Starlink-Satelliten bringen latenzarmes Internet ins Nirgendwo

Seite 2: Ziele bleiben, Pläne ändern sich

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Die vielen unterschiedlichen Zahlen, die im Netz über das Projekt kursieren, verwirren zwar, doch die Funktionsskizze des Projektes hat sich nur in Nuancen geändert: Hier und da gibt es Bahnanpassungen, neue Technik, die noch höhere Datenraten liefern soll – und an der viel zu starken Sichtbarkeit am Nachthimmel wird ebenfalls herumgedoktert. Ab Ende 2020 bekommen die Satelliten Laserterminals, mit denen sie ihren Datenverkehr auch untereinander abwickeln. Das ist ein wichtiger Schritt, denn damit bekommt Starlink eine eigene autarke Infrastruktur zum Routen der Datenpakete vom Sender bis zum Empfänger. Zurzeit übernehmen Bodenstationen noch das Routing, weil einige der Satelliten noch keine Laserterminals an Bord haben und mehr noch, weil die Starlink-Konstellation noch so lückenhaft ist wie das Milchzahngebiss bei Babys.

Bodenstationen sollen den Datenverkehr am Boden verteilen.

(Bild: GoogleMyMaps)

Die Satelliten werden mittlerweile in Massenproduktion hergestellt, zurzeit baut SpaceX sieben pro Tag. Sie sollen etwa fünf Jahre halten. Einer kostet rund 500.000 US-Dollar, hinzu kommen Startkosten in gleicher Größenordnung.

Jeder einzelne wiegt 260 Kilogramm. Der Antrieb erfolgt mit einem Ionentriebwerk, das den Halleffekt ausnutzt. Es bietet einen hohen Schubwirkungsgrad und ist über eine lange Zeit einsetzbar. Das Aggregat nutzt Kryptongas und nicht das üblicherweise verwendete Xenon. Krypton ist zwar etwas schwerer, kostet aber nur ein Zehntel. Mithilfe optischer Messinstrumente, den sogenannten Star Trackern, richten sich die Satelliten zur Erde hin aus, dabei orientieren sie sich an hellen Gestirnen. Mit optischen Sensoren und durch Zugriff auf die Weltraummüll-Datenbank der NASA können die Satelliten kreuzenden Objekten in ihrer Bahn ausweichen. Die Generation V 1.0 funkt im Ku-Band (12 bis 18 Gigahertz) und auch im Ka-Band (26,5 bis 40 Gigahertz), was die Übertragungskapazität noch mal vergrößert hat. Für weitere Generationen hat die zuständige Fernmeldebehörde FCC bereits die Nutzung im V-Band (40 bis 75 Gigahertz) genehmigt. Die Signale bündeln vier Gruppenantennen, sogenannte Phased Arrays – ein auch auf der Erde probates Mittel, um eine gute Richtwirkung zu erzielen.

Zurzeit – in der ersten Phase – werden laut Plan 1584 Starlink-Satelliten auf rund 550 Kilometer Höhe gebracht. Sie laufen auf Bahnen mit einer Inklination von 53 Grad bezogen auf den Äquator. Allein bis Mitte August setzten die Falcon-9-Raketen bei zehn Starts jeweils 60 Satelliten der neuen Generation V 1.0 aus – mit Ausnahme dreier Starts, bei denen es zugunsten anderer Payloads weniger waren. Zusammen mit Testsatelliten aus der Generation V 0.9 umlaufen Mitte August 653 Starlink-Satelliten die Erde, acht sind bereits nicht mehr im Orbit, also beim Wiedereintritt in die Atmosphäre verglüht, einige funktionieren nicht richtig.

Starlink-Satelliten sind eher flach – wie rechteckige Warmhalteplatten in Restaurants. So können viele von ihnen gestapelt und gemeinsam gestartet werden.

(Bild: SpaceX)

SpaceX wollte nach vorliegenden Genehmigungen zuerst weitere 2825 Satelliten in sehr viel höhere Orbits bringen, und zwar zwischen 1110 und 1325 Kilometer Höhe bei Inklinationen von 53,8 bis 81 Grad zum Äquator. Allerdings hat sich SpaceX das noch mal anders überlegt und im April bei der FCC niedrigere Bahnhöhen mit Erfolg beantragt. Die Satelliten sollen nun zwischen 540 und 570 Kilometern Höhe die Erde umlaufen, bei Inklinationen von 53,2 bis 97,6 Grad, und damit auch weiter nördlich gelegene Gebiete abdecken. In einer zweiten Phase will das Unternehmen sogar noch niedrigere Bahnen bestücken und zwar mit insgesamt 7518 Satelliten, die rund 340 Kilometer über uns kreisen sollen.

Der Zeitdruck ist enorm. Immerhin müsste das Unternehmen bis Ende 2024 genau die Hälfte der zuerst beantragten Konstellation im Erdumlauf haben, also 5972 Starlink-Satelliten. Mit der Falcon-9-Rakete wären dazu 100 Starts mit je 60 Satelliten nötig. Bei einem bis zwei Starts pro Monat darf da kaum etwas schiefgehen. Daher sollen die neuen Raketen Starship und Super Heavy für mehr Ruhe sorgen und alsbald jeweils 400 Starlink-Satelliten absetzen. Es ist aber fraglich, ob die neuen Transporter rechtzeitig fertig sind.

Unabhängig von den ständigen Änderungen laufen die Starts mittlerweile so beiläufig ab, wie man morgens die Kaffeemaschine anwirft: Zweieinhalb Minuten nach dem Start schaltet die erste Stufe der Falcon-9-Rakete ab und saust – getrennt von der zweiten Stufe und den Satelliten – wieder der Erdoberfläche entgegen.

Etwas mehr als drei Minuten nach dem Abheben wirft die zweite Stufe die Hülle ab. Nach sieben Minuten stoppt das Triebwerk der wieder auf die Erde zufliegenden ersten Stufe, nach knapp neun Minuten landet diese auf einem Schiff und kann wiederverwendet werden. Gleichzeitig schalten auch die Triebwerke der zweiten Stufe ab, welche die Satelliten zu ihrem Absetzpunkt bringt.

Vom Start bis zum Aussetzen der Satelliten dauert es rund 45 Minuten und die erste Stufe der Rakete kann wiederverwendet werden.

(Bild: SpaceX)

Bei einigen Starts fliegen außer den Starlink-Satelliten noch andere mit, die unterwegs abgesetzt werden. Nach 45 Minuten wird die gesamte Batterie der bis zu 60 Starlink-Satelliten in eine vorläufige Umlaufbahn in etwa 300 Kilometer über der Erdoberfläche entlassen, alle gleichzeitig. Sie entfalten ihre Solarpaneele und zünden ihre Krypton-Ionentriebwerke, um auf die beabsichtigte Höhe ihrer zurzeit jeweils drei regulären Orbits zu klettern.

In der jetzigen Phase werden die Satelliten so verteilt, dass je 22 Satelliten insgesamt 72 Bahnen in 550 Kilometer Höhe besetzen. Auf ihren Bahnen angekommen, entfernen sie sich nach und nach weiter voneinander, bis aus der dichten Perlenkette nach einigen Tagen die endgültige Formation erreicht ist.