Kritik an Apples Ladenkonzept: Verkauf ist nur noch Randgeschäft

Tim Cook selbst meint, die Apple Stores würden nur noch selten als "Läden" genutzt. Otto Normalnutzer und ehemalige Angestellte ärgert das.

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Kritik an Apples Ladenkonzept: Verkauf ist nur noch Randgeschäft

Mitarbeiter im Apple Store in Hamburg.

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Seit vor gut fünf Jahren Apples damals neue Retail-Chefin Angela Ahrendts antrat, die Läden des Konzerns zu verändern, hat sich viel getan. Zu Event-Orten und "Treffpunkten" wurden die Stores gemacht, in denen es immer weniger um Dienstleistungen und Produktverkauf zu gehen scheint.

Apple-Boss Tim Cook sieht das genauso, wie er erst kürzlich in einem Interview mit US-Medien betonte. "Wir sollten vielleicht einen anderen Namen finden als "Laden", weil es mehr ein Ort für die Community ist in einem viel breiteren Sinn." Mittlerweile sei "eines der am wenigsten erledigten Dinge" in einem Apple Store, "etwas zu kaufen", so Cook.

Inzwischen hat sich Ahrendts, die vom Luxuskonzern Burberry gekommen war, verabschiedet – übernommen hat die langjährige Apple-Managerin Deirde O'Brien, die in Personalunion auch oberste Personalerin des Konzerns bleibt. Im Zuge von Ahrendts Abgang werden nun aber zunehmend Stimmen laut, die Apples Ladenkonzept kritisieren – und sie kommen sowohl von Kunden als auch von Mitarbeitern.

Die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg hat einige dieser Stimmen nun zusammengetragen. Aktuelle und Ex-Angestellte in der Retail-Sparte von Apple geben unter anderem an, wie sehr Ahrendts auf "Branding" statt auf ein sinnvolles Einkaufs- und Serviceerlebnis gesetzt habe. Darunter leide die Kundenzufriedenheit und es gebe auch mehr Klagen der Einkaufenden.

Tatsächlich hat man in vielen Apple Stores das Problem, überhaupt zu verstehen, wo die Serviceabteilung ("Genius Bar") nun sitzt – sie verteilt sich insbesondere in größeren Läden im Raum und man muss einen Mitarbeiter fragen, an welchem der vielen Tische man Hilfe bekommt.

Gleichzeitig wird auch der Einkauf nicht einfacher: Wer ein Produkt bezahlen möchte, muss sich ebenfalls einen Mitarbeiter suchen, der über die Bezahlhardware oder den Schlüssel für die in den Tischen versteckte Kassen verfügt – diese sind seit vielen Jahren nicht gekennzeichnet. Eine Einteilung in Bereiche mit verschiedenen Produktgruppen gibt es beim Zubehör nicht mehr, es ist in verschiedenen Ecken verteilt, die schwer zu durchblicken sind. In früheren Jahren unterteilte Apple die Läden nach Anwendungsbereichen und stellte das Zubehör dann bei.

Kritik gibt es auch an der Beratungskompetenz der Mitarbeiter. Ein Apple-Angestellter sagte gegenüber Bloomberg, man habe früher mit technisch sehr erfahrenen Kundenberatern sprechen können, etwa Leuten, die in ihrer Freizeit noch Musiker mit Apple-Produkten oder Videopezialist waren. "Nun stellen sie nette Leute ein, aber die sind weniger technisch veranlagt."

Problematisch sei auch das reduzierte Training in den Läden. Unter Ahrendts-Vorgänger Ron Johnson lag dieses bei drei bis vier Wochen, nun ging es auf eine Woche "in den meisten Fällen" herunter. Genius-Bar-Besatzungen wurden in der "guten, alten Zeit" direkt in Cupertino ausgebildet, heute läuft dies in den Läden. (bsc)