Girl on Fire

Warum ausgerechnet eine Kommission die Rettung für Blackberry bringen soll, fragt sich iX-Autor Volker Weber.

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Alle Vorstandsressorts neu besetzt, die Musikerin Alicia Keys als Global Creative Director berufen, und doch gehen BlackBerry die Ideen aus. Am 12. August teilt BlackBerry mit, der Verwaltungsrat habe eine Kommission ins Leben gerufen, die strategische Alternativen erkunden soll. Joint Ventures, Partnerschaften, Allianzen, sogar der Verkauf des Unternehmens ist nicht tabu. Mit anderen Worten: Hilfe, wir wissen nicht mehr, wie es weitergehen soll!

Die Kanadier haben Anfang des Jahres eine neue Plattform gestartet und bieten mittlerweile drei Geräte an, die von der Fachwelt allesamt positiv aufgenommen wurden. Nur der Verkaufserfolg will sich nicht einstellen. Enterprise-Kunden prüfen noch, bei Privatkunden ist BlackBerry gerade uncool. Ergebnis: Der einstige Vorreiter in Sachen Business-Phones schreibt rote Zahlen und fährt einen rigorosen Sparkurs.

BlackBerry macht alles richtig, aber alles viel zu spät. Der ehemals beliebte BlackBerry Messenger öffnet sich für Android und iOS – mindestens zwei Jahre zu spät. WhatsApp hat vorerst das Rennen gemacht, auf Android, iOS, Symbian, Windows Phone, sogar auf der alten BlackBerry-Plattform. Und wer WhatsApp nicht mag, der findet ein halbes Dutzend Alternativen, bevor er an BlackBerry denkt.

Mobile-Device-Management, eine traditionelle BlackBerry-Burg, gibt es nun auch für Android und iOS. Die Integration der zugekauften Ubitexx-Suite dauerte aber viel zu lange. Derweil hatten sich die Kunden umgeschaut und anders eingedeckt. In Villarriba wurde schon ausgerollt, während in Villabajo noch geplant wurde. Und wer erst mal ein MDM von Mobile Iron ausgerollt hat, der ist für BlackBerry verloren. Wer will schon alle Geräte wieder einsammeln und noch mal von vorne beginnen?

Über das PlayBook mag man am liebsten gar nicht mehr sprechen. Als Wegbereiter der neuen Plattform ist es nicht mehr mit an Bord. Für BlackBerry 10 hat es einfach zu wenig Speicher, musste der BlackBerry-CEO zugeben. Neue Tablets gibt es auch nicht. Die seien nur eine vorübergehende Erscheinung, meint der Chef. Der Riese schwächelt, und man sieht die Lippen zittern. Dieser Tage hat BlackBerry sogar noch ein neues Gerät mit der alten Java-Plattform vorgestellt.

Man kann nicht umhin, einmal nach Finnland zu schauen. Nokia suchte, verhandelte hinter den Kulissen und präsentierte mit Microsoft einen Partner mit tiefen Taschen. Nokia entwickelte ein eigenständiges Design mit kräftigen Farben sowie zwei Kernkompetenzen: Navigation und Fotografie. Noch ist Nokia nicht über den Berg, aber die Verkaufszahlen der Lumias ziehen kräftig an. Die mutige Entscheidung für Windows Phone erscheint auf einmal nicht mehr so abwegig.

Das Feuer ist nicht aus. BlackBerry ist schuldenfrei und macht einen ordentlichen Umsatz. Die Marktanteile aber schmelzen dahin und damit auch die Bedeutung. Aus eigener Kraft schaffen die Kanadier den Durchbruch nicht. Ausgerechnet eine Kommission soll es nun richten. Ob das das Feuer neu entfachen kann?

Der Autor ist Korrespondent des Heise Zeitschriften Verlages und arbeitet als Autor, Consultant und Systemarchitekt. (kd)