Simpleclub: Von der schulischen zur beruflichen Bildung

Über Angebote zur schulischen Bildung konnte Simpleclub wachsen und sich etablieren, mittlerweile steht die berufliche Bildung ganz oben auf der Firmen-Agenda.

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(Bild: Stokkete/ Shutterstock.com)

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Simpleclub hat eigentlich mit Lernhilfevideos für Schülerinnen und Schüler auf Youtube angefangen. Noch zu Studienzeiten gründeten Nicolai Schork und Alexander Giesecke 2015 das Start-up. Um nicht mehr abhängig von der externen Plattform Youtube und den dort generierten Werbeeinnahmen zu sein, haben sie eine eigene App mit zunehmend mehr Lernmaterial für die schulische Bildung entwickelt. So mauserte sich Simpleclub zu einer festen Größe im Nachhilfe- und Lernbereich für Schülerschaften.

Mittlerweile ist das erste Wachstumsgeschäft für Simpleclub aber eher als Nebengeschäft und Türaufmacher für einen neuen Bereich wichtig, wie Alexander Giesecke während des EdTechNext-Summits in Bielefeld in dieser Woche erklärte. Kooperationen mit Unternehmen in der beruflichen Bildung und Berufsschulen bilden jetzt das Hauptgeschäft des Education-Tech-Unternehmens. Diesem widmet sich Simpleclub seit nunmehr knapp zwei Jahren. Seit gut einem Jahr sei man der Pilotphase entwachsen.

Grundsätzlich hat Simpleclub auch für die berufliche Bildung einen ähnlichen Ansatz gewählt, wie für die schulische Bildung. Innerhalb der Simpleclub-App wird Auszubildenden mit verschiedenen Medien aufbereitetes Lernmaterial bereitgestellt – aufgeteilt nach Oberthemen bis hin zu kleinen Lern-Nuggets. Das vorgegebene Curriculum wird dabei so genau abgebildet, dass auch Industrie- und Handelskammern (IHK) ihr OK für die Nutzung der App aussprechen.

Simpleclub tut damit das, wovor manche Schulbuchverlage sich noch scheuen: Sie kopieren das in Lehrbüchern gesammelte Wissen nicht nur auf Textebene ins Digitale und erlauben ein bisschen Zoomen, sondern bieten einen Medien-Mix auf Grundlage des Curriculums an.

Zudem kommen in den Berufsschulen ohnehin auch immer andere Stimmen stärker zu Wort: die der Unternehmen. Statt im schulischen Bereich bei einem Business-to-Consumer-Geschäft (B2C) zu bleiben – wo in den meisten Fällen das Elternhaus darüber entscheidet, ob die Lernhilfe abonniert wird –, ist die Hinwendung zur beruflichen Bildung ein Business-to-Business-Geschäft (B2B) für Simpleclub.

Der App-Anbieter hat dadurch die Möglichkeit, Inhalte stärker auf kooperierende Firmen zuschneiden – und dafür sind Unternehmen bereit zu zahlen. Für Simpleclub bedeutet das, dass mittlerweile rund 250 Unternehmen auf die digitalisierten Lerneinheiten für einige ihrer Ausbildungsberufe setzen. Unter den Unternehmen, welche die Lernplattform mittlerweile als festen Ausbildungsbestandteil nutzen, finden sich etwa die Deutsche Bahn, Sparkasse, Volksbank, Edeka, B.Braun und Brillux.

Drei Millionen Euro erhielt das Unternehmen nach eigenen Angaben unlängst im Juli als strategisches Investment von Mittelständlern wie Rullko, Globus und Kienbaum Consultants International. Auch hier soll der Lernanbieter in der Ausbildung mitmischen.

Weitere Faktoren helfen Simpleclub bei der Etablierung in der beruflichen Bildung: Über die digitalen Endgeräte möchten Unternehmen Auszubildende direkter erreichen als zuvor. Diese sind nämlich längst mit Smartphones und Tablets groß geworden und es gewohnt, dass vermittelte Inhalte durch Hypertext eine größere Tiefe erhalten oder in mehr Darstellungsformen bereitgestellt werden können; auch manchmal spielerischer durch Gamificiation.

Außerdem kann das Angebot bei einem wachsenden Problem helfen: dem Fachkräftemangel aufseiten der Lehrenden. Auch in der beruflichen Bildung fehlt es zunehmend an Ausbildern und Lehrkräften. Auszubildende sollen also auch mittels App eine Anleitung zum Lernen finden, die nicht mehr anders bereitgestellt werden kann.

Derzeit umfasst das Angebot von Simpleclub 22 anerkannte Ausbildungsberufe und es werden mehr. Jüngst hat etwa die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) bekannt gegeben, mit dem Lernanbieter zusammenzuarbeiten.

Wie die MHH im Zusammenspiel mit Simpleclub erklärte, werden nun in Kooperation die Inhalte des Ausbildungsberufs "Medizinische Fachangestellte" (MFA) digitalisiert. Das bedeutet in den Worten von Simpleclub, dass 392 Themen für die Ausbildung aufbereitet werden müssen, was auch etwa 2000 Inhalten in Form von Texten, Videos, interaktiven Grafiken, Animationen und Übungsaufgaben entspricht. Als Basis dient der Rahmenlehrplan und die Ausbildungsordnung der IHK.

Wie Giesecke während des EdTechNextSummit berichtete, will Simpleclub nach der Fokussierung auf die berufliche Bildung nicht stillstehen und plant etwa, seine Apps und Inhalte auch in andere Sprachen zu übersetzen. Der ausgegebene Claim für dieses neue Ziel lautet: "We educate the world". Das klänge zwar ziemlich groß, erklärte er, treffe aber am ehesten, was das Unternehmen generell antreibe. Gegenüber heise online erklärte er: "Unsere Vision ist es, die gesamte Learning Journey abzudecken und Hard Skills, perspektivisch alle aus einer Hand anzubieten: von der Schule, über die Ausbildung- und Weiterbildung, bis zum Studium und etwaigen Umschulungen."

Firmenmitgründer Nicolai Schork konnte gegenüber heise online auch ein Update zur KI-Integration geben. Simpleclub verfüge mittlerweile über eine Bibliothek mit über 20.000 Lerninhalten, die für das Training von KI-Modellen genutzt werden können - zusammen mit anonymisierten Nutzerdaten. Momentan arbeite das Unternehmen an drei KI-Applikationen: "1. den KI-Prüfungsmodus mit unbegrenzten Übungsaufaufgaben, für die perfekte Prüfungsvorbereitung, 2. die KI-basierte Bewertung zu Freitextaufgaben für individuelles Feedback und 3. den KI-Tutor, der alle inhaltlichen Fragen beantworten und Lernenden personalisierte Hilfe bietet."

heise jobs – der IT-Stellenmarkt

Zu Arbeitsplätzen und Stellenangeboten in der IT-Branche siehe auch den Stellenmarkt auf heise online:

(kbe)