Schall und Salz: Neue Konzepte für Redox-Flow-Batterien

Zwei Start-ups entwickeln unabhängig voneinander neue, preiswerte Redox-Flow-Batterien. Sie kommen völlig ohne Membran aus. Wie kann das funktionieren?

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(Bild: Shutterstock / petrmalinak)

Lesezeit: 4 Min.

Redox-Flow-Batterien wären theoretisch die idealen Energiespeicher zur Stabilisierung des Stromnetzes. Sie arbeiten mit zwei flüssigen Elektrolyten, üblicherweise mit Vanadium als Ladungsträger. Die Elektrolyte werden von einer Membran getrennt, die nur Ionen, nicht aber Elektronen durchlässt. Dadurch entsteht eine nutzbare elektrische Spannung. Die Kapazität lässt sich einfach erhöhen, indem man größere Tanks für die Elektrolyte baut.

Allerdings sind die Membranen und das Vanadium ziemlich teuer. Die beiden Start-ups Unbound Potential aus Zürich und HalioGEN Power aus Manchester wollen das ändern. Sie entwickeln unabhängig voneinander Redox-Flow-Zellen, die nicht nur ohne Vanadium auskommen, sondern sogar ohne Membran.

Wie soll das gehen, ohne dass sich die Elektrolyten vermischen und gegenseitig neutralisieren? Ganz einfach: Sie basieren auf nicht mischbaren Flüssigkeiten wie Wasser und Öl. An ihrer Grenzschicht kann wie gehabt der Ionenaustausch stattfinden.

Beide Start-ups sind nun in die zweite Runde der Long-Duration Energy Storage Challenge gekommen, ausgeschrieben von der Agentur für Sprunginnovationen (Sprind). Dafür erhalten sie nun jeweils vier Millionen Euro. "Langzeit-Energiespeicher" definiert die Sprind dabei als "mindestens zehn Stunden". Das ist zwar noch weit entfernt von saisonalen Speichern, aber Redox-Flow-Zellen haben üblicherweise eine geringe Selbstentladung, sollten also auch als langfristigere Speicher taugen.

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HalioGEN Power nutzt Salzwasser als wässriges Elektrolyt. Um die Batterie zu laden, wird es elektrolysiert. Dabei wandeln sich die Chlorid-Ionen des gelösten Salzes in Chlor um. Dieses ist bei hohen Konzentrationen nicht mehr wasserlöslich. Also geht es in das ölbasierte Elektrolyt über. Beim Entladen der Batterie wandern Chlorid-Ionen zurück in die wässrige Phase, wie Science-Youtuber Jacob Beautemps erklärt.

Der ökonomische Vorteil liegt auch hier auf der Hand: Vanadium kostet mehrere tausend Euro pro Tonne, Salz nur zweistellige Beträge. Zudem ist die Energiedichte bei Chlor laut HalioGEN Power doppelt so hoch wie bei Vanadium.

Von HalioGEN Power existiert bisher nur ein Demonstrator mit 200 Wattstunden. Unbound Potential scheint da schon weiter zu sein. Es hat nach eigenen Angaben bereits einen kommerziellen Kunden gefunden sowie einen 500-Watt-Demonstrator entwickelt. Demnächst will es einen Speicher für eine Megawattstunde bauen.

Ein zentrales Feature des Systems: Die Grenzfläche der Elektrolyten lässt sich vergrößern, indem die Emulsion durch Schallwellen in Schwingung versetzt wird. Das erleichtert den Ionenaustausch und senkt den Innenwiderstand.

Der Elektrolyt selbst sei "organisch" – nähere Angaben macht Unbound Potential nicht, weil sich das Verfahren noch in der Patentierung befinde. Das System sei aber nicht auf eine bestimmte Zellchemie beschränkt, sondern funktioniere mit verschiedenen Elektrolyten.

Insgesamt verspricht das Start-up 20 Prozent mehr Wirkungsgrad bei 30 Prozent weniger Kosten – vor allem durch die fehlende Membran, die 20 bis 40 Prozent der Gesamtkosten einer konventionellen Redox-Flow-Batterie ausmache. Ab einer Kapazität von rund 10 Megawattstunden sei die eigene Lösung auch günstiger als Lithium-Eisenphosphat-Batterien.

Neben Unbound Potential und HalioGEN Power sind noch zwei weitere Start-ups in die zweite Runde der Sprind-Challenge gekommen: Ore Energy aus Delft und Reverion aus dem bayerischen Eresing. Ore Energy ist es offenbar gelungen, Eisenoxid (vulgo Rost) als Ladungsträger für eine Batterie zu verwenden; Reverion hat die Effizienz von Hochtemperatur-Brennstoffzellen verbessert, indem es die Abwärme nutzt.

Die erste, bereits abgeschlossene Sprind-Challenge hatte neue Computer-Konzepte zum Thema. Derzeit laufen noch Challenges zu Circular Biomanufacturing, "Carbon-to-Value" und "Broad-Spectrum Antivirals".

(grh)