TR Online 2013: Von elektrischen Langläufern, Pumpspeichern in Bergwerken und Bierbraumaschinen für die Küche

Der zweite Teil der Technology-Review-Online-Jahresrückschau – von Juli bis Dezember. Welche Beiträge haben die Leser 2013 am häufigsten angeklickt?

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Inhaltsverzeichnis

Der zweite Teil der Technology-Review-Online-Jahresrückschau – von Juli bis Dezember. Welche Beiträge haben die Leser 2013 am häufigsten angeklickt?

Im Internet zu publizieren hat den bekannten Vorteil gegenüber anderen Mediensegmenten, dass sich sofort überprüfen lässt, welche Themenbereiche die Leser am meisten schätzen. Wir haben für Sie in unser Redaktionssystem geschaut und die zwölf am häufigsten abgerufenen Beiträge des Jahres 2013 von Januar bis Dezember zusammengetragen.

In der Rangliste der Popularität ganz oben finden sich diesmal fünf Beiträge zum Thema Informationstechnologie, jeweils zwei Artikel zu den Themen Transport und Energie und je ein Text aus den Themenbereichen Produkte, Leben und Umwelt. Insgesamt also eine runde Mischung, wie wir finden. Viel Spaß bei diesem Rückblick auf TR Online 2013, der zwei Teile hat: Am vergangenen Montag beschäftigten wir uns mit den Monaten Januar bis Juni, am heutigen Montag mit den Monaten Juli bis Dezember.

Mini-PC aus Großbritannien

Der kleine Raspberry Pi ist ein großer Erfolg: Der Rechner von der Größe einer Kreditkarte begeistert Bastler auf der ganzen Welt. Das Projekt, dass der Brite Eben Upton entwickelt hat, war ursprünglich für Kinder gedacht. Im Interview mit Christoph Seidler äußert sich der Computerwissenschaftler zu den Hintergründen. Er und sein Team hätten die Größe der "Maker-Community", die den Mini-PC schnell annahm, unterschätzt. "Wir wollten ein paar Tausend Raspberry Pi verkaufen, vielleicht zehntausend, und sind inzwischen bei 1,3 Millionen. Jetzt passt er in der Tat gut in das Maker Movement, da hatten wir wirklich Glück mit unserem Zeitplan."

Upton hofft aber auch, mit dem kleinen Computer neue Segmente zu erobern, beispielsweise den Multimediabereich. "Trotz seines nicht so starken Prozessors liefert das Gerät bei einigen Anwendungen ziemlich gute Leistungen wie Grafik und Video. Da braucht sich der Raspberry Pi kaum vor anderen Computern zu verstecken. Viele Leute nutzen ihn als Media Center zum Abspielen von Filmen und Musik." Unser Interview mit Eben Upton zum Raspberry Pi war der beliebteste TR-Online-Artikel im Juli 2013.

Tesla-Limousine im Test

Nach dem ersten Tesla-Sportwagen kam mit dem Model S im Jahr 2013 das erste familientaugliche Fahrzeug der amerikanischen Elektroautoschmiede auch in Deutschland auf den Markt. Technology-Review-Autor Kevin Bullis konnte eine ausführliche Probefahrt mit dem Flitzer unternehmen. Billig sei das Model S bei einem Preis von 70.000 bis 100.000 Dollar zwar nicht. Doch mit einer Reichweite von bis zu 426 Kilometern schlage es die Konkurrenz derzeit um Längen. Der – deutlich günstigere – Nissan Leaf schafft beispielsweise nur gut 120 Kilometer.

Trotzdem begann Bullis' Ausfahrt zunächst mit einem kleinen Schrecken. "Das Armaturenbrett zeigte eine Reichweite von 335 Kilometern an, da hatte offensichtlich jemand vergessen, das Auto über Nacht einzustöpseln. 335 Kilometer: zu wenig für meinen geplanten Trip nach Santa Cruz im Süden und über Fremont zurück." Der Testfahrer musste also unterwegs aufladen, was eine gute Gelegenheit war, die von Tesla installierte Infrastruktur zu prüfen. "Der Wagen erkannte den RFID-Chip der Ladesäule, öffnete selbsttätig den Ladestutzen, und während ich kurz auf der anderen Seite des Parkplatzes einen Cheeseburger holte, war die Reichweite schon wieder auf 148 Kilometer hochgeschnellt." Kein schlechtes Ergebnis. Der Fahrbericht zum Tesla Modell S wurde im August 2013 am häufigsten auf TR Online gelesen.

Wie Schlapphüte schnüffeln

Die Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden sorgten in der IT-Branche für Wirbel. Viele Experten fragen sich, wie es die US-Spione geschafft haben, das Vertrauen im Netz derart zu untergraben. TR-Autor Tom Simonite untersuchte in einem Artikel, wie die Schlapphüte versuchten, den Kryptografie-Sektor für sich zu nutzen. Demnach sieht es so aus, als habe die NSA wohl nicht die mathematischen Verfahren ausgehebelt, auf denen der sichere Datenverkehr bei Online-Banking oder -Handel aufbaut. "Vielmehr scheinen sich die Angriffe der NSA gegen die Implementierung von Kryptoverfahren in den gängigen Programmen sowie gegen deren Nutzer zu richten."

Die NSA habe kein Problem damit, all das einzusetzen, wenn sie die Kryptotechnik nicht brechen kann, kommentierte Jon Callas gegenüber TR Online, einer der Gründer der PGP Corporation, die die verbreitete Mailverschlüsselung PGP vertreibt, und heute CTO von Silent Circle ist. Allerdings: Die Rechenkapazitäten des Dienstes scheinen Befürchtungen zu bestätigen, dass die NSA schwächere Verschlüsselungsverfahren, die hinter SSL-Verbindungen stecken, bereits brechen kann. Das heißt: Die Industrie muss dringend aufrüsten. Die TR-Online-Analyse zur NSA-Spionage auf IT-Systeme war im September 2013 der beliebteste Artikel.

Bergwerk hilft Erneuerbaren

Was macht man mit einer alten Kohle- oder Erzlagerstätte, wenn man sie nicht mehr benötigt? Sie einfach nur aufzulassen und zu sichern, finden deutsche Forscher zu schade. Sie arbeiten an einer neuen Art von untertägigen Pumpspeicherkraftwerken, kurz UPW. Dabei werden vorhandene Stollen geflutet und Generatoren eingebaut. Ein Pumpspeicherkraftwerk etwa im Ruhrgebiet hätte einige positive Eigenschaften, schreiben die Technology-Review-Autoren Frank Grünberg und Gregor Honsel. "Es würde für seinen Wasserkreislauf Räume nutzen, die größtenteils bereits vorhanden sind und überirdisch nicht stören. Aufgrund der großen Höhenunterschiede innerhalb des Schacht- und Streckensystems existieren für das Wasser des Kraftwerks zudem immense Fallhöhen. Bis zu 1000 Meter sind möglich, mehr als in den Alpen."

An der Universität Duisburg-Essen läuft bereits ein entsprechendes Forschungsprojekt, bei dem ein Konsortium klären soll, ob das funktionieren kann. "Der Bergbau im Revier verfügt über eine hervorragend ausgebaute Grundeinrichtung unter Tage", sagt Projektkoordinator Professor André Niemann: "Mit unserem Projekt wollen wir möglichst viele Komponenten dieser Infrastruktur dauerhaft sichern." Unser Artikel zu neuartigen Pumpspeicherwerken, die in Bergwerksanlagen eingebaut werden könnten, war im Oktober 2013 der populärste Text bei TR Online.

Wie Internet-TV gezählt wird

Statt über Antenne, Satellit oder TV-Kabel kommt Fernsehen zunehmend per Internet zu den Konsumenten. Das verändert auch die Art, wie die Quoten ermittelt werden. Karin Hollerbach-Zenz, Chefin der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung, erläuterte deshalb im Interview mit Technology Review, wie sich die Technik der Demoskopen anpassen muss, damit auch künftig noch korrekte Zuschauerzählungen erfolgen können. Dabei, räumt Hollerbach-Zenz ein, laufe man der Entwicklung ein wenig hinterher. Und dennoch: "Wir messen ja bereits jetzt, was auf Smart-TV-Geräten geschaut wird. Das herkömmliche Live-Fernsehen sowieso, aber auch Inhalte von Mediatheken oder On-Demand-Angebote von Kabelnetz- und IPTV-Betreibern."

Künftig soll die Technik noch genauer werden. So sollen künftig auch noch bestimmte Apps, die sich heute nur schwer zählen lassen, in die Fernsehforschung einbezogen werden. Dass die aktuelle Quotenerfassung etwa im Vergleich zur Reichweitenmessung von Web-Inhalten sehr ungenau ist, sieht Hollerbach-Zenz nicht. "Wir haben ja sehr detaillierte und konkrete Angaben über unsere 10500 Panel-Mitglieder. Wir wissen, wie ihre technische Ausstattung aussieht und, jährlich aktualisiert, wo ihre Präferenzen, ihre Interessen, ihre Konsummerkmale liegen." Der TR-Online-Beitrag zum Thema Fernsehforschung im Internet-Zeitalter war im November 2013 der am häufigsten geklickte Artikel.

Hopfen und Malz, Maschine erhalt's

Der Trend zu Mikrobrauereien ist auch in Deutschland ungebrochen: Zahlreiche kleine Firmen und Gruppen betreiben kleine bis mittelgroße Bierproduktion, die ganz spezielle Hopfengetränke offerieren. Wenn es nach der US-Firma PicoBrew geht, wird Bierbrauen bald so einfach wie Espresso-Kochen: Mit der 1600 Dollar teuren Maschine Zymatic will das Start-up ab dem nächsten Jahr einen Automaten verkaufen, der sich sogar in einer handelsüblichen Küche unterbringen lässt.

Das System arbeitet mit Malz, Hopfen und Wasser und soll eine fermentierbare Mixtur bereits in dreieinhalb Stunden erzeugen. Danach dauert es allerdings eine weitere Woche, bis daraus richtiges Bier wird, zudem muss auch noch Kohlensäure hinzugegeben werden. Trotzdem wurde die PicoBrew, hinter der unter anderem ehemalige Microsoft-Mitarbeiter stecken, auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter schnell durchfinanziert. Unseren Artikel über den Bierbrauautomaten fürs Heim schauten sich die Leser im Dezember 2013 am intensivsten an.

(bsc)