Kommentar: Broadcom zerlegt VMware – ist das nur dreist oder schon dumm?

Am Ende räumt die Profitmaximierung die Kunden aus dem Weg – Broadcoms Vorgehen nach der VMware-Übernahme sorgt bei Moritz Förster nur noch für Kopfschütteln.

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(Bild: Alessandro Pintus/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Entweder hat Broadcom einen besseren Riecher als so ziemlich alle – oder schlicht kein Hirn. Drunter wird’s inzwischen schwer zu verstehen. Denn wer so mit der Abrissbirne an den Umbau eines IT-Schwergewichts herangeht, muss sich seiner Sache schon derart sicher sein, dass die massive Rufschädigung keinerlei Rolle mehr spielt.

Ein Kommentar von Moritz Förster

Moritz Förster schreibt seit 2012 für die iX und heise online. Er betreut neben dem iX-Channel die Bereiche Arbeitsplatz und Server.

Irgendwie schafft es Broadcom, immer wieder eins draufzulegen. Von wegen, dass Abos eben der Standard in der Branche seien. Und wie entschlossen man das Notwendige anpacke. Das sei doch sinnvoll für Kunden und Partner. Überhaupt, einfach sei das nicht. Ein kaum zu ertragender Mix aus Business-Speak-Verteidigung und plumpem Gaslighting-Versuch.

Dass es nach der Übernahme durch Broadcom für VMware nicht wie bisher weitergehen würde, war klar. Natürlich versucht sich der neue Eigner an der Profitmaximierung. Bloß braucht man dafür auch Kunden, die nicht nur zahlen müssen, sondern es auch wollen. Und wer mit der Brechstange ankommt, dem wird man kaum Vertrauen schenken.

Aber Broadcom setzt klar aufs Müssen, Kunden sollen explizit geknebelt werden. Man muss sich schon wundern: Ist das echt realistisch – werden bei so einer Gelegenheit nicht doch viele Nutzer lieber auf eine freie Alternative oder wenigstens minimal vertrauenswürdigere Konkurrenz wechseln? Hat das Management einen geheimen Beraterbericht in der Schublade, der die Einnahmen durch einen gewissen Anteil ihnen ausgelieferter Kunden gegen den Abfluss entrüsteter Anwender gegenrechnet?

Falls ja, dann muss man sagen: Kudos, denn "schnell und entschlossen" trifft es dann ganz genau. Warum hinterm Berg halten – dann ist die Rufschädigung eh egal. Ganz schön dreist.

Dass ein großer Masterplan dahintersteckt, kann man aber gerne bezweifeln. Viel wahrscheinlicher ist es, dass Broadcom die erzwungene Treue der VMware-Kunden gerade massiv überschätzt. Oder dass das Management tatsächlich glaubt, dass sich die Nutzer über die "gute Geschäftshygiene" super freuen. Vielleicht auch, dass die Konkurrenz doof herumsitzt und keine attraktiven Pakete für wechselwillige Anwender schnürt. Und sich die geprellten Partner schließlich keine neue Existenz mit all den Alternativen aufbauen wollen.

Leben wir zu dunklen Mainframe-Zeiten? Glaubt Broadcom echt, dass die Kunden blind sind und sich wie Vieh bereitwillig einsperren lassen? Falls ja, ist das ganz schön dumm.

(fo)