in der Factory 56, einem der modernsten Werke von Mercedes-Benz. Das nenne ich Transformation.

Welche Ausbildung(en) brauchen Leute, die sich für den Job interessieren?

Bei D.SHIFT können sich alle Produktionsmitarbeitenden mit Interesse an digitalen Themen melden. Meine digitale Affinität wurde dann anhand einer digitalen Challenge überprüft. Für die Umschulung sollte man gute Grundkenntnisse in Englisch mitbringen, da die gesamte Qualifizierung auf Englisch ist. Das fand ich persönlich besonders klasse, wenn man bedenkt, dass die Programmiersprachen und Tools alle Englisch sind.

Speziell für meinen neuen Job benötigt man mindestens eine technische Ausbildung und Fortbildung im Maschinenbau oder KFZ-Bereich, sowie eine Qualifizierung im Datenanalysebereich. Hierfür war es gut, dass ich eine technische Ausbildung und Erfahrung im Produktionsumfeld habe. Die Umschulung zum Datenspezialist habe ich dann entsprechend intern absolvieren können.

Welche Interessen sollte man haben, um den Job motiviert machen zu können?

Meiner Meinung nach benötigt man eine sehr große Affinität zu Daten, Genauigkeit und eine gehörige Portion Leidenschaft dafür, Zahlen zu analysieren und zu interpretieren. Weiterhin braucht es ein sehr großes Interesse am Produkt selber, an dessen Produktion man beteiligt ist. Und natürlich Freude an Kommunikation, um sich mit allen beteiligten Abteilungen eng auszutauschen.

Vervollständige den Satz für Interessierte an diesem Job: "Um hier einen Platz zu finden, brauchst du …"

... den Mut, als Produktionsmitarbeiter neue Wege im Rahmen der digitalen Transformation zu gehen und die Überzeugung, dass nichts unmöglich ist, wenn man sich verändern möchte.

(cgl)