LNG und grüner Wasserstoff: Warum der Notfallplan eine große Zukunftschance ist

Ein Interview mit Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies über Deutschlands erstes LNG-Terminal, künftige Gaspreise, grünes Gas und die Vorteile der Krise.

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(Bild: r.classen / Shutterstock.com)

Lesezeit: 17 Min.
Inhaltsverzeichnis

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) sieht in dem Bau von Flüssigerdgas-Terminals keineswegs einen Rückschritt bei der Energiewende. Für den Standort des ersten LNG-Anlandepunkts in Wilhelmshaven gibt es schon lange Pläne für eine Wasserstoff-Energiedrehscheibe. Im Gespräch mit heise online erklärt der 55-Jährige, wie der Umstieg von fossilem auf grünes Gas schnell gelingen kann, warum das für die Verbraucher gut ist und warum selbst die Energiekonzerne ein großes Interesse daran haben sollten, schnell umzusteigen.

Herr Minister, vor einem Jahr war das Land noch in der komfortablen Lage, den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen mit grünem Wasserstoff zu planen. Jetzt sorgen sich viele, ob und wie wir über den Winter kommen und der Staat nimmt an Gas, was er kriegen kann. Es hat den Anschein, als wenn die drohende Gaskrise die Energiewende in Vergessenheit geraten lässt. Besteht diese Gefahr?

Olaf Lies: Ich glaube, dass es eher umgekehrt ist. Der Druck, zu erkennen, dass diese Abhängigkeit von fossiler Energie uns belastet, ist deutlich spürbar – übrigens ein aus meiner Sicht sehr konstruktiver Druck. Die Bereitschaft für erneuerbare Energien im Strombereich, also Windenergie und Solarenergie, nimmt richtig zu. Auch die Ausbauziele, die wir uns gesetzt haben, sind höher als vorher. Und das Gleiche gilt auch für den Gassektor. Wenn wir in die Zukunft blicken, werden wir erneuerbare Energien auch importieren müssen. Das wird in Zukunft grünes Gas sein. Wir haben uns in Deutschland bisher unglaublich schwer damit getan, dafür Infrastruktur zu schaffen. Das, was wir jetzt machen, ist wie ein Sprungbrett. Es geht alles viel schneller. Wir bauen Infrastruktur wie die LNG-Terminals zwar erst mal für fossiles Gas. Aber genau die gleiche Infrastruktur und genau die gleichen Schiffe können morgen auch grünes Gas importieren. Wenn wir es richtig machen, dann könnte das sogar ein Booster für den Klimaschutz und den Ausbau der erneuerbaren Energien sein.

Beim LNG-Terminal in Wilhelmshaven geht es bislang gut voran: Schnelle Genehmigungen, die Pipeline-Rohre treffen auch schon ein. Wird der Zeitplan mit der Inbetriebnahme zum Jahresende zu halten sein?

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD)

(Bild: Nieders. Umweltministerium)

Im Moment sind wir voll im Zeitplan und ich denke, dass wir den Plan auch weiter halten können. Wir prüfen ständig, wo wir gerade stehen. Der Stichtag für das erste Einlaufen eines Schiffes ist der 21. Dezember. Das Ziel ist, hierfür Mitte Dezember fertig zu sein. Sowohl, was den Ausbau des Anlegers und der Pipeline angeht, als auch die Genehmigung für das Regasifizierungsschiff "Esperanza", also die FSRU (Floating Storage and Regasification Unit), sind wir voll im Zeitplan. Wichtig ist natürlich, dass am Ende wir nicht nur den Anleger fertig haben und die Floating Unit dort liegt, sondern dass dann auch das erste Schiff mit Gas kommt, sodass wir die Terminalstruktur wirklich nutzen können.

Kritiker sagen, dass LNG-Schiffe und auch Lieferanten fehlen. Ist der Weltmarkt denn überhaupt auf den steigenden LNG-Bedarf eingestellt?

Natürlich ist das am Ende auch eine Preisfrage. Das wissen wir, glaube ich, alle. Derjenige, der mehr bezahlt, bekommt das Gas. Das ist nicht ganz ohne, weil es eine Wettbewerbssituation geben wird. Aber wenn wir uns den Weltmarkt für LNG ansehen, dann ist der stetig gewachsen. Wir haben Regionen, die sich schon über Jahre ausschließlich über LNG versorgen, weil es gar keine Pipelineverbindungen gibt. Wir sehen aus den Gesprächen, die wir vor einigen Jahren schon mit Katar geführt haben und die jetzt auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geführt hat, dass die exportierenden Länder ein großes Interesse haben, ihr Geschäft zu erweitern. In der Regel war es so, dass der LNG-Markt eher ein Spekulationsmarkt war, jetzt entwickelt er sich viel mehr zu einem Versorgungsmarkt. Die Schiffsinfrastruktur ist da und sie wird sich weiterentwickeln. Derjenige, der heute ein Transportschiff für LNG baut, kann damit morgen mit dem gleichen Schiff auch aus grünem Wasserstoff entstandenes grünes Methan verflüssigt transportieren. Da ist natürlich ein großes Zukunftsinteresse da und das gibt auch Sicherheit für die eigene Investition.

In welchem Umfang kann LNG die drohende Gasknappheit entschärfen?

In den vergangenen Jahren kamen rund 50 Prozent des Erdgases über die Pipeline aus Russland. Das ist durch die Liefermengenbegrenzung Russlands schon etwas minimiert worden. Aber bleiben wir mal ruhig bei dieser Größenordnung. Dann können wir mit einem Terminal, das wir bauen, ungefähr 15 bis 20 Prozent des russischen Gases ersetzen. Mit den jetzt geplanten vier Terminals wären wir in der Lage, 80 Prozent des russischen Gases zu ersetzen. Und das sind ja schon mehr Mengen, als wir heute mit reduzierter Pipeline-Leistung aus Russland bekommen. Zu den vier Terminals zählen das in Bau befindliche in Wilhelmshaven, eines in Brunsbüttel, eines in Stade und eines in Lubmin. Sollte Lubmin nicht rechtzeitig fertig werden, haben wir dem Bund außerdem einen weiteren, perfekt geeigneten Standort in Wilhelmshaven angeboten. Wenn diese bis Herbst nächsten Jahres in Betrieb gehen, wären wir in der Lage, die Gasmengen über LNG zu importieren, die wir eigentlich noch aus Russland hätten bekommen müssen.

Baustelle für das erste LNG-Terminal Deutschlands in Wilhelmshaven (Niedersachsen)

(Bild: mki / heise online)

In anderen EU-Staaten sind die Terminalkapazitäten aber noch gar nicht ausgeschöpft. Warum braucht Deutschland trotzdem ein Terminal?

Die Terminals waren nicht ausgelastet, weil sie vorwiegend spekulativ eingesetzt wurden – sie waren nur eine Abnahmemöglichkeit. Wenn es woanders mehr Geld gab, hat man das Flüssigerdgas woanders hingebracht. Jetzt geht es um Versorgungskapazitäten. Das sehen wir auch, wenn wir die LNG-Terminals im europäischen Ausland ansehen. Die sind jetzt schon nahezu ausgebucht. Zudem ist die Transportkapazität nach Deutschland begrenzt – wir bekommen ja aus den Niederlanden schon heute viel Gas, vor allem L-Gas. Es darf außerdem nicht vergessen werden, dass ganz Europa 40 Prozent seines Erdgases aus Russland bezieht. Und deshalb reichen die Kapazitäten für den Import von fossilem Gas in Europa derzeit an keiner Stelle aus.

Das eine ist die Versorgungssicherheit – das andere die Bezahlbarkeit von Energie: Was macht LNG mit dem Preisniveau? Werden die Preise für die Verbraucher künftig dauerhaft so hoch bleiben, weil LNG auch technikbedingt eine teurere Importtechnik ist? Oder gibt es mit Blick auf grünen Wasserstoff die Chance, dass die Preise wieder sinken?

Das fossile Gas wird – gerade wenn es keinen Bezug zu Russland mehr gibt und sehr viel über die Lieferkette LNG gemacht wird – teurer sein, als es früher war. Jetzt haben wir gerade eine Preisentwicklung, in der sogar fast das Siebenfache am Spotmarkt verlangt wird. Das ist eine völlig unnatürliche Entwicklung, hat nichts mit den Kosten zu tun und liegt weit über dem, was LNG-Gas normalerweise kostet. Ich gehe aber davon aus, dass das fossile Gas in Zukunft trotzdem auf einem höheren preislichen Niveau liegen wird, als es in der Vergangenheit der Fall war – das Thema CO₂-Preis kommt ja noch dazu. Das eröffnet allerdings eine Chance, wenn man sich ansieht, unter welchen Bedingungen man mit dem Bau kluger Strukturen an den richtigen Stellen der Welt grünes Gas herstellen kann. In sonnenreichen Ländern kann für unter 1 Cent pro Kilowattstunde grüner Strom mit Photovoltaikanlagen erzeugt werden. Selbst mit einem Wirkungsgrad von 50 Prozent kostet die Herstellung von Wasserstoff unter diesen Bedingungen 2 Cent. Wenn der Wasserstoff dann noch methanisiert und zum Transport vorbereitet wird, sind wir vielleicht bei 4 oder 5 Cent. Und dann sind wir bei einem Preis, der deutlich unterhalb dessen liegt, was wir nicht nur heute, sondern schon seit längerer Zeit für fossile Energie bezahlen. So ähnlich erleben wir es heute schon bei Strom aus erneuerbaren Energien. Das war vor wenigen Jahren noch undenkbar.

Wir kommen in Deutschland aus einer Situation großer Abhängigkeit von einem Lieferanten. Schaffen wir mit LNG nicht neue Abhängigkeiten?

Ich halte das für eine ganz entscheidende Grundlage all der Dinge, die wir jetzt machen, dass wir aus der 50-Prozent-Gasabhängigkeit von Russland nicht in die nächste Abhängigkeit von einem anderen Staat kommen. Der Vorteil einer Pipelineverbindung war: Sie ist unglaublich günstig. Der Nachteil ist: Wenn auf der einen Seite nichts mehr kommt, kann auf der anderen Seite auch nichts mehr ankommen. Das LNG-Terminal liefert uns die Möglichkeit, aus vielen Teilen dieser Welt Gas zu beziehen. Wir werden also allein von der Infrastruktur her unabhängiger, denn die Schiffe können das Gas genauso aus Australien holen wie aus Amerika oder dem Nahen Osten. Das noch Spannendere ist aber dabei: Wir sprechen dann auch über den Import von methanisiertem grünen Wasserstoff. Der kann aus ganz neuen Ländern kommen, die keine Bodenschätze wie Öl und Gas haben, aber reichlich Sonne oder Wind und damit zu Energieproduzenten werden. Das diversifiziert die Möglichkeit für uns, Energie zu beziehen, noch einmal ganz erheblich.

Also eine deutliche Verbesserung?

Wenn man noch einen Schritt weiterdenkt, dann ist es unser Ziel in Deutschland, dass die Energie im Jahr 2040 gänzlich klimaneutral ist. Aus Modellrechnungen wissen wir, wie viel Wind und Sonne in Deutschland erzeugt werden können und wie viel Strom und Wasserstoff eine Energie- und Industrienation wie Deutschland benötigt. Wir werden auf Dauer einen deutlich sinkenden Energiebedarf haben – von heute 2500 Terawattstunden auf vielleicht 1800. Damit kann Deutschland den überwiegenden Teil der Energie mit Offshore- und Onshore-Wind sowie Photovoltaik selbst erzeugen. Es werden am Ende laut Studien 30 Prozent bleiben, die wir importieren müssen. Zum Vergleich: Heute importieren wir über 80 Prozent. Und diese 30 Prozent werden vor allem grünes Gas und grüner Wasserstoff sein. Wir sprechen von einer Größenordnung von 400 bis 500 Terawattstunden. Das ist genau die Importkapazität, die wir heute mit den vier Terminals, die geplant sind, bauen. Anhand der Daten ist zu sehen, dass das, was wir jetzt machen, notwendig ist, um kurzfristig nicht nur das fossile Gas, sondern eben auch mittelfristig das grüne Gas zu importieren.

Ankunft der Rohre für den Bau der Pipeline vom LNG-Terminal in Wilhelmshaven zum Erdgasfernnetz

(Bild: OGE)

Das LNG-Beschleunigungsgesetz schreibt den Umstieg auf Wasserstoff erst in knapp 25 Jahren vor. Die Deutsche Umwelthilfe behauptet, dass eine Umrüstung von LNG-Terminals zur Nutzung mit Wasserstoff technisch gar nicht möglich sei. Nötig sei dann ein Neubau. Ist das Wasserstoff-Versprechen wirklich einzuhalten?

Andere Projekte zeigen uns: Wasserstoff, der irgendwo auf der Welt günstig erzeugt wird, verflüssigt zu transportieren, ist viel zu kostenintensiv. Man müsste ihn dafür sehr weit herunterkühlen und kann nur sehr wenig davon transportieren. Wenn man den Wasserstoff besser transportieren will, dann macht man in einem technischen Verfahren aus dem Wasserstoff Methan, also CH4 – genau das, was Erdgas ist – oder man macht Ammoniak daraus. Und dieses Methan verflüssigt man, weil es so besser zu transportieren ist. Damit ist der grüne Wasserstoff – methanisiert und verflüssigt – das gleiche Molekül wie das, was ich heute aus der Erde hole. Und deshalb ist die Infrastruktur, die wir heute bauen, sowohl die der Terminals als auch die der Schiffe, auch für die Zukunft geeignet, wenn am Ende grüner Wasserstoff herauskommen soll. Das ist auch die Chance, die wir haben, damit der Umstieg auf grünen Wasserstoff nicht bedeutet, dass man erst mal neue Schiffe und Terminals bauen muss. Die gleichen Anlagen zu nutzen, ermöglicht es zudem, erst mal mit 20 Prozent grünem Wasserstoff zu beginnen und später bei 100 Prozent anzugelangen.

Also ein fließender Übergang?

Genau. In theoretischen Diskussionen ist es oft so, dass ein Übergang auf grünen Wasserstoff von heute auf morgen gefordert wird. Aber solange wir den nicht kaufen, wird den keiner produzieren. Und wenn wir warten, bis jemand ihn ausreichend produziert, was ist das dann mit der Übergangszeit? Die Lösung mit dem grünen Methan erlaubt es uns, dass wir schrittweise und nicht erst in 25 Jahren umsteigen können. Schon in fünf Jahren könnte der erste Anteil des importierten Gases grün sein. Und in den Jahren darauf, bis 2040, wird komplett umgestellt. Es wird nicht ein Schalter sein, den man umlegt, sondern es wird ein fließender Prozess sein.

Sofern die private Energiewirtschaft, die diese Anlagen betreibt, denn mitspielt. Hat diese denn überhaupt ein Interesse daran, auf grünes Gas umzustellen? Müsste der Zeitplan für Wasserstoff nicht konkreter festgeschrieben werden?

Natürlich braucht es dafür ordnungspolitische Leitplanken. Das haben wir ja unter anderem mit dem CO₂-Preis. Der CO₂-Preis wird eine erhebliche lenkende Wirkung haben. Wir sehen das gerade an der Stahlindustrie, die komplett umsteigt von ihrer Produktion mit Koks auf grünen Wasserstoff als Ziel und im Übergang mit fossilem Gas arbeitet. Das passiert, weil der CO₂-Preis die lenkende Wirkung für den Umstieg hat. Und der CO₂-Preis wird dafür sorgen, dass das fossile Gas weiterhin teurer wird, während das grüne Gas – auch durch Weiterentwicklungen – immer günstiger wird. Der Marktpreis wird dafür sorgen, dass es viel lukrativer wird – unter anständigen Bedingungen – auf der Welt grünen Wasserstoff und damit grünes Methan herzustellen. Und das wird im Wettbewerb sogar günstiger sein als fossiles.

Dagegen dürften Umweltverbände ja eigentlich nichts haben. Im Moment könnten sie den ambitionierten Zeitplan aber erst mal ins Wanken bringen. Sie wollen sich persönlich für den Dialog einsetzen. Gibt es schon erste Ergebnisse?

Wir hatten vor Kurzem ein jährliches Gespräch mit den Umweltverbänden in meiner Funktion als Vorsitzender der Umweltministerkonferenz der Länder. Zum ersten Mal gab es einen echten Dialog, in dem wir offen über diesen Konflikt gesprochen haben. Und das ist auch notwendig, denn es geht ja beim Ausbau der erneuerbaren Energien mit Blick auf Artenschutz um ganz Ähnliches. Politik und Verbände haben vereinbart, dass wir jetzt nicht mehr einmal im Jahr zwangsweise als Pflicht zusammenkommen, sondern dass wir den Dialog gleich nach der Sommerpause fortsetzen und ins Detail einsteigen. Ich habe großes Verständnis, dass die Verbände ihrer Rolle und Aufgabe gerecht werden und hinterfragen, was wir da tun und in welcher Geschwindigkeit wir es tun. Das ist die notwendige Funktion, die Umweltverbände haben. Auf der einen Seite bremsen sie, dass wir nicht übers Ziel hinausschießen, auf der anderen Seite erkennen wir aber auch, dass die Umweltverbände im Moment ein ganzes Stück respektieren, dass das, was wir machen, notwendig ist. Und wir haben umgekehrt die Aufgabe, viel besser zu erklären, was wir eigentlich vorhaben. Im besten Falle entsteht so ein gemeinsamer Weg, wie wir das in Niedersachsen mit dem Niedersächsischen Weg für Umwelt- und Artenschutz zusammen mit der Landwirtschaft auch geschafft haben. Es war ein mühseliger Prozess, mit ganz vielen Gesprächen und Diskussionen, aber einem einstimmigen Beschluss des Landtages am Ende – und genauso muss das hier auch sein.

Ganz am Anfang sprachen wir über das schon vor dem Ukraine-Krieg festgelegte Ziel Niedersachsens, Wasserstoffland Nummer 1 zu werden. Hat die Weltlage das Erreichen des Ziels vielleicht sogar vereinfacht? Oder muss über Flüssigerdgas ein eigentlich nicht geplanter, ziemlich großer Umweg genommen werden?

Der schlimme Angriffskrieg mit all den Auswirkungen für die Menschen in der Ukraine, aber auch mit spürbaren Auswirkungen bei uns, beschleunigt den Prozess, unabhängig zu werden. Die beste Form der Unabhängigkeit ist die erneuerbare Energie, weil wir dann keine Rohstoffe mehr brauchen. Eng verbunden damit ist auch die Frage des grünen Wasserstoffs, den wir – wenn ich an Wilhelmshaven denke – dort nicht nur importieren, sondern auch selbst erzeugen wollen, weil dort eine große Menge erneuerbarer Strom ankommt. Wir wollen dort zusammen mit dem Import von grünem Wasserstoff und der Speicherung in den Kavernen in der Region die Energiedrehscheibe 2.0 entwickeln – ein Tor für erneuerbare Energie für ganz Deutschland. Die Notwendigkeit, sich nicht weiter auszuruhen auf dem fossilen Gas, weil es verlässlich kommt und so schön billig ist, erhöht auch die Geschwindigkeit einer echten und als Chance begriffenen Transformation hin zu grünem Strom, grünen Gas und damit zu echtem Klimaschutz. Das ist diese konstruktive Form des Drucks. Aber es ist gleichzeitig erschütternd, dass erst ein Krieg, unter dem die Menschen in der Ukraine so sehr leiden, bei uns das Verständnis erhöht, dass wir selbst agieren müssen. Bislang sahen Teile der Gesellschaft jedes Windrad am Horizont eher als Horizontverschmutzung oder sprachen von Verspargelung der Landschaft. Das sind für mich Begriffe aus der Vorkriegszeit. Vielleicht ist es so, dass auch wir jetzt in großen Teilen begriffen haben: So geht es nicht weiter. Und die Erneuerbaren werden jetzt zu einem Symbol für Frieden und Freiheit.

(mki)