Zahlen, bitte! 305 Meter – Teleskopdurchmesser: Das Arecibo-Teleskop

Das Arecibo-Teleskop war lange Jahre nicht nur das größte Radioteleskop der Welt, sondern inspirierte auch Autoren der Popkultur.

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Inhaltsverzeichnis

Am 1. November 2023 wird das Arecibo-Radioteleskop 60 Jahre alt - das Teleskop, welches nicht nur in der Forschung wertvolle Dienste leistete, sondern dessen futuristisches Aussehen auch Autoren von Spielfilm-Drehbüchern, Romanen und Serien inspirierte. Leider wird es ein trauriges Jubiläum: Das von 1963 bis 2016 größte Radioteleskop der Welt ist heute nur noch eine Ruine.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Das Hauptinstrument der Anlage war der imposante Spiegel des feststehenden, sphärischen Radio-/Radarteleskops: Er hatte einen Durchmesser von 305 Meter (1000 Fuß), der Krümmungsradius betrug 265 Meter. Die Bandbreite der untersuchbaren Frequenzen reichte zuletzt von 50 Megahertz bis 11 Gigahertz.

Das Teleskop mit einer Sendeleistung von einem Megawatt befand sich knapp 20 Kilometer außerhalb der Stadt Arecibo in Puerto Rico. Der Betreiber National Science Foundation (NSF) gab an, von 1998 bis 2018 über 200 Millionen US-Dollar in die Instandhaltung und Modernisierung des Teleskops gesteckt zu haben.

Der 2015 aufgenommene tote Komet TB145 sorgte für Schlagzeilen, da seine Struktur auf den ersten Blick einem Totenkopf ähnelt. Aufgenommen wurde das Bild am 30. Oktober 2015, die Auflösung ist 7,5 Meter pro Pixel.

(Bild: NAIC-Arecibo/NSF)

Doch was machte die Faszination dieses 1963 in Betrieb genommenen Instrumentes aus? Zum einen waren es die wissenschaftlichen Entdeckungen rund um Planeten und weitere Himmelskörper.

Das Arecibo-Observatorium wurde für Radioastronomie, Radarastronomie sowie Atmosphärenforschung genutzt. Und das mit Erfolg: 1974 entdeckten die Forscher Russel A. Hulse und Joseph H. Taylor dank des Teleskops mit dem Hulse-Taylor-Pulsar (PSR B1913+16) den ersten binären Pulsar - ein Pulsar, der einen Begleiter wie einen weißen Zwerg oder Neutronenstern aufweist.

Die Entdeckung gilt deswegen als bahnbrechend, da mit den starken Gravitationsfeldern binärer Pulsare die Allgemeine Relativitätstheorie getestet werden kann. Beide Wissenschaftler erhielten dafür im Jahr 1993 den Nobelpreis für Physik.

2006 gelang der Nachweis von Methanimin- und Cyanwasserstoffmolekülen in der 250 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie Arp 220. Die beiden organischen Moleküle gelten als Vorstufen von Aminosäuren - Bausteine des Lebens. Aber auch für die Planetenforschung war das Arecibo-Radioteleskop wichtig. 1967 stellte sich durch die Arecibo-Daten heraus, dass der Merkur nicht 88, sondern nur 59 Tage für eine Rotation benötigt.

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1975 unterstützte das Radioteleskop die beiden Viking-Missionen mit Radarbeobachtungen und 1981 erstellte Arecibo erste Radarkarten der Venus. Und den ersten Exoplaneten überhaupt entdeckte das Teleskop im Jahr 1992 um den Pulsar PSR 1257+12. Für das Search for Extra-Terrestrial Intelligence (SETI)-Projekt belauschte das Teleskop die Milchstraße nach nicht natürlichen, außerirdischen Signalen, leider ohne Erfolg.

Neben spektakulären Entdeckungen wurde das Teleskop als Sender der Arecibo-Botschaft weltbekannt - Eine 1679 Bit lange binäre Botschaft mit vielen Informationen über die Menschen und das Sonnensystem schickten Wissenschaftler im Jahr 1974 an den 25.000 Lichtjahre entfernten Kugelsternhaufen M13.

Das Arecibo-Teleskop (9 Bilder)

(Bild: Arecibo Observatory)

Nachdem ein abgerissenes 7,5 Zentimeter dickes Stahlseil im August 2020 den Hauptspiegel beschädigte, drohte der von Hurrikans und Erdbeben beanspruchten Anlage der komplette Einsturz. Kurze Zeit, nachdem Baustatiker feststellten, dass eine Reparatur des Arecibo-Teleskops wegen der Einsturzgefahr die beteiligten Bauarbeiter zu sehr in Gefahr brächte, stürzte am 1. Dezember die über 900 Tonnen schwere Hauptplattform 137 Meter in die Tiefe. Somit war die Erfolgsgeschichte des berühmtesten Radioteleskops beendet. Autor Alderamin bezeichnete es in seinem zufällig am Tag des Einsturzes veröffentlichten, lesenswerten Nachruf als "unersetzlich".

Die Arecibo-Nachricht inspirierte auch die Popkultur. Der Film "Species" aus dem Jahr 1995 thematisiert die Arecibo-Botschaft. Die imposante Größe und der Standort waren wie dafür geschaffen, um im ebenfalls 1995 erschienenen James-Bond-Film "007 - GoldenEye" als Showdown-Kulisse zu dienen. Im Film "Contact" mit Jodie Foster (1997) ist das Arecibo-Teleskop ein Schauplatz, ebenso in "Little Green Men", der ersten Folge der zweiten Akte-X-Staffel.

Das mit einem 520 Meter großen Hauptspiegel ausgerüstete chinesische Aperture Spherical Telescope (FAST) übernahm den Titel des größten Radioteleskops der Welt. Das berühmteste Teleskop der Welt bleibt jedoch das aus Arecibo: Nicht nur die dort gemachten Entdeckungen waren spektakulär, sondern auch die Film- und Fernsehszenen und nicht zuletzt der Einsturz.

(mawi)