Apple vs. Samsung: Vorläufiger Höhepunkt eines langen Streits
Das jetzt mit einem Geschworenenspruch beendete US-Verfahren zwischen Samsung und Apple ist der Höhepunkt einer Reihe weltweiter Gerichtsverfahren. Das letzte Wort ist es sicherlich nicht.
Auf vier Kontinenten haben sich Apple und Samsung vor Gericht getroffen, um den jeweils anderen wegen Verletzung von Patenten und Geschmacksmustern zu verklagen. Seinen bislang größten Sieg errang Apple nun in Kalifornien: Ein Geschworenengericht befand Samsung für schuldig, mit zahlreichen Geräten gegen Apples Rechte verstoßen zu haben und verurteilte das Unternehmen zur Zahlung von mehr als einer Milliarde US-Dollar. Umgekehrt wies es alle Vorwürfe zurück, die das südkoreanische Unternehmen gegen seinen Kontrahenten erhoben hatte.
Eine Apple-Sprecherin bedankte sich laut New York Times bei der Jury für ihre Arbeit und erklärte, die Prozesse zwischen Apple und Samsung hätten sich nicht nur um Patente und Geld gedreht: "Es ging um Werte. Bei Apple schätzen wir Originalität und Innovation, und wir geben unser Herzblut dafür, die besten Produkte der Welt herzustellen." Laut Engadet will Apple aufgrund des Geschworenenspruchs ein vorläufiges Verkaufsverbot gegen die fraglichen Samsung-Modell erreichen. Richterin Lucy Koh wird die Parteien dazu am 20. September anhören.
Samsung hingegen beurteilt den Prozess als eine Niederlage für die US-Verbraucher. "Er wird zu weniger Auswahl, weniger Innovation und vermutlich höheren Preisen führen," heißt es in einer Stellungnahme. Das Unternehmen deutete an, dass es in die Berufung gehen könnte, "denn dies ist nicht das letzte Wort in diesem Fall oder in den Schlachten, die in Gerichtssälen auf der ganzen Welt ausgefochten werden [...]" Samsung dürfte zunächst versuchen, den Geschworenenspruch in diesem Verfahren aufzuheben oder aufzuweichen, ähnlich wie es im Prozess zwischen Oracle und Google geschehen war. Sollte das nicht gelingen, dürfte die Firma in die Berufung gehen.
Trotz der hehren Worte stehen hinter den Auseinandersetzungen handfeste finanzielle Interessen. Samsung dominiert den Markt für Android-Smartphones, die im zweiten Quartal 2012 weltweit einen Marktanteil von über 64 Prozent erreichten. Apples iOS kam auf knapp 19 Prozent. Bei den Tablets liegt Apple mit 68,2 Prozent zwar noch weit vor Samsungs 9,6, doch dessen Absatz wächst schneller als der Apples. Von 2010 bis 2012 verkaufte Samsung in den USA rund 1,4 Millionen Tablets und erzielte einen Umsatz von 644 Millionen US-Dollar. Im selben Zeitraum brachte Apple 34 Millionen iPads unters Volk und strich 19 Milliarden Dollar ein.
Die New York Times zitiert den Rechtsprofessor und Patentfachmann Robert Barr mit einer Einschätzung des Prozessausgangs: "Das Wichtige ist, dass Apples Patente gültig sind. Andere Firmen müssen sie umgehen oder Lizenzen erwerben." Zwar könnten Unternehmen mit neuen Beweisen versuchen, die Schutzrechte anzugreifen. Das dürfte jedoch schwierig werden, meinte er.
Apple gewann bezüglich jeweils eines Anspruchs seiner technischen Patente 7469381, 7844915 und 7864163, die unter anderem das Drehen und Vergrößern von Objekten per Touchscreen-Geste sowie eine Programmierschnittstelle für das Scrolling beschreiben. Auch bei den Design-Patenten D593087, D618677 und D604305 überzeugte es die Jury von einem Verstoß durch etliche Samsung-Smartphones.
Es konnte sich jedoch nicht mit seiner Auffassung durchsetzen, dass Samsung mit seinem Galaxy Tab 10.1 gegen das Design-Patent D504889 verstoßen habe. Dieses zeigt ein rechteckiges, flaches Gerät mit abgerundeten Ecken, dessen Bildschirm die gesamte Vorderfront bedeckt. Im Vorfeld des Prozesses hatte Apple in den USA ein Verkaufsverbot gegen das Konkurrenzgerät durchsetzen können.
Ob Samsung dieses Design kopiert hat, ist weltweit umstritten. Im Oktober 2011 setzte sich Apple in Australien mit seiner Auffassung durch, das Galaxy Tab 10.1 ähnele dem iPad zu stark. Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach deshalb Anfang 2012 ein Verkaufsverbot in Deutschland für das Galaxy Tab 10.1 aus. Das für den deutschen Markt veränderte 10.1 darf Samsung hingegen verkaufen, entschied dasselbe Gericht. Im Juli beschloss hingegen ein Londoner Richter, das Samsung-Modell unterscheide sich hinreichend vom iPad und sei ohnehin weniger "cool", sodass keine Verwechselung zu befürchten sei. Gescheitert war Apple mit seinem Vorgehen gegen das Galaxy Tab auch in den Niederlanden.
Zur Entscheidung des US-Geschworenengerichts im Verfahren Apple vs. Samsung siehe:
(ck)