"Engpässe in der deutschen Versorgung"

Seite 2: "Engpässe in der deutschen Versorgung"

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TR: Das bedeutet, da gibt es Ihrer Auffassung nach eine Überregulierung?

Feist: Ich denke, es gibt eine Regulierung, die zu sehr auf schnelle und unrealistische Kostensenkung setzt und die die Erfordernisse der Netze nur sehr unzureichend berücksichtigt.

Zum Stichwort Kosten: Insbesondere die großen Energieversorger in Deutschland haben ja in letzter Zeit ein gewisses Image-Problem. Viele Verbraucher klagen darüber, dass die Energiekosten in letzter Zeit viel zu stark angestiegen sind. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Feist: Also, wie verstehen schon die Sorgen der Verbraucher über die gestiegenen Energiekosten. Wir bewegen uns bei Strom und Gas über weite Strecken in internationalen Beschaffungsmärkten. Durch die Nachfrage im Fernen Osten, in China und Indien ist die weltweite Nachfrage nach Energie massiv gestiegen. Und das wirkt sich natürlich auch in Deutschland aus. Da sitzen wir in Deutschland nicht auf einer Insel. Und das wirkt sich natürlich in einer Zeit aus, wo viele andere Kosten auch steigen. Lebensmittelpreise steigen, Sozialabgaben steigen, Nebenkosten steigen. Und der Verbraucher sieht sich in einer Zeit, in der die Realeinkommen nicht gestiegen sind, einer Lawine von steigenden Kosten ausgesetzt. Dazu tragen wir sicherlich auch einen Teil bei, gezwungenermaßen, weil wir die Weltmärkte in ihrer Preisentwicklung nicht kontrollieren können.

TR: Gerade in der Energiewirtschaft wird aber von den Verbrauchern oft über mangelnde Transparenz geklagt. Der Verbraucher hat das Gefühl, einigen wenigen Anbietern hilflos ausgesetzt zu sein und nichts machen zu können.

Feist: Ich glaube, das Gefühl teilen wir über weite Strecken. Keiner von uns kann den Ölpreis kontrollieren. Der Ölpreis ist aber sehr transparent, weil der an vielen Börsen der Welt abgelesen werden kann. Aber das löst natürlich nicht das Problem. Wenn die Preise steigen, ist das letztendlich eine Frage des Vertrauens. Ich glaube, dass unsere Branche in der Kommunikation nach außen die Interessenlage der Verbraucher nicht richtig eingeschätzt hat. Wir haben am Anfang nicht richtig informiert. Wir sind deutlich offener geworden und wir versuchen immer mehr die globalen Zusammenhänge der Energiemärkte verständlich zu machen und zu zeigen, wie gering der Anteil ist, den wir als Unternehmen unmittelbar beeinflussen können und wie hoch der Anteil ist, der entweder durch staatliche Belastungen oder durch die weltweiten Energiemärkte festgelegt wird.

TR: Eine technische Möglichkeit der Verbrauchssenkung, über die jetzt viel gesprochen wird, wäre beispielsweise das Smart Metering – also das unmittelbare Anzeigen des aktuellen Verbrauches und der aktuellen Strompreise. Sind Sie denn als Energieversorger eigentlich daran interessiert, solch eine Technologie zu fördern? Sie würden damit ja weniger Energie verkaufen?

Feist: Eindeutiges Ja. Wir als Unternehmen können unsere Geschäfte nur fortführen in einem gesunden Markt mit gesunden Verbrauchern, die uns vertrauen. Und wir können sie nur fortführen in einer modernen Gesellschaft, die sich den Herausforderungen auch immer wieder stellt. Insofern wandeln sich unsere Unternehmen im Verband auch immer mehr in Richtung Energieeffizienz-Dienstleister. Und die Unterstützung der Verbraucher dabei ist ein Geschäftsfeld, das die Branche deutlich ausweitet, beispielsweise im contracting, wo wir interessante Angebote machen. Ich glaube, dass Smart Metering und Energieeffizienz auch geeignet sind, dem Preisanstieg entgegen zu wirken. Wir müssen weg kommen von der Diskussion um Cent pro Kilowattstunde hin zu der Frage, was kostet die Energie für einen Haushalt oder einen Industriebetrieb. Den Verbrauch zu reduzieren gibt uns ein Steuerungsinstrument, das auch gut ist für den Standort Deutschland. Wenn wir energieeffizient sind, sind wir auch wettbewerbsfähig. (wst)