Seltene Erden: "Über die Recyclingquote von einem Prozent hinauskommen"

Seite 2: "China hat ambitionierte Pläne zur Kreislaufwirtschaft"

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Was wäre außerdem noch wichtig?

Es sollte verpflichtende Quoten dafür geben, dass Hersteller in ihren Produkten einen bestimmten Anteil an Sekundärmaterialien einzusetzen. Eine ehrgeizige Quote würde auch dafür sorgen, dass die Forschung und Entwicklung in Gang kommt, wie auch mit höheren Anteilen an gebrauchten Seltenen Erden die gewünschten Eigenschaften erreicht werden.

Sind das Strategien, die Sie vor allem in Deutschland und der EU sehen?

Die EU hat mit ihrer Rohstoffstrategie für kritische Materialien im März einen wichtigen Schritt nach vorn unternommen. Aber auch in anderen Ländern ist das Interesse groß, sogar in China. Dort vor allem wegen der hohen Umweltkosten. Hinzu kommt: China importiert Seltenerdmetalle unter anderem aus dem benachbarten Myanmar und will letztlich auch von diesem Makel und von dieser Abhängigkeit weg. Und das Land hat durchaus ambitionierte Pläne zur Kreislaufwirtschaft. Das heißt, für China könnte sich das durchaus lohnen, zumindest in diese Richtung zu überlegen.

Und wie sieht es auf der anderen Seite des Pazifiks aus, in den USA?

Auch in den USA sehen wir Interesse. Dort wurde in Nordkalifornien, in Mountain Pass, eine Mine für Seltene Erden in Betrieb genommen, aber dann wieder geschlossen, wieder eröffnet und wieder geschlossen. Bürgerproteste und finanzielle Erwägungen haben da den Ausschlag gegeben. Zugleich arbeitet die USA am eigens dafür gegründeten Critical Materials Institute an der Substitution der Seltenen Erden und am Recycling. Also auch hier könnte die bisher eher maue Sammelleidenschaft der Amerikaner künftig steigen.

Wie bekommt man am Ende möglichst viele Länder unter einen Hut?

Es gibt bereits einen internationalen Herstellerverband. Er heißt Rare Earth Industry Association oder kurz: REIA. Und da wäre die Idee, dass dieser Verband gerne auch im Zusammenwirken mit den Vereinten Nationen oder anderen Organisationen ein Datenbank-Portal entwickelt, was dann zeigt: Wie viel ist überhaupt im Umlauf? Wie wird sich das in den nächsten Jahren entwickeln? Dass man also die Bestände einschätzen und in Zukunftsszenarien einfließen lassen kann. Das könnte dann mit anderen Prognosen verknüpft werden, etwa dazu, wie sich der Markt für Elektroautos entwickelt. Dann wird es deutlich einfacher, den tatsächlichen Bedarf an Seltenen Erden auch zu treffen.

Müssten nicht auch die Produkte anders aussehen, sodass man leichter wieder an die Metalle herankommt?

Ja, das sollte in die EU-Richtlinie zum Öko-Design beziehungsweise in alle Design-Standards aufgenommen werden. Und dann geht es natürlich auch um Kataster und Produktpässe, aus denen ersichtlich wird, wie hoch ist der Anteil Seltener Erden und wo genau im Produkt sitzen sie. Das kann auch die Rückgewinnung deutlich erleichtern.

Kann man die Seltenen Erden nicht einfach durch andere Materialien ersetzen?

Doch, es gibt Alternativen. Dabei sind die sogenannten leichten Seltenerdmetalle wie Scandium leichter zu substituieren als die schweren wie Dysprosium. Aber stecken diese zum Beispiel in den millionenfach eingesetzten Umwälzpumpen, ist auch hier ein Ersatz vorstellbar. Hersteller wie KSB sagen jedenfalls, sie könnten auch ohne seltene Erden eine leistungsfähige Umwälzpumpe bauen. Andererseits stecken in einem Offshore-Windrad bis zu 300 Kilogramm Seltenerdmetalle, die zur Effizienz der Energiewende nötig und noch schwer ersetzbar sind.

Wie groß ist denn das Potenzial des Recyclings? Ist irgendwann ein geschlossener Stoffkreislauf erreichbar?

Im Bereich der Seltenen Erden halte ich das für illusorisch, weil ja in vielen Produkten nur wenige Mikrogramm dieser Stoffe stecken. Und die bekommt man kaum wieder heraus. Aber wenn man es tatsächlich schaffen würde, über die 15 Prozent Recyclingquote der EU hinauszugehen und dann in internationalen Partnerschaften 50 Prozent anzuvisieren, wenn man Substitute findet und besseres Produktdesign macht, dann ist man schon ein ganzes Stück weiter.

(anh)