Maschinenethiker: "Unmoralische Maschinen gehören zu meiner ethischen Arbeit"

Seite 3: "Was da in die Welt kommt, werden wir nicht aufhalten können"

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Die Open AIs dieser Welt behaupten ja, sie würden eine unethische Nutzung ihrer Software ausschließen. Nun kommen aber immer mehr dieser Modelle in die Welt, die auch missbraucht werden könnten. Wie sollten wir damit umgehen?

Ich halte die Missbrauchsgefahr für realistisch. Es wird verschiedene Interessengruppen geben, die mit Generative AI experimentieren, und das dazu verwenden, Halbwahrheiten oder Unwahrheiten zu produzieren. Was da in die Welt kommt, werden wir nicht aufhalten können. Eine Antwort darauf ist natürlich Informations- und Medienkompetenz. Also Menschen beizubringen, diesen Output sehr gut zu beurteilen.

Ich hatte letzte Woche ein Wahlmodul zu sozialen Robotern, und es haben sich mehrere Studenten gemeldet, die gesagt haben, sie benutzen ChatGPT schon für Arbeiten, legen es aber nicht offen. Und sie sagen, es hilft ihnen bei der Ideenfindung und wenn sie schnell etwas aufs Papier bringen müssen. Ihre Arbeit, ihre Kompetenz ändert sich damit. Sie müssen redigieren und sie müssen strukturieren. Das macht das Tool noch nicht in genügender Weise. Und sie müssen dann beurteilen: Ist das wahr oder falsch? Nur ist meine Befürchtung wieder, dass die Zeit dazu oft nicht ausreicht, dass man schnell was liefern muss. Und das wäre schlecht. Das würde das befördern, was ich am Anfang gesagt habe: Falschinformationen.

Zudem ist es nötig, dass man Entwickler sensibilisiert, dass man ihnen Leitfäden an die Hand gibt, dass man versucht, sie dafür zu gewinnen, bestimmte Maschinen erst gar nicht zu bauen oder nicht in eine bestimmte Richtung zu entwickeln.

Und die letzte Möglichkeit wäre eben das Einbauen einer künstlichen Moral in die Maschine selbst. Ich bin selbst Maschinenethiker. Aber ich bin nicht der Meinung, dass Maschinenethik eine Lösung für alles ist.

Nehmen Sie mein Lieblingsbeispiel, nämlich tierfreundliche Maschinen. Dort funktioniert maschinelle Moral super. Also sagen wir mal, ich habe einen Mähroboter, der arbeitet im Garten selbstständig, und ich mag Igel. Dann bringe ich dem Mähroboter bei, Igel zu erkennen und zu verschonen. Das ist genau die Richtung, in die ich will. Dann muss ich mich nicht darum kümmern, ob ich Content beschränke, ob ich zu pädagogisch bin oder ob meine Maschine lügt, sondern ich versehe eine Maschine mit sehr einfachen moralischen Regeln und bringe ihr ein Verhalten bei, das ich selber goutieren kann.

Das ist bei Chatbots und Suchmaschinen nicht so einfach. Ich liebe die Maschinenethik. Aber manchmal nervt sie mich auch, weil sie zu pädagogisch ist. Oder weil es dann um die Moral von amerikanischen und anderen Firmen geht, die ich vielleicht gar nicht haben will. DALL-E zum Beispiel ist mir viel zu prüde. Es lässt mich noch nicht mal Spaß in meinem eigenen Zimmer haben. Das geht mir entschieden zu weit. Oder ChatGPT – wenn ich höre, ich soll eine freundliche, inklusive Sprache verwenden, dann weiß ich natürlich, es ist eine Maschine. Und gleichzeitig denke ich: Wer bist du, dass du mir das sagst?

(jle)