Peer-to-Peer-Netze machen Mobilfunkern Konkurrenz

Vor allem in den USA ist der Internet-Zugang für Endkunden mangels Wettbewerb oft teuer und langsam. Aus weniger weit entwickelten Ländern kommen Beispiele dafür, wie geschicktere Regulierung aussehen könnte.

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Von
  • Lucas Laursen

Vor allem in den USA ist der Internet-Zugang für Endkunden mangels Wettbewerb oft teuer und langsam. Aus weniger weit entwickelten Ländern kommen Beispiele dafür, wie geschicktere Regulierung aussehen könnte.

In den USA versuchen die Regulierungsbehörden zu verhindern, dass einige wenige große Internet-Provider den Wettbewerb ausbremsen. Anderswo auf der Welt treten unterdessen neue Technologien auf den Plan, die für mehr Konkurrenz sorgen könnten.

Beim Mobile World Congress Anfang März in Barcelona warb Tom Wheeler, Chairman der US-Telekommunikationsaufsicht FCC, für die vor kurzem von seiner Behörde verabschiedeten Regeln zur Netzneutralität. Die USA seien damit „weiterhin weltweit führend“ bei Hightech-Kommunikation, brüstete er sich. Die FCC-Regeln würden verhindern, dass Internet-Provider bestimmten Inhalten Vorrang einräumen. Laut Kritikern untergraben solche Schnellspuren die Prinzipien untergraben, die Innovationen im Netz erst möglich gemacht haben.

In anderen Ländern haben große Provider eine weniger beherrschende Stellung, und neue Drahtlostechnologie sorgt für offenere Märkte. Das experimentelle Protokoll LTE Direct zum Beispiel ermöglicht Peer-to-Peer-Kommunikation ohne Mobilfunkmasten.

In Spanien haben Techniker und freiwillige Helfer bereits ein Peer-to-Peer-Netz namens Guifi.net aufgebaut, das mit Drahtlosknoten mit großer Reichweite arbeitet. Seine Betreiber sind Anhänger der Netzneutralität und können dafür sorgen, dass sämtliche Daten in ihrem Netz mit der gleichen Priorität behandelt werden.

In manchen Märkten aber – darunter große Teile der USA – haben nur ein oder zwei Unternehmen Funklizenzen für die Nutzung der wichtigsten Frequenzen oder Wegerechte für die Verlegung von Leitungen. Damit können diese Anbieter Preise und Bedingungen weitgehend diktieren. Als Folge davon ist Internetzugang in den meisten US-Städten teurer und langsamer als in vergleichbaren Ländern, hat die New American Foundation festgestellt.

„Wenn auf allen Ebenen des Internet Wettbewerb herrschen würde, müsste es gar keine Debatte um Netzneutralität geben“, sagt Steve Song, Teilzeit-Forscher am Network Startup Resource Center der University of Oregon, der auch Bausätze für Peer-to-Peer-Mobilnetze zusammenstellt und verkauft.

Zunehmender Wettbewerb könnte Telecom-Netzbetreiber tatsächlich dazu zwingen, Inhalte auch ohne Disziplinierung durch Bundesbehörden neutraler zu behandeln. Ein Modell dafür bietet Kampala in Uganda: Google bietet dort als Großhändler Glasfaser-Verbindungen für jeden an, der sie kaufen möchte. Zunächst, so Song, hätten die etablierten Telecom-Firmen den geteilten Dienst abgelehnt und argumentiert, sie bräuchten eigene Kontrolle über die Infrastruktur, um ihre Qualität zu garantieren. Als sie aber sahen, wie viele ihrer Kunden zu kleinen Providern abwanderten, die den Google-Dienst nutzten und weiterverkauften, änderten sie ihre Meinung.

Oft haben Drahtlostechnologien besondere Kostenvorteile. In Kenia zum Beispiel bietet der Glasfaser-Netzbetreiber Liquid Telecom öffentliche WLAN-Netze im Central Business District von Nairobi an; Nutzer können damit kostenlos im Web surfen oder telefonieren. Eines Tages soll der Dienst mit den etablierten Netzwerken konkurrieren, sagt Ben Roberts, CEO von Liquid Telecom Kenya. In abgelegenen Regionen von Mexiko wiederum lohnt sich die Verlegung von Glasfasern oft nicht. Doch mehr als ein Dutzend ländliche Gemeinschaften haben hier in Eigenregie Mobilnetze aufgebaut, bei denen sie die landesweiten Mobilfunkanbieter mit billiger offener Software und Hardware umgehen.

Für die USA und andere Länder entstehen unterdessen neue Chancen, weil durch verbesserte Antennen-Technologie mehr Funkspektrum verfügbar wird. Auch durch den Übergang von analogem auf digitales Fernsehen werden Frequenzen frei. Statt landesweite Frequenzblöcke an den höchsten Bieter zu versteigern, könnten Regierungen laut Song Regeln einführen, nach denen kleinere Anbieter in schlecht versorgten Regionen Zugriff auf Frequenzen bekommen.

An manchen Orten, für die es keine Alternativen gibt, geschieht das bereits: Nach einer erfolgreichen Demonstration einer Organisation namens Rhizomatica im südlichen mexikanischen Bundesstaat Oaxaca hat der Telecom-Regulierer des Landes 10 Prozent der landesweiten Funkfrequenzen für die Nutzung durch indigene Gruppen reserviert. Damit ist der Weg frei zu von lokalen Gemeinschaften betriebenen Netzwerken.

(sma)