Spezifikation zu Thunderbolt 4 verabschiedet

Thunderbolt 4 verschärft tech­nische Anforderungen und räumt mit dem Bezeichnungs- und Fähigkeitenchaos rund um USB 4 auf.

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Spezifikation zu Thunderbolt 4 verabschiedet

(Bild: Intel)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Müssig

Die rasante Schnittstelle Thunderbolt bekommt Ende 2020 ein Update. Die Erhöhung der Versionsnummer von 3 auf 4 mag trivial erscheinen, ist es nach den Entwicklungen in jüngerer Vergangenheit aber nicht: Intel als treibende Kraft hinter Thunderbolt hatte das technische Grundgerüst schließlich an das Standardisierungsgremium USB-IF übergeben, welches darauf aufbauend USB 4 spezifiziert hat. Thunderbolt 4 bringt anders als vergangene Versionssprünge deshalb auch keine neue Geschwindigkeitsstufe mit sich, sondern sorgt vielmehr für entwirrenden Feinschliff.

Zum besseren Verständnis muss man etwas tiefer in USB 4 eintauchen. Dank der Technikspende beherrscht USB 4 zwar wie Thunderbolt Datentransfermodi mit bis zu 40 GBit/s, doch diese Geschwindigkeitsstufe ist nicht zwingend erforderlich: Für USB-4-Konformität reicht es, wenn Daten mit 20 GBit/s fließen. Letzteres ist die Datenrate, die mit USB 3.2 eingeführt wurde und dort auf die Bezeichnungen SuperSpeed 20 beziehungsweise Gen 2x2 hört. Wie von USB 3.x bekannt, ist bei USB 4 optional eine USB-C-Stromversorgung mit bis zu 100 Watt (Power Delivery, USB-PD) sowie die Ausgabe von DisplayPort-Videosignalen (DP-Alt-Mode) möglich. Auch das von Thunderbolt geerbte Durchreichen von PCI-Express-Verbindungen ist bei USB 4 zwar vorgesehen, aber wiederum nicht vorgeschrieben.

Statt unzähliger Kombinationen, die der USB-4-Standard zulässt, sind bei Thunderbolt 4 immer sämtliche dort vorgesehenen Funktionen möglich.

(Bild: Intel)

Thunderbolt 4 räumt mit dem Chaos auf, indem es alle optionalen USB-4-Funktionen verpflichtend macht. Damit aber nicht genug: Während der DP-Alt-Modus von USB lediglich vorsieht, dass überhaupt ein Monitorsignal aus der USB-C-Buchse kommt, schreibt die Thunderbolt-4-Spezifikation zwingend vor, dass man zwei 4K-Monitore gleichzeitig ansteuern kann oder alternativ einen 8K-Monitor. Theoretisch ist das auch schon mit Thunderbolt 3 möglich, doch verpflichtend ist dort nur ein 4K-Monitor. Mit Thunderbolt 4 müssen zudem die vollen 32 GBit/s von vier PCIe-3.0-Lanes möglich sein, während für Thunderbolt-3-Konformität 16 GBit/s ausreichen (PCIe 3.0 x2 oder PCIe 2.0 x4).

Die meisten bereits vorhandenen Thunderbolt-3-Kabel sollen sich für Thunderbolt 4 weiterbenutzen lassen. Es wird aber auch neue Kabel mit Thunderbolt-4-Logo geben, damit die neuen Features garantiert funktionieren und die vollständige Kompatibilität zu USB 4 sichergestellt ist. Zunächst sind elektrische Kabel bis zwei Metern Länge vorgesehen, die zudem als vollbeschaltete USB-C-Kabel die besten ihrer Art darstellen – der USB-C-Standard lässt schließlich sogar Kabel zu, die nur USB-2.0-Signale führen. 2021 sollen optische Kabel folgen, die alle Thunderbolt-4-Funktionen bieten und Distanzen bis 50 Meter überbrücken.

Thunderbolt 4 erbt eine praktische Funktion aus der USB-Welt: Zusätzlich zum bekannten Daisy-Chaining, also der Verkettung von Thunderbolt-Geräten, erlaubt Thunderbolt 4 erstmals Hubs mit mehreren Thunderbolt-Ausgängen – offiziell Multi-Port-Docks genannt.

Zum Start von Thunderbolt 4 bringt Intel drei Thunderbolt-4-Controller, damit OEMs jetzt mit der Entwicklung solcher Hardware loslegen können: JHL8540 und JHL8340 sind Host-Controller und JHL8440 ist ein Device-Controller. Die ersten damit bestückten Systeme sollen Ende des Jahres auf den Markt kommen, denn Intels nächste (und elfte) Core-i-Generation mit dem Codenamen Tiger Lake enthält einen Thunderbolt-4-Controller. Acer hat als erster Hersteller bereits ein solches Notebook in Aussicht gestellt, nämlich das 2020er-Modell des Swift 5.

Intel betonte bei der Vorstellung, dass Thunderbolt 4 keine reine Intel-Schnittstelle sei. Das Unternehmen habe in der Vergangenheit bereits AMD-Mainboards zertifiziert und werde dies weiterhin tun. Auch Apples kürzlich angekündigter Umstieg auf hauseigene ARM-Prozessoren sei kein Showstopper: Wenn Apple in solchen Systemen weiterhin auf Thunderbolt setzen will, spricht laut Intel nichts dagegen. Dies hat Apple kurz darauf bestätigt: Macs mit ARM-Prozessoren werden wie bisherige x86-Macs Thunderbolt unterstützen.

Dieser Artikel stammt aus c't 17/2020.

(mue)