Kernel-Log: Fehlerbeseitigung und Qualitätssicherung

Wohl speziell für einen Firmenkunden hat ein Red-Hat-Entwickler kürzlich einen Fehler im Intel-Grafiktreiber beseitigt, der zahlreiche Besitzer von Systemen mit 945GM-Chipsatz bereits seit Jahren plagt. Derweil appellierte Theodore 'tytso' Tso kürzlich in einer Diskussion auf der LKML, dass Anwender bei Fehlerbeseitigung und Qualitätssicherung eine Eigenverantwortung tragen und selbst aktiv werden müssen.

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Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis
Inhaltsverzeichnis

Wie Entwickler verschiedener Firmen am Kernel zusammenarbeiten, was Support-Verträge mit Linux-Distributoren nutzen und wie kommerzielle Interessen die Linux-Entwicklung und Fehlerbeseitigung beeinflussen, lässt sich aus dem Umfeld einer kürzlich für den Kernel 2.6.35 aufgenommenen Änderung erkennen. Sie stammt von dem bei Red Hat beschäftigten DRM-Subsystem-Verwalter Dave Airlie und soll Stabilitätsprobleme und Abstürze beseitigen, die auf vielen Systemen mit Intels 945GM auftreten können – diese Chipsätze hat Intel 2006 eingeführt, sie stecken vornehmlich in Notebooks.

Die Problematik war den Entwicklern seit Jahren bekannt, denn zahlreichen Anwender haben die Probleme gemeldet (u. a. 1). Wie Airlie in seiner Bitte um Aufnahme des Patches ("Git-Pull-Request") dieser und andere Korrekturen für das DRM-Subsystem andeutet, habe es nun jedoch eine "Enterprise Reason" gegeben, sich dem Problem zu widmen – vermutlich ist also ein Red-Hat-Kunde über den Fehler gestolpert und hat auf eine Korrektur gedrängt. Dem Commit-Kommentar ist zu entnehmen, dass es Airlie "nur eine Woche und zahlreiche gerupfte Haare" gekostet hat, die Ursache auf einem Thinkpad T60 nachzustellen und durch einen Zehnzeiler zu beseitigen. Intel war nicht ganz unbeteiligt, denn Intel-Mitarbeiter Keith Packard steuerte einen Patch bei, der einige der von Airlies Codeerweiterungen verwendeten Register dokumentiert.

Das Linux keineswegs kostenfrei sei und man häufig Zeit oder Geld investieren müsse, war kürzlich auch die Kernaussage von Linux-Urgestein Theodore 'tytso' Tso in einer LKML-Diskussion, deren Auslöser eine Beschwerde über mangelnde Qualität und Qualitätssicherung war (1, 2). Mit Aussagen wie "Scratch your own itch" ("Kratz das eigene Jucken") und "There ain't no such thing as a free lunch." (TANSTAAFL / "So etwas wie ein kostenloses Mittagessen gibt es nicht") versucht Tytso dort zu unterstreichen, dass diejenigen, die im Besitz einer bestimmten Hardware sind, dafür sorgen müssen, dass diese funktioniere.

Um herauszufinden, ob nach Änderungen am Kernel ein Gerät genauso gut arbeitet wie zuvor, müsse der Anwender es daher ausprobieren. Dies solle idealerweise bei der dritten oder vierten Vorabversion einer neuen Kernel-Version passieren, denn je später jemand die Hardware testet und einen Fehler berichtet, desto später würde er auch korrigiert. Er führt das noch detaillierter aus und zeigt auf, dass man auch jemanden bezahlen kann, der im Gegenzug sicherstellt, das alles funktioniert. Abschließend sagt er, es sei nicht angemessen zu fordern, die Linux-Kernel von Kernel.org müssten stabiler werden, wo es sich doch um ein rein von Freiwilligen getragenes Projekt handle ("But demanding that kernel.org become "more stable" when it is supported by purely volunteers is simply not reasonable.")