Debatte über nachhaltige Energie: Wie viel Erdgas ist künftig nötig?

Seite 2: Erdgas ist nicht gleich Erdgas

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Wer in dieser Debatte recht hat, ist schwer zu entscheiden. Schließlich ist jedes dieser Szenarien mit einem ganzen Bündel an Annahmen versehen: Strommix, Ausbau des Netzes, alternative Speichermöglichkeiten, Stromverbrauch und so weiter.

Was die Sache zusätzlich kompliziert macht: Erdgas ist nicht gleich Erdgas. Unstrittig ist zwar, dass Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, bei seiner Verbrennung deutlich weniger CO2 ausstößt als andere Kohlenwasserstoffe oder als Kohle. Das liegt an seiner chemischen Zusammensetzung: Bei einem Methan-Molekül (CH4) kommen vier Wasserstoffatome auf ein Kohlenstoffatom. Zudem lässt sich Erdgas in modernen Kraftwerken in zwei Stufen verstromen: Zunächst durch eine Gasturbine, deren Abwärme anschließend eine Dampfturbine antreibt. Das erhöht die Effizienz. Stoßen Kohlekraftwerke im Schnitt rund 1000 Gramm CO2 pro Kilowattstunde aus, sind es bei Erdgas nur gut 400 Gramm.

Noch nicht darin eingerechnet sind allerdings die Vorkettenemissionen – also der Energieverbrauch bei Gewinnung und Transport sowie die Klimaschäden, die durch entweichendes Methan bei Förderung und Transport entstehen. Besonders gravierend sind diese, wenn das Erdgas zum Transport mit Tankschiffen noch verflüssigt werden muss ("Liquified Natural Gas", LNG). Als Faustregel hat das Umweltbundesamt formuliert: "Die Vorkettenemissionen von LNG fallen bei gleichen Herkunftsländern typischerweise höher aus als die von Pipeline-Gas."

So kann etwa australisches Fracking-Gas, das als LNG verschifft wird, einen mehr als sieben Mal so großen CO2-Fußabdruck haben wie konventionelles Pipeline-Gas aus Norwegen. Trotzdem seien die Gesamtemissionen von LNG in der Regel aber "geringer als die von erdöl- und kohlebasierten Energieträgern", so das UBA.

Just auf LNG ruhen aber große Hoffnungen der Transportbranche – gerade dort, wo eine hohe Reichweite gefragt und die Elektrifizierung entsprechend schwierig ist: Langstrecken-Lkw, Fracht- und Kreuzfahrtschiffe. Bei komprimiertem Erdgas ("Compressed Natural Gas", CNG), wie es beispielsweise in Pkws und leichte Lkws getankt werden kann, ist die Energiedichte nicht ganz so hoch, aber dafür sind die Vorkettenemissionen geringfügig besser, da die energieaufwendige Verflüssigung entfällt.