Technik geht ins Auge

Forscher bei Google und anderen Unternehmen wollen Medizintechnik direkt ins Auge bringen – mit elektronischen Kontaktlinsen.

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Von
  • Tom Simonite

Forscher bei Google und anderen Unternehmen wollen Medizintechnik direkt ins Auge bringen – mit elektronischen Kontaktlinsen.

Wissenschaftler im X Lab, dem sagenumworbenen Forschungslabor des Internetriesen Google, arbeiten an einem Gerät, mit dem Diabetiker den Blutzuckerspiegel aus ihrer Tränenflüssigkeit ermitteln können. Das Besondere: Die Technik samt Sender soll in eine Kontaktlinse passen, ausgewertet wird über ein drahtlos angebundenes externes Gerät wie ein Smartphone. Ständige Blutuntersuchungen würden, sollte der Prototyp wirklich zum Produkt werden, künftig vermieden.

Hinter dem Projekt steckt unter anderem Babak Parviz, einer der wissenschaftlichen Leiter der Abteilung, die an Googles Computerbrille Glass arbeitet. Der Forscher beschäftigt sich schon seit längerem mit Kontaktlinsen, in die Digitaltechnik integriert wird. Als er noch vor wenigen Jahren Professor an der University of Washington war, zeigte er bereits eine Linse mit 16 einzeln ansteuerbaren LEDs.

Die Überwachung des Blutzuckerspiegels war für Parviz damals nur eine mögliche Anwendungsform der Technik. Er dachte auch über die Nutzung von elektronischen Kontaktlinsen als Head-Up-Display für Augmented-Reality-Systeme nach. Diese Vision passt zu seiner Arbeit an Googles Computerbrille, die, sollte alles gutgehen, in diesem Jahr auf den Massenmarkt kommt. Der Forscher soll außerdem weiterhin am Einbau von LEDs in Kontaktlinsen interessiert sein. Möglicherweise passt ja irgendwann auch Glass-ähnliche Hardware hinein.

Googles medizinische Kontaktlinse wurde bereits am Menschen getestet. Dazu gab es mehrere klinische Studien. Derzeit gibt es erste Diskussionen mit der amerikanischen Gesundheitsaufsicht FDA, ob Voraussetzungen für eine Zulassung bestehen. Allerdings sei noch viel Arbeit notwendig, bis aus dem Prototypsystem ein echtes Produkt werde, warnt Google.

Die Wissenschaftler des Internetkonzerns sind nicht die einzigen Entwickler, die an Kontaktlinsen mit Medizintechnik forschen. Ein anderes Design kommt von der Schweizer Firma Sensimed, die solche Elektronik zur Überprüfung des Augendrucks nutzt. Verschiedene Krankenhäuser testen das Verfahren, um Patienten besser beim Umgang mit dem grünen Star zu helfen. Die Linse kann bei der Messung 24 Stunden im Auge verbleiben, was die Erfassung von Langzeitwerten erlaubt.

Ein Nachteil der Technik sowohl von Sensimed als auch Google ist die Tatsache, dass derzeit noch konventionelle – wenn auch miniaturisierte – Komponenten samt fester Verdrahtung verwendet werden. Das stört den Träger. Forscher in Korea zeigten in Zusammenarbeit mit Samsung im letzten Jahr eine bessere Lösung. Dabei wurde eine extern ansteuerbare LED aus transparenten und flexiblen Nanomaterialien in eine handelsübliche Kontaktlinse integriert. (bsc)